Archiv für Januar 2009

Schweden will mit Totalverbot von Quecksilber „starkes Signal“ senden – doch der SPIEGEL schaltet den Empfang erneut auf aus

Donnerstag, 15. Januar 2009

In seinem Beitrag „Wie die Welt vergiftet wird“ schreibt SPIEGEL Online im Oktober 2008, Umweltorganisationen würden „kritisieren, dass vor allem Schadstoffprobleme angesichts ihrer enormen Folgen in der öffentlichen Debatte oft übersehen werden“ – Kritik, von der der SPIEGEL selber nicht auszunehmen ist, insbesondere wenn es um Gefahrstoffe wie Quecksilber im hiesigen Land geht. So erfährt man zwar noch vom SPIEGEL, dass von der hochgiftigen Quecksilber-Amalgamierung, die in armen Ländern beim Goldabbau zum Einsatz kommt, bis zu 15 Millionen Minenarbeiter betroffen sind, darunter 4,5 Millionen Frauen und 600.000 Kinder“. Doch wenn es etwa um die Gefahren von quecksilberhaltigen Amalgamplomben für Mensch und Umwelt in Industrieländern geht, erklärt der SPIEGEL sie für nichtig – oder er schweigt sich einfach aus.

So interessiert sich SPIEGEL Online auch nicht für die News, dass die schwedische Regierung heute ein Totalverbot für den Gebrauch von Quecksilber beschlossen hat, das am 1. Juni in Kraft treten soll (siehe Screenshot). Grund: Die enormen Gefahren, die von dem Schwermetall, das als gifitgstes nicht-radioaktives Material überhaupt gilt und auch viel toxischer ist als Blei oder Arsen, ausgehen.

„Das Verbot bedeutet, dass der Gebrauch von Amalgamfüllungen [die zu rund 50 Prozent aus Quecksilber bestehen] nicht mehr gestattet sein wird und dass es nicht mehr möglich sein wird, quecksilberhaltige Produkte auf dem schwedischen Markt zu vertreiben“, so Umweltminister Andreas Carlgrenes wörtlich. „Schweden ist damit jetzt führend auf dem Weg, die Umwelt vor Quecksilber, das nicht abbaubar ist, zu schützen. Unser Verbot ist als starkes Signal zu verstehen für andere Länder und als Beitrag Schwedens zu den Bestrebungen der EU und der Vereinten Nationen, die Verwendung von Quecksilber sowie dessen Ausfluss in die Umwelt zu reduzieren.“

Wie der SPIEGEL fälschlicherweise „Entwarnung“ für quecksilberhaltiges Amalgam gab
Doch so „strong“ das Signal auch ist, das Schwedens Regierung hier aussendet – den SPIEGEL erreicht es nicht, denn wenn es um mögliche Gefahren von Quecksilber in Amalgamfüllungen geht, wiegelt das Nachrichtenmagazin traditionell ab. So kam SPIEGEL Online im Frühjar 2008 vollmundig mit der Schlagzeile „Entwarnung für Karies-Patienten“ und behauptete im Vorspann des Beitrags, eine groß angelegte Studie über Amalgamplomben hätte angeblich „keinen Hinweis ergeben, dass die quecksilberhaltigen Füllungen gesundheitsschädlich sind“. Doch diese Meldung ist schlicht falsch.

Um dies zu erkennen, braucht man nicht einmal einen prüfenden Blick in die Studie zu werfen – es reicht schon, wenn man die dazugehörige Pressemeldung der Universität München liest, (mehr …)

Wie der SPIEGEL Deutschlands Politik gegen Piraten aus Somalia „zahm“ redet – und die EU-Piraterie de facto ausblendet

Mittwoch, 14. Januar 2009

Die Piraterie vor der somalischen Küste ist wahrlich keine Sache, die man bedingungslos beschönigen oder gar gutheißen muss. Doch es geht an den Fakten vorbei, wenn man, wie der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe in dem Essay „Wir Piraten“ (siehe Ausriss), das Phänomen der modernen Seeräuberei wie Jolly Roger, also die Piratenfahne mit dem Totenkopf drauf, schwarz-weiß malt. Der Beitrag beschreibt den „romantischen Piratenmythos“ zwar in einer ausgeschmückten Sprache, doch er greift zu kurz, weil er nur die somalischen Freibeuter als die „echten Piraten“ hinstellt und zugleich die „deutsche Demokratie“ ob ihres Kampfes gegen diese Piraten über den Klee lobt. Dabei wird nämlich vergessen, dass auch die Europäische Union – und mit ihr die deutsche Demokratie – im Zusammenhang mit der Industriefischerei im großen Stil in Piraterie verstrickt ist. So flaggen immer mehr Betreiber aus den großen Fangnationen USA, Japan und eben der EU ihre Fangschiffe aus und lassen sie unter einer so genannten Billigflagge registrieren – wobei die eigentlichen Eigentümer nicht selten in den Ländern der EU, in den USA oder in Japan sitzen. Greenpeace hat für diese Art von Fischerei, die auf den Weltmeeren rücksichtslos Fischgrund um Fischgrund plündert, explizit den Begriff „Piratenfischerei“ geprägt.

Der Autor des SPIEGEL-Beitrags, Dirk Kurbjuweit, geht zwar kurz auf das Elend der somalischen Bevölkerung ein. Doch so recht will er den von den Freibeutern angeführten Grund für die Piraterie – nämlich die, wie Kurbjuweit mit einem ironischen Unterton schreibt, „bösen Supermächte und Asiaten, die den armen Fischern alles weggefischt haben“ – nicht an sich heranlassen; meint er doch nur: „Der Pirat von heute SIEHT SICH als Arbeitgeber einer verarmten Küstenbevölkerung.“ Die somalischen Piraten würden daher, so Kurbjuweit weiter, solange „in Deutschland als böse gelten“, bis eine „internationale PR-Agentur“ kommt und ihr Image ins Gute wendet. Letztlich obsiegt bei Kurbjuweit die Einteilung in Gut und Böse, und das Gute ist für ihn die „deutsche Demokratie, die in ihrer unheroischen Umständlichkeit genau das Richtige will“, nämlich die somalischen „Piraten bekämpfen“.

Steinmeier&Co. üben sich im militarisierten Kampf gegen somalische Piraten – und nicht in „Zähmung“, wie der SPIEGEL schreibt
Nun, Kurbjuweits Vertrauen in die deutsche Demokratie und Politiker und deren, wie er auch meint, „Geschichte vom klugen Innehalten“ in allen Ehren, aber so einfach ist es dann letztlich doch nicht. So unterstützt, wie der SPIEGEL selber vor kurzem meldete, die Bundeswehr als Teil der deutschen Demokratie den Plan, „mit aller Macht gegen die Freibeuter“ vorzugehen und „im Kampf gegen die Piraten vor Somalia eine gigantische Armada von 500 Kriegsschiffen“ einzusetzen – was nicht gerade Ausweis ist für ein „Innehalten“ oder, wie Kurbjuweit die deutsche Demokratie auch beschreibt, für „Zähmung, nicht Entfesselung“ (und bei der erwähnten Politik von Deutschland und der EU in Sachen Industrie- bzw. Piratenfischerei kann man erst recht nicht von „Zähmung“ sprechen).

Außenminister Steinmeier wiederum, auch ein wichtiger Vertreter der deutschen Demokratie, bestätigte in einem Interview mit der FAS, dass er wegen „der immer größeren Dreistigkeit“ der Piraten vor der Küste Somalias „dringendes Handeln“ geboten sehe. Doch nicht nur ist auch in den Worten Steinmeiers wenig von einem „Innehalten“ oder von „Zähmung“ zu spüren. Auch ist die Einäugigkeit, mit der der SPD-Politiker hier verbal vorprescht, frappierend – und es darf bezweifelt werden, dass sie einer Lösung für das Piratenproblem am Horn von Afrika dienlich sein kann, die auch das somalische Volk wirklich mit einbezieht.

EED beklagt Vorrang militärischen Denkens in der deutschen Somalia-Politik
Daher übt zum Beispiel auch der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) harsche Kritik am Kampfeinsatz der Bundesmarine vor Somalia. Grund: „Die EU-Fischereipolitik ist mit schuld an Piraterie“, so Wolfgang Heinrich, EED-Experte für das Horn von Afrika. „Die Debatte über die Reaktion auf die Piraterie am Horn von Afrika in Deutschland ist leider wieder ein Ausdruck des militarisierten Denkens und Handelns deutscher Politiker… (mehr …)

Die Lust am diffamieren – wie Thea Dorn im SPIEGEL zu Unrecht besorgte Menschen pauschal zu Weltuntergangspropheten abstempelt

Montag, 12. Januar 2009

Theodor W. Adorno schrieb einst: „Solange es Zug um Zug weitergeht, ist die Katastrophe perpetuiert.“ Dieser kritische Geist war es, der viele dazu veranlasste, sich in den Sechsziger-, Siebziger- und Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts kritisch zum Gesellschaftssystem in Westdeutschland und im Westen überhaupt sowie zu dessen Auswirkungen auf die ganze Welt zu äußern. Doch von bestimmter Seite schallte es ihnen nur pauschal entgegen: „Dann geh doch einfach nach drüben“, sprich in die DDR; und oft kam auch noch ein die Schicksalhaftigkeit des Daseins bemühendes „der Mensch ist ohnehin nicht zu ändern“ hinterher. Natürlich fühlte man sich ungerecht behandelt, und zu Recht. Denn man wurde einfach weggebürstet von Leuten, die man in seiner Verdutztheit „Spießer“ schimpfte und die sich dadurch auszeichneten, dass sie nicht in der Lage waren, differenziert zu denken bzw. genau hinzuschauen und auch nur die leiseste Kritik an den westlichen und damit ihren Lebensstil heran zu lassen.

Thea Dorn lästert an den Fakten vorbei
Ein deja-vu-Erlebnis dieser Art hat man, wenn man sich Anfang 2009 den SPIEGEL-Essay „Lust an der Apokalypse – was hinter der Katastrophenrhetorik steckt“ antut, der an den Fakten vorbeilästert und sich dabei auch in Widersprüche verstrickt (siehe Ausriss). So werden darin diejenigen, die sich um die Folgen der aktuellen weltweiten Finanzkrise oder um das Klima oder auch wegen des weltweiten Bevölkerungswachstums große Sorgen machen, in der Geh-doch-nach-drüben-Manier pauschal als „Apokalyptiker, die alle fünf Minuten den nächsten Weltuntergang herbeiphantasieren“, abqualifiziert. Doch die Attacke der Autorin Thea Dorn reitet argumentativ ins Leere, denn bei weitem nicht alle angesprochenen Mahner sind automatisch Weltuntergangspropheten.

Darüber hinaus sucht Dorn die Sorgen, die Menschen in der heutigen Zeit umtreibt und die sich auf wissenschaftliche Daten stützen, ins Lächerliche zu ziehen – und zwar dadurch, dass sie die Sorgen einfach auf eine Stufe stellt mit solchen aus abergläubischer Vorzeit, etwa mit der in der Bibel erwähnten Furcht vor einem Weltenbrand oder der im Mittelalter vorherrschenden Angst, „von einem Kometen ausgelöscht zu werden. Doch dieser Vergleich wirkt schlicht feindselig und hinkt, weil nicht zu erkennen ist, dass sich die Autorin wirklich mit den Argumenten derjenigen, die sich um die Folgen der Finanzkrise, das Klima etc. Sorgen machen, wissenschaftlich-argumentativ auseinandergesetzt hat. Daher drängt sich der Eindruck auf, dass Dorns Essay „Die Lust an der Apokalypse“ aus einer Lust an der Diffamierung erwachsen ist.

Zumal es am Ende des Essays zu allem Überfluss auch noch heißt: „Der Mensch ist aus krummem Holz gemacht. Jeder Versuch, aus ihm etwas gänzlich Gerades zu zimmern, hat bislang nur einen Ort erschaffen: die Hölle auf Erden.“ Ein Satz, der an dieses „der Mensch ist ja doch nicht zu ändern“ erinnert und der nicht nur deshalb aufstößt, weil er sich so anhört, als stamme er aus abergläubischer Vorzeit. Auch geht es den Mahnern, die mit dem Essay adressiert werden sollen, nicht primär darum, den Mensch auf Mikrokosmosebene „gerade zu machen“, sondern vielmehr darum, Kräfte zu mobilisieren, um die Gesellschaftssysteme so zu gestalten, dass es den einzelnen Mensch möglich wird, in den Gesellschaften „gänzlich gerade“ zu gehen, sprich friedvoll und ohne Hunger und Zukunftsangst miteinander zu leben.

Auch NYT-Kolumnist Thomas Friedman, den Dorn zuerst herunterputzt, ist kein „Weltuntergangsherbeiphantasierer“
Auch Thomas Friedman, Wirtschaftsfeuilletonist der New York Times, dessen Zeitungskommentar zur Finanzkrise den Aufhänger für den SPIEGEL-Essay bildet, ist keiner von denen, die „alle fünf Minuten den nächsten Weltuntergang herbeiphantasieren“, wie Dorn bissig behauptet…. (mehr …)

Das Heilsbringergesicht – ein Hammer-„Essay“ im SPIEGEL klärt auf über Christian Klar

Donnerstag, 08. Januar 2009

An der krummen Nase, den abstehenden Ohren und am heimtückischen Blick würde man den Volksfeind erkennen, behauptete in der Nazizeit die deutsche Publizistik. Wer meinte, dieser rassistisch begründete und auf angeblich anatomische Merkmale beruhende Schwachsinn hätte schon lange ausgespielt und wäre dem aufgeklärten, zur Wahrheit verpflichteten Journalismus gewichen, hat nicht mit dem SPIEGEL (50/08, siehe Ausriss) gerechnet, in dem ein sogenannter „Essay“ mit der Headline „Der Andersweltler“ über die Freilassung von Christian Klar veröffentlicht wurde:

„Den Zeitungskommentar las ich nur flüchtig. Es war Klars Konterfei, das mich in Bann hielt. Da sehen mich die unergründlichen Augen eines Mannes an, der mit seinen ehemaligen Genossen dem unwissenden, in die Irre geleiteten Volk den Weg in eine bessere Zukunft weisen wollte. Aber sieht so das Gesicht eines Heilsbringers aus? Strahlt da die Vision einer von was auch immer befreiten Gesellschaft? Nein, dieser Ausdruck kündet nicht von zukünftigen Paradiesen der Menschenliebe, er malt keine bunte Phantasie von irgendeiner Utopie, keine Spur vom ‚Age of Aquarius‘. Könnte ich mich mit einem, der so in die Welt schaut, an einen Tisch setzen, um über das Antlitz einer humanen Gesellschaft zu reden? Nein, sicher nicht! In diesen Augen sehe ich keinen Schimmer von einem Aufbruch in neue Zeiten, sondern nur vom Ende aller Träume. Ich befürchte, daß niemals auch nur ein einziges Atom wirklicher Verständigung in diese Augen dringen kann.“

„Essay“ mit ressentimentgeladenen Urteilen
Ein echter Hammer! Und das ist diesmal wörtlich zu nehmen, denn der Artikel stammt von einem Mann mit dem Namen Ulrich Hammer, dessen Eltern ihm auch noch das sinnige Mittelinitial „M“ wie „Magnus“ verpaßten, als ob sie damals bereits gewußt hätten, daß ihr Sohn irgendwann mal den großen Hammer rausholen würde. Im Unterschied zu diesem harmlosen Namenswitz ist dieser als „Essay“ aufgemotzte Kommentar nicht lustig, sondern zeugt von großer, gedankenschwacher Dämlichkeit, und man denkt sofort, die muß man unter Naturschutz stellen, um für nachfolgende Generationen die Kontinuität ressentimentgeladener Urteile zu dokumentieren, vor allem, weil sich Ulrich Magnus Hammer auf ein Foto bezieht, auf dem Christian Klar ziemlich ausgezehrt wirkt, was zweifellos eine Folge der Knastjahre ist.

Wer erinnert sich Anfang der 70er nicht an die Töne der Politiker, die Volkes Stimme zum Ausdruck brachten? „Man muß diesen Typen (der RAF) nur ins Gesicht sehen!“ hieß es damals, und mit einer gewissen Befriedigung strich man auf den Fahndungsplakaten die Konterfeis derjenigen durch, die erschossen oder verhaftet wurden. Dieses damals vor allem in der Boulevardpresse geprägte Bild von den fanatischen Tätern mit dem irren Blick, taucht bei Hammer jetzt im SPIEGEL wieder auf, das heißt nach 26 Jahren Knast, die an niemandem spurlos vorübergehen dürften, sieht er bestätigt, was aus Klar und seinen Genossen durch Knast und BILD gemacht worden war… (mehr …)

Der SPIEGEL über 25 Jahre Privatfernsehen: beklagenswert banale Kritik am scheinbar Banalen

Montag, 05. Januar 2009

Am SPIEGEL (und noch mehr an vielen anderen Medien) ist nicht nur tragisch, dass er nicht selten an den Fakten vorbei berichtet und dabei sogar industriefreundlich daherkommt (wie etwa bei den Themen Mobilfunk oder Gentechnik). Auch ist der SPIEGEL nicht selten einfach so banal, dass man sich die Augen reibt und fragt: Lese ich hier wirklich den SPIEGEL, der ja nach eigenem Bekunden „für investigativen Journalismus steht“ und meint, seine Leser „wissen mehr“ – oder habe ich nicht doch die Hörzu in der Hand?

Gesüßte Kritik in Anbetracht der Macht des bonbonartigen Privatfernsehens unangemessen
Dabei ertappt man sich auch, wenn man in der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL blättert und etwa auf den  Artikel „Es bewegt uns noch“ stößt (siehe Ausriss). Darin wird der „25. Geburtstag des deutschen Privatfernsehens“ zum Anlass genommen, Resümee zu ziehen. Doch dieses Resümee fällt so gesüßt aus wie die bonbonartige Unterhaltung des Privatfernsehens selbst. Oberflächlich betrachtet könnte man in dem mit vielen bunten Bildchen gespickten SPIEGEL-Potpourri kein Problem sehen, doch in Anbetracht der ungeheueren Macht der privaten Fernsehstationen – der SPIEGEL selber hebt hervor, dass allein aus RTL und Sat.1 „zwei große Fernsehkonzerne mit Milliardenumsätzen wurden“ – auch auf die politischen Anschauungen und Strukturen in der Gesellschaft ist dies unangemessen.

Das Kernproblem ist, dass die Privaten praktisch NUR Gaga machen
Das Hauptproblem der Privaten ist dabei nicht in erster Linie, DASS sie Gaga-Fernsehen machen – gute Unterhaltung gehört irgendwie zum Leben dazu -, sondern dass sie de facto NUR Gaga machen – ein Phänomen, das sich wohlgemerkt bis in die so genannten Nachrichtensendungen wie RTL aktuell, die den Politikern und Konzernlenkern genau so wenig das Fürchten lehren wie Anfang der 90-er Jahre Tutti Frutti und heute Wer wird Millionär?, hineinzieht.

Gemessen an dem Anspruch, den sich der SPIEGEL mit seiner Eigenwerbung auferlegt, wäre es also seine Aufgabe gewesen zu ergründen, wie es dazu kommen konnte, dass die Privaten nichts als Fun-Fernsehen machen und somit im negativen Sinne staatstragend wirken, indem sie die von sozialen Missständen immer stärker betroffenen Massen bei Laune halten. Der SPIEGEL hat es also schlicht versäumt darzulegen, um mit Herbert Marcuse zu reden, ob bzw. inwiefern das Privatfernsehen „bei den Menschen ein falsches Bewusstsein erzeugt, das gegen seine eigene Falschheit immun ist“.

Der SPIEGEL hätte beleuchten müssen, was wegen der Privaten „alles Mist ist“
Der SPIEGEL hätte auch die Beschreibung vom Fernsehen zum Thema machen können, die Jürgen Roth in seinem Beitrag „Was Mist ist“ in der aktuellen Ausgabe der Titanic gibt. Roth umschreibt „das Fernsehen, zweifellos, als die unaufhörliche Krönung dessen, was ‚das Scheißvolk‘ (Charles Bukowsky, Tagebücher) und die von den ökonomischen Eliten in Grund und Boden Gedemütigten fürs Leben halten – es ist dies, ungeachtet der seit Reich-Ranickis ridiküler Fernsehpreis-Empörung orgelnden Fernsehqualitätsdebatte, keine allzufrische Erkenntnis, und doch bleibt sie angesichts der epidemischen Selbstentäußerung und -verblödung gültig“… (mehr …)

Der SPIEGEL diffamiert mobilfunkkritische Forscher mit unbewiesenen Infos als Fälscher – und beruft sich dabei auf Personen, die der Telekomindustrie nahe stehen

Freitag, 02. Januar 2009

In Zusammenhang mit der Thematik, ob Handystrahlen Krebs auslösen, brachte der SPIEGEL im Mai und August 2008 zwei Artikel, die auch auf SPIEGEL Online publiziert wurden. Darin wurde an die Leser die klare Botschaft weitergetragen, es stünde de facto fest, dass Studien von Wiener Forschern, in denen die erbgutschädigende bzw. krebserregende Gefahr von Mobilfunkstrahlen abgeklärt werden sollte, gefälscht worden seien. Bezichtigt wird vor allem die Laborantin Elisabeth K., aber letztlich auch die Leiter der Studien, die Professoren Hugo Rüdiger und Franz Adlkofer.

Vorverurteilungen durch den SPIEGEL allerorten
So wurde bereits mit der Headline des ersten SPIEGEL-Beitrags vom 26. Mai unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Wiener Wissenschaftler „Beim Tricksen ertappt“ worden seien (siehe Screenshot). Dasselbe suggiert der SPIEGEL auch im zweiten Beitrag „Die Favoritin des Professors“ vom 26. August. Darin ist man sich bereits im Vorspann sicher: „Der Fall ist ein Lehrstück im Umgang mit hartnäckigen Tricksern.“ Und auch im Artikeltext werden Formulierungen verwendet wie „nach Bekanntwerden des Skandals“.

Das Brisante daran: So empört der SPIEGEL in seinen Artikeln gegen die Forscher anschreibt und so vorschnell er sie als Fälscher und hartnäckige Trickser aburteilt, so schlecht und fern der Faktenlage waren die Storys recherchiert. Dies offenbart auch der Artikel „Rufunterdrückung“ von der Journalistin Tina Goebel, der vor kurzem im österreichischen Nachrichtenmagazin profil erschien.

Keinerlei Beweis für Fälschungsvorwurf des SPIEGEL
Danach „lassen vorliegende Dokumente eine Fälschung fraglich erscheinen“. Zwar, so profil, „berichteten sogar internationale Wissenschaftsjournale wie Science oder Medien wie der SPIEGEL ausführlich über den Fälschungsfall an der Wiener Medizin-Universität. Das Problem ist nur: Es gibt für die Fälschung keinen Beweis, kein Geständnis, und die beteiligten Wissenschafter weigern sich, die bereits in Fachjournalen publizierten Studien zurückzuziehen, weil sie überzeugt sind, dass die Ergebnisse korrekt zustande gekommen sind.“

Warum der SPIEGEL voreilig das Urteil fällt, die Wiener Forscher hätten ihre Studie über mögliche Gesundheitsgefahren von Handystrahlen gefälscht, war von dem Nachrichtenmagazin bis dato nicht zu erfahren. Doch eine Auflistung der Aspekte, die ich gerne mit dem SPIEGEL diskutiert hätte, zeigt, wie dürftig die Recherche gewesen sein muss und wie leichtfertig und kritiklos dabei Statements von Personen übernommen wurden, die der Mobilfunkindustrie nahe stehen… (mehr …)

Klarstellung: SPIEGELblog kommt es allein auf die Fakten an

Freitag, 02. Januar 2009

Das Team von SPIEGELblog wünscht allen einen guten Start in das Neue Jahr. Auf dass 2009 für alle Menschen und deren Mitgeschöpfe dieser Erde friedlicher, gerechter und einfach schöner wird.

In diesem Zusammenhang möchten wir uns auch noch mal für die zahlreichen Kommentare bedanken, die die Blog-Einträge bisher hervorgerufen haben. Viele Kommentare sind positiv, und das bestätigt uns in unserem Anliegen, das wir unter „Über SPIEGELblog“ dargelegt haben, nämlich etwas dazu beizutragen, dass der SPIEGEL und letztlich die Medien insgesamt viel konsequenter entlang der Fakten berichten und dadurch Korruption und Machtmissbrauch systematisch aufdecken.

Leider gibt es unter den Kommentaren aber auch einige, die sehr unsachlich sind. SPIEGELblog möchte daher zu Beginn des neuen Jahres auch noch mal alle Kommentarschreiber/innen mit Nachdruck darum bitten, die Kritik an Blog-Einträgen stets sachlich zu begründen bzw. mit Fakten zu unterlegen und auch von persönlichen Anwürfen abzusehen.

Dass die unqualifizierten Kommentare nicht gelöscht wurden, liegt im Übrigen daran, dass sich SPIEGELblog der Philosophie verpflichtet fühlt, die sich an die Gedanken des Harvard-Ökonoms und Nobelpreisträgers Amartya Sen anlehnt und besagt: Der Wert der freien Rede ist größer als das Unbehagen, das durch törichte Ansichten erzeugt wird.

Ein Beispiel eines törichten Kommentars ist zum Beispiel eine Reaktion auf die letzte SPIEGELblog-Analyse (über den Bericht auf SPIEGEL Online über rechte Gewalt), in der fälschlicherweise behauptet wurde, SPIEGELblog hätte folgendes zum Ausdruck bringen wollen:

„Die armen Nazis, die wollen doch nur spielen. Genauso wie Türken aus Jux gerne SS-Runen sprühen (ist ja bekannt). Und Neonazis, die den Hitlergruß machen sind keine rechten Verbrecher, sondern politisch, moralisch, geschichtlich und ethisch voll auf der Höhe“ – und abschließend wird an uns die Frage gestellt: „Zu viel braune Soße zu Weihnachten geschlabbert?“

Dies entpricht natürlich nicht den Tatsachen – um es mal sachlich auszudrücken – und es kommt auch mit keinem einizigen Wort in dem Blog-Eintrag zum Ausdruck. Natürlich haben Rechtsextreme abscheulichste Taten begangen und tun dies tragischerweise immer noch – und ohne Frage müssen die Vergehen von Nazis und deren Anhängern konsequent verfolgt und geahndet werden.

Doch dieser Umstand kann ja kein Grund sein, Berichte, die die Taten von Rechtsextremen nicht so darstellen, wie es die Datenlage hergibt, nicht zu kritisieren. Denn wenn es legitim sein soll, dass die Medien die Taten von Nazis oder sonst irgendwelchen gesellschaftlichen Gruppierungen aufbauschen, ohne die Fakten dafür vorlegen zu können, dann wäre dies ein Freifahrtschein für das, was wir ohnehin viel zu oft beobachten bzw. erleiden müssen: Sensations- und Meinungsjournalismus.

Doch wie auch unter „Über SPIEGELblog“ zu lesen ist, führt uns Meinungsjournalimus, der auf Emotionen aufsetzt, überhaupt nicht weiter, um sozial gerechte Geselschaften, die eingebettet sind in eine intakte Natur, aufzubauen. Daher geht es bei SPIEGELblog primär darum, anhand solider Belege aufzuzeigen, dass viele Artikel FAKTISCH nicht haltbar sind. Damit sieht sich SPIEGELblog in der Tradition der britischen Wissenschaftsgesellschaft The Royal Society, mit deren Gründung 1660 entschieden wurde: Es ist der wissenschaftliche Beweis – “the experimental proof” –, der zählt, und nicht grundlose Fantasie und Einbildung oder auch nur eine persönliche Meinung.