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Afghanistan: Der SPIEGEL als verlängerter PR-Arm des US-Militärs

Es ist kläglich mit anzusehen, wie der SPIEGEL für alle möglichen Machtcliquen zum verlängerten PR-Arm wird. Ob nun für den Gentech-Multi Monsanto, für die Mobilfunkindustrie oder die CDU/CSU – [1]die Palette ist lang und reicht sogar bis zum US-Militär. Dies ist gut zu sehen am aktuellen Aufmacher von SPIEGEL Online: „Afghanistan: Taliban-Attacken zwingen US-Armee zu Gegenoffensive“ [1] (siehe Screenshot). Dabei handelt es sich um einen völlig einseitigen Bericht, den die PR-Abteilungen des US-Militärs und der NATO nicht hätten schöner verfassen können. So wird ausschließlich(!) die Perspektive von Militärbefehlshabern dargestellt, wobei US-General David Petraeus gleich vier mal erwähnt wird bzw. zu Wort kommt. Dessen Auffassung ist klar: die Gewalt in Afghanistan MUSS mit militärischen Mitteln niedergeprügelt werden.

Eine kritische Einschätzung des militärischen Säbelrasselns durch SPIEGEL Online? Fehlanzeige!
Unterstützt wird General Petraeus hierbei – das erfahren wir auch von SPIEGEL Online – von einem Bericht der Isaf (der so genannten „Schutztruppe“ der NATO), die natürlich die Gewalt in Afghanistan auf einem neuen Höhepunkt sieht. Da muss also einfach militärisch draufgekloppt werden, so die PR-Botschaft, die von SPIEGEL Online bereitwillig weitergetragen wird. Und SPIEGEL Online unterstreicht diese Botschaft auch noch durch das Aufmacherfoto, das nicht nur einen US-Soldaten mit angelegter MP beim Einsatz in Afghanistan zeigt, sondern auch die Warnung von General Petraeus in der Bildunterschrift trägt: „Die Situation hat sich verschlechtert.“

Eine kritische Einschätzung dieses militärischen Säbelrasselns durch SPIEGEL Online? Fehlanzeige! (Und dies nicht nur hier, sondern etwa auch beim Thema Piraten vor Somalia, siehe SPIEGELblog-Bericht [2]).

Die Wahrheit, die SPIEGEL Online verschweigt, ist: In Afghanistan geht es um knallharte Wirtschaftsinteressen, die durch das Militärgefasel verschleiert werden
Dabei gäbe es hinreichend Gründe für eine Hinterfragung der Militärdoktrin. Nicht nur heißt es am Ende des SPIEGEL-Online-Artikels selber, dass die Einsätze von afghanischen und NATO-Truppen in den ersten fünf Monaten 2009 parallel zur zunehmenden Gewalt gestiegen sind – was klar auf eine Gewaltspirale nach oben hinweist und die Absurdität des militärischen Denkens in Afghanistan aufzeigt. Auch geht es in Afghanistan um knallharte Wirtschaftsinteressen, wie etwa Corpwatch in seiner Analyse „Afghanistan Inc: Contractors in Afghanistan are making big money for bad work“ [3] klar dargelegt hat.

„As we pay our tax bills, it seems an appropriate time to urge everyone to Rethink Afghanistan, a war that currently costs over $2 billion a month but hasn’t made us any safer“, schreibt etwa Robert Greenwald im April in der Huffington Post [4]. Gedanken, die Alwin Schröder, Verfasser des militärischen PR-Stücks auf SPIEGEL Online, schlicht nicht in den Sinn zu kommen scheinen. Wenn man etwas gehässig sein wollte, könnte man hier fragen, ob dies auch damit zu tun hat, dass Schröder, bevor er stellvertretender Ressortleiter Politik von SPIEGEL Online wurde, sein Handwerk bei so „genialen“ Stationen wie SAT.1-Text, Hamburger Morgenpost und AOL gelernt hat…

Weitere interessante Beiträge zum Thema „Rethink Afghanistan“:

# „Why It’s Not Working in Afghanistan“ [5], von Ann Jones für TomDispatch.com – A Regular Antidote to the Mainstream Media

# „Der Krieg in Afghanistan ist nicht zu gewinnen“ [6], Interview des Magazins Hintergrund mit Peter Scholl-Latour (14. April 2009)

# „Dem Frieden eine Chance – Truppen raus aus Afghanistan!“ [7], AG Friedensforschung der Universität Kassel

# „The March of Folly Continues: The Afghanistan Escalation“ [8], von Norman Solomon auf Counterpunch

# „Covering War’s Victims: A Content Analysis of Iraq and Afghanistan War Photographs in the New York Times and the San Francisco Chronicle [9], von Project Censored