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Chinas Wirtschaftspolitik: SPIEGEL verwechselt die Begriffe Planwirtschaft und Staatskapitalismus

(Mit Dank an Jan M.)

Im heutigen SPIEGEL-Online Artikel „Peking plant Comeback der Planwirtschaft“ [1] von Wieland Wagner (siehe Screenshot) [1]wird in der Headline sensationsheischend behauptet, die Planwirtschaft erlebe in China ein Comeback. Doch das ist nicht korrekt, jedenfalls geht dies aus dem Beitrag selber so nicht hervor.

Tatsächlich nämlich geht es in dem Artikel darum, dass der Anteil der Staatskonzerne an der chinesischen Wirtschaftsleistung wieder zunimmt (wörtlich heißt es im Lauftext des Beitrags, in China vollziehe sich „‚Guojin Mintui‘ – ‚der Staat auf dem Vormarsch, der Privatsektor auf dem Rückzug'“). Das wird in dem Stück weiter unten zurecht als Staatskapitalismus bezeichnet (wenn es denn stimmt; denn die Aufzählung einiger Beispiele, wie Staatskonzerne nach mehr Macht streben, reicht wohl kaum aus, um das zu beweisen – und konkrete Zahlen nennt Wagner nicht.).

Nichts, was in dem Artikel steht, bestätigt die Schlagzeile des Artikels, wonach China die Planwirtschaft wieder einführen will
Es besteht aber ein grundlegender Unterschied zwischen Planwirtschaft und Staatseigentum an Wirtschaftsbetrieben. Planwirtschaft meint, dass vorher festgelegt wird, was produziert werden soll, etwa in einem Fünfjahresplan. Staatseigene Betriebe können sowohl im Rahmen der Planwirtschaft als auch nach den Gesetzen der Marktwirtschaft bzw. des Kapitlismus agieren. Das ist eine wichtige Unterscheidung, die die Weltbank schon seit Jahrzehnten macht.

Nichts, was in dem Artikel steht, deutet aber nun darauf hin, dass in China die Planwirtschaft wieder eingeführt werden soll, die in den 90er Jahren aufgegeben wurde. Deshalb ist der Wunsch der chinesischen Regierung, den der Artikel skizziert, offiziell als Marktwirtschaft anerkannt zu werden, auch nicht völlig abwegig (trüge nämlich die Volksrepublik das vornehme Etikett einer Marktwirtschaft, so erfahren wir aus dem Beitrag, so könnte sie sich gegen Anti-Dumpingzölle ihrer Handelspartner effektiver schützen. ).

Hat dem Autor Wagner etwa seine neoliberale Geisteshaltung einen Gedankenstreich gespielt?
Fazit: Entweder ist dem Autor Wagner der grundlegende Unterschied zwischen Planwirtschaft und Staatskapitalismus nicht bekannt – oder er sieht geflissentlich über diesen Unterschied hinweg, nur um China mit dem Haudraufbegriff „Planwirtschaft“ sozusagen eins reinwürgen zu können. Hintergrund hierfür könnte sein, dass für den Autor sowieso alles Teufelszeug ist, was nicht der reinen neoliberalen Heilslehre eines Milton Friedman entspricht. Da lohnt es sich dann halt auch nicht mehr, genauer hinzuschauen und zu differenzieren.