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Debatte über Großprojekte: SPIEGEL würzt üble Schmähungen gegenüber direktdemokratischen Elementen mit Unwissenheit und Populismus

In seinem Beitrag „Debatte über Großprojekte: Zu viel Volk schadet Deutschland“ [1] würzt SPIEGEL-Redakteur Wolfgang Kaden (von 1994 bis 2003 war er Chefredakteur des manager magazins) [1]üble Schmähungen gegenüber direktdemokratischen Elementen mit Unwissenheit und Populismus. Es ist traurig mitanzusehen, wie so ein wichtiges Medium wie der SPIEGEL, das sich „Sturmgeschütz der Demokratie“ nennt, praktisch zu einer Art Plattform für Wirtschaftspopulismus a’la Carte geworden ist. Wohlgemerkt: Die zwei Billionen Euro Schulden hat Deutschland auch ohne direkte Demokratie hinbekommen, nicht nur dies scheint Herr Kaden zu übersehen.

Die zentralen Thesen von SPIEGEL-Redakteur Kaden werden zu großen Teilen von der Literatur zurückgewiesen
Wenn Herr Kaden sich jetzt hinstellt und von exorbitanter Ausgabensteigerung durch Volksentscheide spricht, ist dass nicht nur falsch, sondern schlicht empörend. Studien (s.u.) haben gezeigt, dass in Ländern bzw. Gliedebenen (Bundesländer, Kantone, US-Staaten) die Ausgabendisziplin in der Regel höher ist, als in rein repräsentativ-demokratisch-verfassten Systemen. Hätte Herr Kaden die wissenschaftliche Literatur zur direkten Demokratie gelesen, dann wüsste er, dass seine zentralen Thesen zu großen Teilen von der Literatur zurückgewiesen werden:

These 1:  Direkte Demokratie ist nicht fähig, komplex zu handeln
Dies wird z.B. widerlegt von: Jung, Otmar. Direkte Demokratie in Deutschland. Sieben häufig vorgebrachte Gegenargumente, von denen man sich verabschieden sollte. In: Vorgänge Heft 2/2010 S. 100-111, siehe auch: Habermann, Gerd/ Schaal, Diana. Pro und Contra direkte Demokratie – 22 Argumente für skeptische Zeitgenossen. S. 431-446 In: Heußner, Hermann K./Jung, Otmar. Mehr direkte Demokratie wagen. Verlag Olzog. München 2009)

These 2: Direkte Demokratie ist die „Prämie der Demagogen“ (Theodor Heuss)
Wird z.B. widerlegt von Manfred G. Schmidt. Kap. 3.4. Direkte Demokratie. S. 355-375 In: ders. Demokratietheorie. Opladen 2000; Jung, Otmar In: Vorgänge, ebenda; Habermann/Schaal, ebenda.

These 3: Direkte Demokratie würde zu einer exorbitanten Ausgabesteigerung führen
Wird z.B. widerlegt von Moser, Julia/Obinger, Herbert. Die Schlaraffenland auf Erden? Auswirkungen von Volksentscheiden auf die Sozialpolitik. S. 303-361 In: Freitag, M./Wagschal, Uwe. Direkte Demokratie. Bestandsaufnahmen und Wirkungen im Internationalen Vergleich. Berlin 2007, ähnlich auch Schmidt, Manfred G. ebenda.

These 4: Direkte Demokratie verhindert Reformen des Sozialstaates
Hier hat Herr Kaden rein zufällig evtl. Recht, zumindest die Ergebnisse von Moser/Obinger, ebenda, zum „Silver Age“ von 1976-2007 lassen diesen Schluss einer Strukturkonservierung zu.

Informationen zum Autor Wolfgang Kaden finden sie hier:

# Manager Magazin [2]
# SPIEGEL [3]
# Kress.de [4]
# www.braunschweig.ihk.de [5]