Der SPIEGEL geriert sich als eine Art Marketingmaschine für Angela Merkel – und sorgt sich um die „Glaubwürdigkeit“ der Lügenbaronin

  28. Juni 2009, von T. Engelbrecht

Atommüllager Asse - was wusste Angela Merkel? Für den SPIEGEL eine Frage mit Tabu-Charakter...

Es ist schon bemerkenswert, wie sich ein Medium wie der SPIEGEL, der sich selber „Sturmgeschütz der Demokratie“ nennt, dermaßen als regelrechte Marketingmaschine für Angela Merkel gerieren kann. Gleich zu Beginn des aktuellen Besuchs der Kanzlerin bei Barack Obama zum Beispiel kommt SPIEGEL Online sogleich mit der Schlagzeile: „Angela Merkal TRUMPFT als Europäerin auf“ (und nicht etwa „tritt“ sie als Europäerin auf). Das ist Promotion pur.

Und damit nicht genug. Gleich im ersten Satz des Vorspanns hebt SPIEGEL Online – ganz im Sinne der Marketingabteilung der CDU-Zentrale – hervor, Merkel sei „zum Auftakt ihres Antrittsbesuchs bei Barack Obama mit einem Transatlantik-Preis geehrt“ worden, weil sie sich ja ach so toll für die transatlantischen Beziehungen eingesetzt hätte. Als ob es nichts Wichtigeres zu berichten gebe…

Und sollen wir also etwa Merkel auch noch dafür dankbar sein, dass sie sich für Bushs Irak-Krieg so ins Zeug gelegt und damit die transatlantischen Beziehugen so gepflegt hat?

... Dass Merkel die Steuern angeblich partout nicht erhöhen will, macht SPIEGEL Online hingegen sogleich zum Aufmacher Nummer 1

Nun, von SPIEGEL Online erfahren wir darüber nichts, weil das Angela-Merkel-… äähhh Nachrichtenportal nicht einmal einen Hauch von Kritik an dieser Marketingveranstaltung walten lässt. Dabei hätte alleine der Blick in die Preisträgerliste genügt, um als Journalist stutzig zu werden, finden sich da doch so illustre Namen wie Ex-Kanzler Helmut Kohl, Henry Kissinger und Condoleezza Rice – die sich allesamt auf übelste Weise an der Menschheit vergangen haben (siehe z.B. den Beitrag „Henry Kissinger: the wanted man“).

Hofberichterstattung für Angela Merkel hat offenbar schon Tradition beim SPIEGEL (auch wenn sich jegliche Hofberichterstattung für ein Medium, das sich unabhängig nennen will, partout verbietet). Erinnern wir uns nur an den zehnseitigen Jubelbericht über „Die deutsche Queen“ von Alexander Osang (SPIEGELblog berichtete).

Der SPIEGEL will Angela Merkel aus dem Asse-Skandal offenbar heraushalten
Nicht weniger prekär ist unterdessen, dass der SPIEGEL beim hochbrisanten Thema Atommüllager Asse II die Kanzlerin komplett ausblendet. Zwar greift SPIEGEL Online das Thema auch ganz aktuell auf und erwähnt dabei die Vermutung, der ehemalige Forschungsminister Gerhard Stoltenberg (wie Merkel von der CDU) trage die Verantwortung für den Asse-Skandal. Doch in diesem Beitrag verliert der SPIEGEL kein Sterbenswörtchen über Angela Merkel. Und dies, obwohl es, wie etwa die ARD-Redaktion Kontraste vor kurzem berichtete, Dokumente zu geben scheint, die belegen, dass es in Bezug auf Asse sehr wohl massive Sicherheitsbedenken gab, die Merkel in ihrer damaligen Funktion als Bundesumweltministerin unter Helmut Kohl bekannt gewesen sein mussten (siehe Screenshot).

Im Übrigen berichtete der SPIEGEL auch nicht darüber, dass der niedersächsische Landtag Mitte Juni einen Untersuchungsausschuss zu Asse beschlossen hat. Vor diesen Ausschuss soll auch Angela Merkel geladen werden, wogegen sich CDU und FDP peinlicherweise vehement sträuben – Parteischarmützel, die mal wieder nach üblem Sumpf riechen…

SPIEGEL-Leser wissen also mal wieder nicht mehr.

SPIEGEL Online ist um Glaubwürdigkeit der Kanzlerin besorgt
Und die Merkel-Promotion geht immer weiter. So macht SPIEGEL Online am Montag Morgen (29. Juni) die Nachricht zum absoluten Top-Aufmacher, dass Angela Merkel für die nächste Legislaturperiode Steuersenkungen „garantieren“ würde (siehe zweiten Screenshot). Dies sei wichtig mitzuteilen, so SPIEGEL Online, weil Merkel ja sonst ihre „Glaubwürdigkeit“ verlieren würde. OK, SPIEGEL Online liegt die Glaubwürdigkeit der Kanzlerin sehr am Herzen, was mal wieder bezeichnend ist – und nicht zuletzt auch zeigt, dass die SPIEGEL-Politikjournalisten die Kanzlerin für glaubwürdig halten. SPIEGELblog hingegen findet diese Sichtweise geradezu naiv, denn die Realität zeigt immer wieder, dass man keinem  Spitzenpolitiker wirklich trauen kann, auch oder gerade wenn er bzw. sie Angela Merkal heißt. Dazu einige interessante Links:

# „Die dummen Lügen der Angela Merkel“

# „Bundeskanzlerin Merkel lügt im Bundestag“

# „Merkel lügt mitunter mit“

Im Übrigen lassen andere Nachrichtenportale den Kampf der Kanzlerin um ihre ach so große Glaubwürdigkeit kalt. Süddeutsche.de zum Beispiel bringt statt dessen als Top-Meldung „Merkel fehlt die große Idee“ – ein Beitrag, in dem das Wahlprogramm der CDU zerpflückt wird…

 

5 Kommentare zu “Der SPIEGEL geriert sich als eine Art Marketingmaschine für Angela Merkel – und sorgt sich um die „Glaubwürdigkeit“ der Lügenbaronin”

  1. lupe sagt:

    Merkel log Ende 2007 auch den CDU-Mitgliedern auf der Insel Rügen vor, der Greifswalder Bodden werde durch das geplante Kohlekraftwerk Lubmin nicht belastet. (Das hatte nicht einmal der Investor gewagt.) Das ist gelogen, wie die 15-tägige Anhörung Ende vorigen Jahres endgültig bewies.

    Ich hatte der Kanzlerin deshalb einen unbeantworteten offenen Brief geschrieben. Hier der Wortlaut:

    http://ostsee-zeitung-blog.blogspot.com/2007/11/offener-brief-kanzlerin-merkel.html

  2. tya8 sagt:

    Lieber Blog-Gestalter! Der Spiegel als Merkel-Unterstützer?? Dass ich nicht lache!!! Ich denke Sie haben hier die Ausgaben der vergangenen Jahre nur sehr ungenau studiert, es wäre Ihnen sonst aufgefallen wie unseriös sich die Spiegel-Redaktion auf die BK eingeschossen hat. Ganz anders wird der glanz- und farblose Steinmeier in den blauen Himmel gelobt, siehe seine wohl nur bei linken Redakteuren und bei der SPD selbst hochgelobte Parteitagsrede. Die Menschen draußen sehen zum Glück welch hohlen Phrasen der Möchtegern-Kanzler da von sich gibt…

  3. SPIEGELblog sagt:

    @ tya8

    … danke für den Kommentar. Wenn Sie uns bitte sagen können, wo genau der SPIEGEL Steinmeier auf absurde Weise über den Klee gelobt hat, so können Sie uns das gerne mitteilen. Dass Steinmeier permanent hohle Phrasen absondert, sehen wir genau wie Sie (nicht von ungefähr haben wir bereits mehrfach kritisiert, dass der SPIEGEL Ex-Kanzler, Putin-Schulterklopfer und Steinmeier-Freund Schröder hofiert). Im Grunde gilt dies aber für alle Politiker – auch Angela Merkel.

    Von daher ist es schon höchst merkwürdig, wenn SPIEGEL Online um die „Glaubwürdigkeit“ der Kanzlerin besorgt ist – als ob irgendein Spitzenpolitiker noch glaubwürdig wäre… Kurzum, was Merkel angeht, so teilen wir nicht Ihre Meinung. Natürlich gibt es immer solche und solche Artikel im SPIEGEL. Doch was zuletzt vom SPIEGEL zur Kanzlerin gekommen ist, ist schon arg marketingverdächtig. Man nehme nur den erwähnten zehnseitigen Beitrag von Alexander Osang „Die deutsche Queen“, siehe http://www.spiegelblog.net/alexander-osang-hofberichterstattung-uber-angela-merkel.html.

    Und wie erklären Sie sich, dass der SPIEGEL kein Wort darüber verliert, dass Angela Merkel eine zentrale Rolle in dem Asse-Skandal gespielt haben könnte? Dieser Skandal könnte, wenn Medien wie der SPIEGEL ihn wirklich aufgreifen würden, Merkel das Genick brechen – doch daran scheint das längst an vielen Stellen stark ins Neoliberale tendierende Magazin so kurz vor der Bundestagswahl kein Interesse zu haben.

  4. Vash sagt:

    Hallo,

    ich kann leider nicht mehr die Ausgabe benennen, aber der SPIEGEL war das erste Medium in dem ich von Merkel im Zusammenhang mit ihren Handlungen (oder Unterlassungen) bzgl. des Atommüllendlagers gelesen habe.

    Der SPIEGEL im allgemeinen kritisiert Angela Merkel im allgemeinen recht deutlich. Zum Beispiel beleuchtete er kürzlich die enge Beziehung zur Kanzleramtschefin – der Artikel war zwar überwiegend neutral, rief aber ein Problembewusstsein wach.

    Die oben angesprochenen Punkte mögen Angela Merkel bewusst oder unbewusst heraushalten. Mag sein, dass sich die Redakteure in dem ersten Bericht so weit aus dem Fenstern lehnten, dass sie einen Rüffel kassiert haben. Mag auch sein, dass es einfach ein anderer Autor mit anderen Kenntnissen ist.

    Grüße
    Vash

  5. Georg sagt:

    Mit der Wahrheit hat es die gute Angela wirklich nicht so besonders. Insbesondere in ihrer DDR Laufbahn gibt es ja auch einige dunkle Punkte

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