Der SPIEGEL behauptet: „Die Erderwärmung ist seit 10 JAHREN ins Stocken geraten“ – doch das ist so nicht haltbar

  22. November 2009, von T. Engelbrecht

Im SPIEGEL der ablaufenden Woche (Nr. 47 vom 16. Nov.) lesen wir auf Seite 134: „Die Erderwärmung ist ins Stocken geraten: Seit ZEHN JAHREN steigt die globale Durchschnittstemperatur nicht weiter an“ (siehe auch Screenshot). Doch das ist so nicht haltbar. Kritisiert – oder besser: diffamiert – wird in dem Beitrag vor allem der Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der von SPIEGEL-Autor Gerald Traufetter als uneinsichtiger Trotzkopf hingestellt wird (siehe auch den SPIEGELblog-Bericht über Traufetters Artikel über Aquafarmen). Doch anstatt zu diffamieren, hätte Traufetter lieber mal konsequent beim eigenen Thema – dem Zeitraum der vergangenen ZEHN JAHRE – bleiben sollen.

Der SPIEGEL argumentiert unseriös, weil er nur im Vorspann von den „vergangenen 10 Jahren“ spricht – im Artikel selber dagegen nur von „den letzten Jahren“ und „den letzten 5 Jahren“
Rahmstorf: „Wer meine Ausfühungen und den SPIEGEL-Artikel aufmerksam liest, der wird feststellen: Die These des SPIEGEL-Artikels beruht allein auf einer Verwirrung über die unterschiedlichen Zeiträume.“ Tatsächlich spricht Traufetter nämlich nur im Vorspann von „zehn Jahren“, im Lauftext hingegen nur noch von „den letzten Jahren“ und dann explizit von „den vergangenen fünf Jahren“.

Tatsächlich stimmt Rahmstorf mit renommierten und auch von Traufetter hochgehaltenen Forschern wie Mojib Latif vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften darin überein, „dass die Temperaturen durch die Treibhausgase nicht von einem Rekord zum anderen eilen, sondern natürlichen Schwankungen unterliegen“. Doch die Behauptung des SPIEGEL-Artikels, „seit ZEHN JAHREN steigt die globale Durchschnittstemperatur nicht weiter an“, ist, wie gesagt, so nicht haltbar. „Denn für die vergangenen zehn Jahre gilt dies nur dann, wenn man die Arktis ausklammert – also nicht global“, so Rahmstorf. „Dieser Analyse widerspricht in dem SPIEGEL-Beitrag niemand, und ich stehe damit auch nicht alleine da, wie behauptet wird, sondern dies wird von den meisten Kollegen geteilt – wie unter anderem die in wenigen Tagen erscheinende Copenhagen Diagnosis zeigt.“ Die Copenhagen Diagnosis ist ein von 26 führenden Klimatologen erarbeitetes Update zur Klimawissenschaft.

„Der SPIEGEL-Artikel konstruiert also einen Scheinwiderspruch“, so Rahmstorf, „weil er, wie gesagt, im Artikel selber nicht mehr von den letzten zehn Jahren, sondern von ‚den letzten Jahren‘ und dann explizit von ‚den vergangenen fünf Jahren‘ spricht, in denen der globale Trend in der Tat negativ ist. Das zeige ich auch in einem meiner eigenen Beiträge. Nur – über fünf Jahre ist dies nichts Ungewöhnliches, sondern im Laufe der letzten 30 Jahre immer wieder einmal vorgekommen, ohne dass dies zu großen Diskussionen oder einer nachhaltigen Pause in der globalen Erwärmung geführt hat.“

SPIEGEL-Autor Traufetter diffamiert Rahmstorf – anstatt einfach mal nachzurechnen
Der SPIEGEL-Artikel erwähnt zudem noch eine Prognose von Latif und Koautoren (Keenlyside et al., Nature 2008). Diese bezieht sich spezifisch auf den Mittelwert über den Zeitraum 2000 bis 2010, der laut Keenlyside et al. kühler werden soll als der Mittelwert 1994 bis 2004… Hier geht es also gar nicht um den im Vorspann des SPIEGEL-Beitrags zum zentralen Thema erkorenen Trend der vergangenen zehn Jahre und auch nicht um einen Trend der vergangenen fünf Jahre, sondern um die Frage: Werden die Jahre 2000 bis 2010 im Mittel kühler als die Jahre 1994 bis 2004?

„Wenn dies so wäre, so wäre dies in der Tat sehr ungewöhnlich und stünde im Widerspruch zu den Klimamodellen, die so etwas nicht zeigen“, so Rahmstorf. Bislang, so Rahmstorf weiter, sehe der Zwischenstand aber hier so aus – und zwar auf Basis der HadCRUT3-Daten, also denen mit dem Loch in der Arktis, weil dies der von Keenlyside et al. verwendete Datensatz sei:

Mittelwert 1994 bis 2004: 0,36 ºC.

Mittelwert 2000 bis einschließlich Oktober 2009: 0,43 ºC.

Damit die von Keenlyside et al. prognostizierte Abkühlung noch eintritt, müssten die verbleibenden 12 Monate im Mittel minus 0,19 ºC oder kälter sein – also satte 0,6 Grad kälter als der Mittelwert seit 2000. „Ein solcher Temperatursturz ist in den 160 Jahren der HadCRUT3-Zeitreihe noch niemals aufgetreten“, so Rahmstorf. Um die von Latifs Team prognostizierte Abkühlung für äußerst unwahrscheinlich zu halten, muss man daher kein „düsterer Prophet“ sein, wie Traufetter den Forscher Rahmstorf – durchaus diffamierend – nennt, und auch kein „Pokerspieler“, wie er Rahmstorf ebenfalls abkanzelt. „Man muss einfach nur rechnen können,“ so Rahmstorf.

Die komplette Antwort von Stefan Rahmstorf auf den SPIEGEL-Artikel: „Klimapause, die Zweite“.

 

7 Kommentare zu “Der SPIEGEL behauptet: „Die Erderwärmung ist seit 10 JAHREN ins Stocken geraten“ – doch das ist so nicht haltbar”

  1. Des sagt:

    Das eigentlich Bemerkenswerte an dem Spiegel-Artikel sind nicht die verwirrenden Zahlenspielchen, sondern das Eingeständnis, dass die Sonnenaktivität und nicht etwa menschliche Treibhausgase für das Klima entscheidend sind. Dies wurde von der vorherrschenden „Klimawissenschaft“ bislang konsequent ausgeklammert, ignoriert oder gar geleugnet, und der Spiegel war dabei immer ein verlässliches Sprachrohr des Mainstream.

    Die Fakten sind im Moment für Latif & Co. so erdrückend, dass sie nicht anders können, als zuzugeben, dass wir uns derzeit in einer Phase der Abkühlung befinden. Aber danach soll es ja wieder „aufwärts“ gehen und die Klimakatastrophe wird dann schon noch kommen. Diesmal aber ganz ganz bestimmt, großes Indianerehrenwort. Die Glaskugel lügt nicht!

    Tatsächlich ist die Sonne als alleiniger treibender Faktor vollkommend ausreichend, um den Temperaturverlauf der letzten 150 Jahre hinreichend zu erklären. Für menschliche „Treibhausgase“ bleibt das so gut wie kein Platz mehr. Eine große Zahl von seriösen Forschern weltweit lehnt daher die Theorie der anthropogenen Klimaerwärmung ab. Von wegen Konsens.

  2. sachte sachte sagt:

    @ Des

    Sie urteilen vorschnell. Nirgends in dem Spiegel-Artikel ist von einem „Eingeständnis“ die Rede, „dass die Sonnenaktivität und nicht etwa menschliche Treibhausgase für das Klima entscheidend sind“.

    Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) mag korrupt sein, der installierte Emissionshandel ein Aberwitz. Dennoch wäre es absurd anzunehmen, der Klimawandel würde in keiner Weise durch den Menschen beeinflusst. Der CO2-Ausstoß des Menschen ist wohlgemerkt nur einer von unzähligen Faktoren. Der Mensch verwüstet die Erde und damit auch das Klima, das ja nur Teil der Erde ist, nicht nur dadurch, dass er seit Jahrzehnten zahlreiche(!) Gase in die Luft bläst, sondern auch durch die gigantische Rodung der Regenwälder, die Zubetonierung großer Flächen, die Ausrottung zahlreicher Tierarten etc.

    Wer sagt, wir könnten ruhig so weiter leben wie bisher, dem Klima schadet es ja doch nicht, der redet genau so blind daher wie ein Kettenraucher, dem es noch einigermaßen gut geht und der meint, er bräucht Null Angst vor Krebs zu haben.

    Noch konkret zur Rolle der Sonnenaktivität. Auch hier bitte sachte, sachte. Dazu folgendes (siehe http://www.pik-potsdam.de/~stefan/Publications/Other/rahmstorf_neu_2004.pdf):

    Die von Einigen Aussagen zur Sonnenaktivität „entsprechen nicht dem aktuellen Wissensstand. Sie behaupten, die Sonnenaktivität habe ab Mitte des 19. Jahrhunderts deutlich zugenommen und sei am Ende des 20. Jahrhunderts am stärksten gewesen. Tatsächlich hat die Sonnenaktivität bis ca. 1940 zugenommen und ist seit 1940 wahrscheinlich so hoch wie nie in den letzten 1000 Jahren [1]. Sie ist jedoch seit 1940 etwa konstant geblieben und war nicht am Ende des 20. Jahrhunderts am stärksten… Alle bekannten natürlichen Faktoren, die auf der untersuchten Zeitskala (Jahrzehnte bis Jahrhunderte) eine Rolle spielen, zeigen in den letzten 50 Jahren keinen signifikanten Trend (Sonnenaktivität, kosmische Strahlung, Vulkanismus). Die Erwärmung kann spätestens seit den 70er Jahren weder mit statistischen noch mit physikalischen Modellen ohne Berücksichtigung der erhöhten CO2-Konzentration erklärt werden [2], [3].“

    [1] Usoskin, I.G., S.K. Solanki, M. Schüssler, K. Mursula, and K. Alanko, 2003: Millennium-Scale Sunspot Number Reconstruction: Evidence for an Unusually Active Sun since the 1940s. Physical Review Letters, 91(19 Nov).

    [2] IPCC, 2001: Climate Change 2001. Cambridge, Cambridge University Press, 3 Bände.

    [3] Solanki, S.K. and N.A. Krivova, 2003: Can solar variability explain global warming since 1970? Journal of Geophysical Research, 108, p. 1200.

  3. Des sagt:

    Natürlich wird das Klima immer von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst. Der Solarmagnetismus zeigt jedoch mit die stärkste Korrelation (leicht verzögert) mit den globalen Temperaturen und bietet ein gutes Ursache-Wirkungsprinzip (weit besser als CO2). 1956 wurde hier ein vorübergehendes Maximum erreicht, 1968 ein lokales Minimum, das gut mit der Abkühlung in den 70er Jahren korreliert. Bis 1988 wurde das Niveau von 1956 sogar wieder übertroffen, damit einhergehend zeigte sich auch die Erwärmung zum Ende des Jahrtausends.

    Ich sage nicht, dass der Mensch gar keinen Einfluss auf das Klima nimmt. Noch weniger bin ich für die Verschmutzung der Umwelt mit Giftstoffen, die Abholzunge der Regenwälder oder für die sinnlose Verschwendung fossiler Ressourcen. Gefährlich und irreführend ist nur die alleinige Fixierung auf das anthropogene CO2, das, nach allem was ich weiß, nur einen sehr geringen Einfluss auf die globalen Temperaturen haben kann. Noch geringer kann sich demnach die politisch geforderte CO2-Ausstoß-Reduktion um wenige Prozent auf das Klima auswirken, sehr stark wirkt sich so etwas jedoch negativ auf die Wirtschaft, vor allem in den Entwicklungsländern, aus.

  4. onkel bob sagt:

    Vielleicht hat es noch keiner von euch mitbekommen, googelt mal Klimagate.
    Aber wahrscheinlich wird auch diese Post zensiert und nicht zugelassen.

  5. sachte sachte sagt:

    @ Des

    Die Fixierung auf CO2 sehe ich, wie gesagt, auch. Allerdings sollte man, wie ich finde, nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Soll heißen: Nur weil man die Fixierung auf CO2 durchaus kritisieren kann, muss man noch lange nicht den Einfluss des Menschen auf das Klima negieren. Genau das geschieht aber meines Erachtens sehr oft. Ich habe irgendwie noch keinen gesehen, der die CO2-Fixierung kritisiert und im selben Atemzug sagt, dass der Mensche die Erde sukzessive kurz und klein haut und dadurch sicherlich auch das Klima beeinflusst.

  6. Wütender sagt:

    Redet doch mal über Regenwaldabholzung, Überfischung, Giftmüllverklappung, Atommüll, Depleted Uranium, Gentechnik-Experimente im Freien, Genpatente usw. usf.

    DAS sind ECHTE Umweltprobleme.

    Diese bescheuerte Klima-CO2-fixierung ist doch krank. Ihr plappert nur Quatsch nach der von IPCC und Massenmedien auf die Agenda gesetzt wurde.

    Benutzt mal euren eigenen Kopf.

    Und wenn ihr wollt, dann kauft doch gerne Quecksilberhaltige „Spar“lampen, zahlt CO2-Steuern an die EU und UNO und werdet zu Vegetariern. Oder besser nicht, denn wenn ihr das zulasst kommt der grüne Klimafaschismus und ich hab dann auch darunter zu leiden während ihr am Ende rumheult weil ihr zu spät gemerkt habt auf welchen fatalen Mist ihr euch eingelassen habt. So wie damals die Mitläufer im Dritten Reich. Am Ende will’s wieder niemand gewesen sein.

    Hört endlich auf jeden Dreck zu glauben den euch das Establishment vorsetzt.

  7. SPIEGELblog sagt:

    @ Wütender

    Danke für Ihren Kommentar, aber gegen wen richtet sich Ihre schäumende Wut?

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