Der SPIEGEL und die Linkspartei: Fakten stören beim Verriss

  30. Januar 2009, von Karl Faust

Die Linke wird von vielen Medien ignoriert oder verleumdet. Eine wichtige Rolle spielt dabei der SPIEGEL.

In einem sind sich neoliberale Parteien und die meisten Redaktionen einig: Die Linkspartei muss klein gehalten werden. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung etwa hatte vor der Hessenwahl ungeniert verkündet, Die Linke schneiden zu wollen. Die Fotoagenturen schlossen sich dem am Wahlabend an: Von den Wahlfeten aller Parteien wurden Fotos angeboten – nicht jedoch von der Linkspartei.

Die Ausgrenzung setzt sich in TV-Nachrichten fort. Dort kommen von der Opposition häufig nur Grüne und FDP zu Wort. Über Die Linke wird in der Regel nur berichtet, wenn es Abträgliches gibt – etwa wenn SPD-Parteichef Franz Müntefering behauptet, sie betreibe eine „nationale und soziale Politik“. Begründet wird das zwar nicht – aber die Assoziation zum „Nationalsozialismus“ steht erst einmal im Raum.

Der SPIEGEL: meinungsstark und faktenschwach
Das angebliche „Sturmgeschütz der Demokratie“, der SPIEGEL, spielt dabei häufig die Rolle des Stichwortgebers. Erst kürzlich phantasierte seine Redaktion genüßlich über eine „Austrittswelle“ aus der hessischen Linkspartei – dass den 45 Abgängen im vergangenen Jahr 750 Neueintritte gegenüberstanden, erfuhr der Leser ursprünglich nicht (Anm.: der Beitrag auf SPIEGEL Online war zunächst nur eine kurze Notiz, die später möglicherweise durch eine Langfassung überschrieben
wurde; doch auch bei der erfährt der Leser erst ganz am Ende von den Neueintritten – was die Überschrift „Neue Austrittswelle erfasst Hessens Linkspartei“ und überhaupt den gesamten Tenor des Artikels konterkariert). So ziemlich alle Medien plapperten es nach – immerhin gilt der SPIEGEL vielen Journalisten als „Leitmedium“.

In seiner aktuellen Ausgabe liefert der SPIEGEL ein weiteres Beispiel für manipulative Berichterstattung. „Komplizen des Terrors“ (siehe Ausriss) ist ein Bericht über die Linksfraktion betitelt, in dem der Autor Markus Deggerich meinungsstark aber faktenschwach versucht, Teilen der Fraktion wegen ihrer Ablehnung der israelischen Kriegspolitik Antisemitismus anzuhängen. Dabei macht sich Deggerich nicht einmal die Mühe, zwischen „Antisemitismus“ und „Antizionismus“ zu unterscheiden. Die unterschwellige Botschaft lautet: Wer gegen Israels Kriegspolitik ist, will ein neues Auschwitz.

Der SPIEGEL: Probleme nicht nur bei der Recherche, sondern auch mit der Sehkraft
Fakten können bei einem solchen Verriss nur stören. Da wird der Abgeordnete Wolfgang Gehrcke flugs zum außenpolitischen Sprecher ernannt. Falsch – er ist Obmann seiner Fraktion im außenpolitischen Ausschuss. Seiner Kollegin Ulla Jelpke wird ein israelkritisches Zitat aus einer Bundestagsrede untergeschoben – sie hat dort jedoch nie zu diesem Thema geredet.

Über einen Protestbrief, den die Abgeordneten Gehrcke und Norman Paech (letzterer ist tatsächlich außenpolittischer Sprecher) an den israelischen Botschafter geschrieben hatten, heißt es, Fraktionschef Gregor Gysi habe dem Diplomaten „sein Bedauern über das Schreiben“ geäußert, „auch im Namen der Autoren“. Beide bestätigten jedoch gegenüber der jungen Welt, daß sie inhaltlich überhaupt nichts bedauern. Sie hätten lediglich eingeräumt, daß das Schreiben zuvor der Fraktionsspitze vorgelegt hätte werden sollen. Genau das hatte Gysi am Dienstag vergangener Woche in einer Fraktionssitzung auch kritisiert – inhaltlich hatte er gegen das Schreiben ausdrücklich nichts einzuwenden.

Fakten scheinen wohl nicht Deggerichs Ding zu sein. Ein ganzseitiger Artikel, den er im Juli über Jelpke schrieb, wimmelt von Fehlern, die die junge Welt keinem Praktikanten durchgehen ließe. Gysi wird da als Zitat in den Mund gelegt, Jelpke sei ein „Heimkind“ – der Fraktionschef dementierte später, jemals dieses Wort gebraucht zu haben. Jelpke wird auch vorgeworfen, „Parteitage der DKP“ besucht zu haben – was sie auch nach Auskunft von DKP-Mitgliedern nicht ein einiges Mal getan hat. Und dass sie im Juli zu politischen Gesprächen in die Türkei reiste, kommentierte ­Deggerich als „erneutes Jelpke-Solo“, über das sich ihre Genossen „ensetzt die Haare raufen“, „ihre Alleingänge belasten die Partei“. Die Reise war jedoch mit der Fraktionsspitze abgesprochen – ein Anruf hätte genügt, um das zu erfahren. Nicht nur mit der Recherche scheint Deggerich Probleme zu haben, sondern auch mit der Sehkraft. Den „strammen Zopf“, den er Jelpke andichtet, hat er bislang als einziger entdeckt.

(aus: junge Welt, 28. Januar 2009, S. 4)

 

22 Kommentare zu “Der SPIEGEL und die Linkspartei: Fakten stören beim Verriss”

  1. ChackZz sagt:

    In meinen Augen völlig richtig von den Medien und ein absolut richtiges Verhalten gegenüber dieser „Partei“.

  2. cap sagt:

    @ChackZz

    Probleme totzuschweigen war noch nie eine gute Lösung.

  3. Dawn sagt:

    Die Deutschen haben es doch verdient verarscht zu werden, ich war auch mal Links, aber wurde nur von so Leuten wie ChackZz beschimpft. Heute weiß ich die Deutschen wollen verarscht und ausgenommen werden. Ich muss sagen wenn ich zu den da oben gehören würde, ich würde das Volk so dermaßen ausnehmen das den Hören und Sehen vergeht. Ich würde in mein Geld baden und laut über die lachen den ich es genommen habe, weil es ist ganz genau das was die Deutschen brauchen.

  4. sweetspot sagt:

    @ChackZz:

    Bestimmt hast du auch eine Begründung für deine Aussage. DIE würde mich interessieren.

    Warum ist es gut, Fakten vorzuenthalten?

    sweet.

  5. Thomas sagt:

    Hier wird schon verzweifelt versucht, was gegen den Spiegel ins Feld zu führen. Es ist wenig verwunderlich, dass die Junge Welt (das Zentralorgan der FDJ) die ihr nahestehende Linke verteidigt. Mit seriösem Journalismus ist dieses Schmierblatt in der Vergangenheit jedenfalls nicht aufgefallen.

    Das die Linkspartei auch in Sachen Antizionismus den Kurs der SED-Diktatur fortsetzt ist wohl schwer zu bestreiten. Hier in Berlin jedenfalls entdeckt man auf angeblichen Friedensdemos neben antijüdischen Parolen regelmäßig auch die Banner der Linkspartei und ihrer Solid-Jugend. Die Wortmeldungen von Gysi und Co entsprechen diesbezüglich offensichtlich nicht der Meinung weiter Teile der Partei.

    Das der Spiegel-Artikel womöglich einige Defizite hat, ändert am Sachverhalt als solchen jedenfalls nichts.

  6. SPIEGELblog sagt:

    @Thomas:

    Wir würden sagen, dass Sie in polemischer Weise verzweifelt versuchen, gegen die Analyse der „Jungen Welt“ etwas ins Feld zu führen. Bedauerlicher Weise geht nämlich aus Ihrem Kommentar nicht hervor, dass an dem, was Karl Faust geschrieben hat, etwas nicht stimmt.

    Abgesehen davon scheinen Sie nicht recht verstanden zu haben, was der SPIEGEL sich hier leistet, nämlich eine haltlose Diffamierung, die mit Falschaussagen gespickt ist.

    Dabei schmeißen Sie auch noch mit Begriffen wie Antizionismus und antijüdisch herum und erwecken damit den falschen Eindruck, „weite Teile“ der Linkspartei würden rassistische bzw. antijüdische Motive antreiben. Tatsächlich üben Linkspolitiker scharfe Kritik am Kriegsgebaren der israelischen Regierung und bezeichnen dieses etwa als „unmenschlich“. Doch dies ist weiß Gott nicht gleich antijüdisch.

    Wenn dem so wäre, so müssten Sie z.B. auch den ARD-Korrespondenten Verenkotte als antizionistisch bzw. antijüdisch bezeichnen. Der hat nämlich Isreals Waffengang als „völkerrechtswidrige Kollektivbestrafung“ bezeichnet – und damit steht er alles andere als alleine da.

    Genau dieses Thema haben wir bereits in unserem Blog-Beitrag zum Gaza-Kreig aufmerksam machen, siehe http://www.spiegelblog.info/spiegel-online-lasst-sensibilitat-und-ausgewogenheit-bei-der-berichterstattung-uber-den-nahost-konflikt-vermissen.html.

    Um so absurder also, dass der „SPIEGEL“ die ganze Sache so aufbauscht.

    Im Übrigen finden wir es unsachlich, wenn Sie im Zsh. mit der „jungen Welt“ die FDJ ins Spiel bringen. Das ist reine Polemik und hat überhaupt nichts mit dem Sachverhalt zu tun. Viele Institutionen bzw. Personen haben eine heikle Vergangenheit, doch sie allein deshalb als unseriös hinzustellen, ist unseriös.

    Denken wir nur an unsere Bundeskanzlerin, die in der FDJ sogar als Kreisleitungsmitglied und Sekretärin für Agitation und Propaganda tätig war. Wir sind die letzten, die dies schön reden wollten, doch Angela Merkel deshalb per se als unseriös abzustempeln und das, was sie so vorbringt, als indiskutables „Geschmiere“ hinzustellen, wäre absurd. Wir würden Angela Merkel in vielerlei Hinsicht kritisieren, aber unabhängig von ihrer FDJ-Vergangenheit.

    Oder nehmen wir Helmut Schmidt, der ja zuletzt regelrecht als Politstar umjubelt wurde, insbesondere auch vom „SPIEGEL“. Und dies, obwohl er für die Wehrmacht unter Waffen stand; und dann hat er die Wehrmacht auch noch völlig realitätsfremd als „einzige anständige Organisation im Dritten Reich“ bezeichnet, siehe http://www.sueddeutsche.de/politik/865/397651/text. Ist die Wochenzeitung „DIE ZEIT“, deren Herausgeber Helmut Schmidt ja ist, allein deshalb in Ihren Augen per se ein „Schmierenblatt“, um Ihren Begriff aufzugreifen?

    Ein wenig mehr Sachlichkeit und weniger Voreingenommenheit hat noch keiner Diskussioin geschadet.

    SPIEGELblog-Team

  7. Thomas sagt:

    Die Junge Welt war als FDJ-Zentralorgan nunmal ein direktes Sprachrohr der SED-Diktatur. Diesen Kurs setzt die Zeitung in ihrer Agitation bis heute fort.

    Doch kommen zur Kritik am Inhalt des Artikels: Dort wird nämlich mehrfach erwähnt, dass sich die Verfasser des Artikels ebenso wie Gysi nie von dessen Inhalt distanziert haben. Ja aber genau darum geht es doch! Der Brief der Linkenpolitiker vermischt Dinge, die inhaltlich nicht im Zusammenhang stehen. Warum wendet sich die Linke gegen den Zentralrat der Juden in Deutschland, wenn sie Kritik an der Außenpolitik des Staates Israel üben will? Warum verweigern sich Linke-Abgeordnete einer deutschen Antisemitismus-Resolution im Bundestag mit Verweis auf die Kriegspolitik Israels? Ich selbst halte das Vorgehen Israels in dem Konflikt für nicht gerechtfertigt, aber entgegen der Linken nehme ich dafür nicht die Mitmenschen jüdischen Glaubens hierzulande in Sippenhaft für das Vorgehen Israels in Nahen Osten. Das ist der Punkt.
    Was die Junge Welt stattdessen kritisiert sind für die Aussage des Artikels belanglose Dinge wie ein falscher Titel oder der Zopf eines Politikers. An der grundsätzlichen Aussage, dass es in der Linken eine Basis für Antizionismus gibt, wird auch seitens der Jungen Welt nicht gerüttelt.
    Deshalb ist dieser Artikel ähnlich kritikwürdig wie die Vorlage des Spiegels.

  8. SPIEGELblog sagt:

    @Thomas

    Wir möchten Sie erneut mit Nachdruck darum bitten, sachlich zu bleiben und den Fokus zu wahren. In den Blog-Beitrag geht es wohlgemerkt nicht um die junge Welt, und auch nicht primär um den SPIEGEL-Artikel “”Komplizen des Terrors”.

    Und wenn Sie die junge Welt schon pauschal aburteilen wg. ihrer FDJ-Vergangenheit, dann müssten Sie, wie gesagt, auch die CDU, die mit Angela Merkel eine Ex-FDJ-Agitatorin und auch etliche weitere ehemalige “Blockflöten” aus der Ost-CDU in ihren eigenen Reihen hält, pauschal abqualifizieren.

    Dass Ihnen die Stoßrichtung der jungen Welt nicht passt, ist Ihnen unbenommen – tut aber, wie gesagt, hier überhaupt nix zur Sache. Zumal es sicher auch nicht so ist, wie Sie donnern, dass die junge Welt die SED-Diktatur herbeischreibt.

    Wie gesagt, ein wenig mehr Sachlichkeit und weniger Voreingenommenheit hat noch keiner Diskussioin geschadet. Es geht hier um die Sache – und nicht darum, WER an was Kritik äußert.

    Nur weil wir mit dem Blog-Beitrag “SPIEGEL-Artikel über rechte Gewaltdelikte inhaltlich fern der Fakten und rhetorisch fragwürdig” , siehe http://www.spiegelblog.info/spiegel-artikel-uber-rechte-gewaltdelikte-inhaltlich-fern-der-fakten-und-rhetorisch-fragwurdig.html, berechtigte Kritik an der Berichterstattung des SPIEGEL über Nazis geübt haben, machen wir uns noch lange nicht gemein mit Naziparolen.

    Wenn Sie die altbackene und unsägliche Links-Rechts-Diskussion sowie die Gut-Böse-Diskussion führen wollen, so lassen Sie sich bitte in die 80er Jahre zurückbeamen, bei SPIEGELblog sind Sie da falsch.

    Was den Inhalt des Blog-Beitrags angeht, so liegen Sie falsch, wenn Sie schreiben, die Linken würde, um Kritik an der Außenpolitik des Staates Israels zu üben, “Mitmenschen jüdischen Glaubens hierzulande in Sippenhaft nehmen”. Niemand nimmt hier irgenwen in “Sippenhaft” – und darum geht es hier auch gar nicht. Worum es geht, steht klipp und klar in dem Blog-Beitrag, nämlich um einen Verriss der Linkspartei, der faktisch nicht haltbar ist.

    Dies betrifft eben auch den Artikel “Komplizen des Terrors”, in dem SPIEGEL-Autor Markus Deggerich meinungsstark aber faktenschwach versucht, Teilen der Links-Fraktion wegen ihrer Ablehnung der israelischen Kriegspolitik Antisemitismus anzuhängen. Doch das geht schlicht an den Fakten vorbei.

    Daran ändert sich auch nichts, wenn Sie erneut mit dem Schlagwort “Antizionismus” herumwedeln. Damit begehen Sie den gleichen Weg wie der SPIEGEL: Mit ungenau definierten Schlagworten herumdiffamieren.

    Denn was, bitte schön, heißt das genau: antizionistisch? Dass es in der Linken eine Basis für Kritik an dem offenbar völkerrechtswidrigen Vorgehen Isreals im Gaza-Krieg gibt? Wenn ja, was ist daran auszusetzen? Oder heißt das Ihrer Meinung nach, dass es in der Linken eine Basis für antijüdische, sprich rassistische Ansichten gibt? Wenn ja, wo ist der Beleg dafür – und v.a. auch: Wie groß ist diese Basis in der Linken denn tatsächlich? Das wären spannende Fragen, die genau zu beantworten wären – was der SPIEGEL-Artikel aber überhaupt nicht tut. Und die Personen von der Linken, die in dem Artikel angesprochen werden – Gehrcke, Paech, jelpke, Gysi, Modrow und Wagenknecht – sind sicher keine Judenhasser.

    Im Übrigen dürfte der Anteil wirklich antijüdischer und damit rassistisch motivierter “Agitatoren” bzw. die Bedeutung solcher Kräfte in der Links-Partei nicht größer sein als in der Anteil von Agitatoren mit rechstextremem Gedankengut in der CSU. Sollte der SPIEGEL also demnächst einen vergleichbaren faktenarmen Verriss über die CSU veröffentlichen, so werden wir auch dies dem SPIEGEL als unseriöse Berichterstattung ankreiden.

    SPIEGELblog-Team

  9. Stefan sagt:

    Hallo Spiegelblog,

    ein ganz dickes Lob, mit welcher aufwendiger Detailarbeit Sie gegen Pauschalverurteilungen argumentieren.

    Mal sehen, wann sie gegen verkappte Spiegel Mitarbeiter argumentieren müssen oder schon tun.

    Ich habe Ihren Blog meinen Freunden weiter empfohlen, darunter sind auch Spiegelleser.

    Machen Sie weiter so.

  10. thomas meier sagt:

    hier ist also auch alles beim alten geblieben. kritische leserkommentare werden als polemik bezeichnet, während der autor gern vom -ANGEBLICHEN “Sturmgeschütz der Demokratie”- oder einer „phantasierenden redaktion“ oder „nachplappernden medien“ schreibt. liste ist beliebig erweiterbar.
    im übrigen: man sollte sich angewöhnen, das gilt vor allen dingen für das spiegelblog team, spiegel artikel bis zum ende zu lesen. dann würde man auch lesen, dass im „austrittswelle“ artikel sehr wohl von den 750 neueintritten geschrieben wird. nämlich im letzten absatz.

    so wird das nix jungs.

  11. SPIEGELblog sagt:

    @Thomas

    Pauschalverurteilungen wie „hier ist also auch alles beim alten geblieben“ oder „so wird das nix jungs“ zeigen für uns erneut, dass es Ihnen letztlich nicht um die Sache geht, sondern ums Diffamieren.

    Dafür spricht auch, dass Sie sich zu weigern scheinen, auf die zentralen Fragen ZUM THEMA des Blog-Beitrags einzugehen, die da sind:

    (1) Ist es faktisch gerechtfertigt, wenn der SPIEGEL der Linkspartei wegen ihrer Ablehnung der israelischen Kriegspolitik Antisemitismus unterstellt? Wenn ja, wieso?
    (2) In diesem Zsh. sagen Sie, dass es in der Linken „eine Basis für Antizionismus gibt“ – doch nochmals: Was genau heißt das: antizionistisch? Dass es in der Linken eine Basis für Kritik an dem offenbar völkerrechtswidrigen Vorgehen Isreals im Gaza-Krieg gibt? Wenn ja, was ist daran auszusetzen? Oder heißt das Ihrer Meinung nach, dass es in der Linken eine Basis für antijüdische, sprich antisemitische und damit rassistische Ansichten gibt? Wenn ja, wo ist der Beleg dafür – und v.a. auch: Wie groß bzw. bedeutend ist diese Basis in der Linken denn tatsächlich?

    Auch werden nicht, wie Sie behaupten, generell kritische Leserkommentare als polemisch bezeichnet. Ihre Kommentare hingegen schon, da sie nicht nur nicht beim Thema bleiben, sondern, wie dargelegt, v.a. auch offensiv, um nicht zu sagen aggressiv Dinge vortragen, die nicht haltbar sind.

    Verwunderlich ist im Übrigen, dass Sie Formulierungen des Autors wie „Sturmgeschütz der Demokratie” als Polemik auslegen, obwohl diese Formulierung auch vom SPIEGEL selbst verwenet wird, siehe http://einestages.spiegel.de/static/entry/wie_wir_wurden_was_wir_sind/24952/_sturmgeschuetz_der_demokratie.html?o=position-ASCENDING&s=0&r=24&a=3375&of=18&c=1.

    Und wenn Sie der Meinung sind, dass “nachplappernde Medien” Polemik ist, dann sagen Sie doch bitte auch, warum das so sein soll. Sicher, „nachplappern“ ist ein recht salopper Begriff, doch wenn man sich anschaut, wieviele Medien die SPIEGEL-Meldung kritiklos übernommen haben, dann kann man das unseres Erachtens durchaus so sagen.

    In diesen Medienberichten, die sich auf den SPIEGEL-Bericht über die angebliche Austrittswelle beziehen, ist im Übrigen auch nicht von den vielen Eintritten in die Linkspartei die Rede, siehe z.B. den Bericht auf FTD Online „Hessens Linke vor Austrittswelle“ unter http://www.ftd.de/politik/deutschland/:Stasi-Methoden-Hessens-Linke-vor-Austrittswelle/451031.html.

    Was die Infos zu den 750 Neueintritten angeht, so war es laut junge Welt so, dass der Artikel auf SPIEGEL Online zunächst nur aus einer kurzen Notiz über die „Austrittswelle“ bestand, die später offenbar durch eine Langfassung überschrieben wurde, in die die Informationen über Eintritte dann eingebaut wurde (es wäre nicht das erste mal, dass so vorgegangen wurde). Dafür spricht auch, dass, wie gesagt, andere Medien, die sich auf den SPIEGEL-Bericht bezogen haben, diese Neueintritte nicht erwähnen. Und auch spricht dafür, dass der Leser erst ganz am Ende des SPIEGEL-Online-Stücks von den Neueintritten erfährt.

    Und selbst wenn dem nicht so wäre, so ist es immer noch so, dass die Überschrift „Neue Austrittswelle erfasst Hessens Linkspartei“ und überhaupt der gesamte Tenor des Artikels durch die nun am Ende des Beitrags angeführte Information über die 750 Neueintritte in jedem Fall konterkariert wird.

    Danke dennoch für diesen Hinweis.

    SPIEGELblog-Team

  12. thomas meier sagt:

    keine frage nennt sich der spiegel das „sturmgeschütz der demokratie“. er nennt sich aber nicht das „angebliche sturmgeschütz der demokratie“.
    was die angebliche polemik anbelangt, darüber zu diskutieren hat wohl wenig sinn. wahrscheinlich gehört es einfach zu ihrer rhetorik auszuteilen, dann sollten sie sich allerdings nicht wundern wenn sie auch mal einstecken müssen.
    inhaltlich möchte ich mich auch gar nicht mit ihnen streiten, denn zuerst ginge es darum, ihre fehler im aufbau und recherche auszumerzen. selbst bei artikeln, die sie einfach per copy + paste übernehmen, lohnte sich ein kritisches überfliegen.
    denn wenn man sich auf der einen seite darüber freut, dass wolfgang gehrke nicht außenpolitischer sprecher ist, dann ist es auf der anderen seite peinlich, wenn er sprecher für außenpolitik und internationale zusammenarbeit ist. http://www.linksfraktion.de/mdb_gehrcke.php

  13. mrt sagt:

    „Die Frankfurter Allgemeine Zeitung etwa hatte vor der Hessenwahl ungeniert verkündet, Die Linke schneiden zu wollen. Die Fotoagenturen schlossen sich dem am Wahlabend an: Von den Wahlfeten aller Parteien wurden Fotos angeboten – nicht jedoch von der Linkspartei.“

    Das ist schon mal der richtige Weg. Es wird Zeit, dass die deutschen Mainstream-Medien mit der Verharmlosung dieser Partei Schluss machen und sie genauso behandeln wie andere extremistische Gruppierungen.

    Es muss einfach in die Köpfe der Menschen gebracht werden, dass Linksparteiwähler keinen Deut besser als NPD-Wähler sind. Auf keinen Fall darf der Eindruck vermittelt, dass die Identifizierung mit einer solchen Partei gesellschaftsfähig ist.

  14. mrt sagt:

    Ach ja… “Antisemitismus” und “Antizionismus”…

    Wer versucht, hierbei krampfhaft einen Unterschied herbeizufabulieren, der verrät selbst schon mehr über seine Gesinnung als ihm vermutlich lieb ist…

    „Du erklärst, dass Du kein Judenhasser bist, sondern bloß „Antizionist“. […] Wenn Menschen Zionismus kritisieren, so meinen sie die Juden. […] Der Anti-Zionist ist inhärent antisemitisch, wird es immer bleiben.“

    Martin Luther King, 1967

  15. maniac sagt:

    Zionismus ist Selbstbezeichnung und Oberbegriff von jüdisch-national-religiösen Bewegungen.

    Immerhin hast „Du“ als Zionist deine Gesinnung als „Nationalist“ preisgegeben.

    Und was ist ist daran schlimm sich als „Anti-Zionist“ auszugeben? Immerhin sind viele Juden auch Anti-Zionisten.

  16. SPIEGELblog sagt:

    @mrt

    Wohlgemerkt, es geht nicht darum, zwischen den Begriffen “’Antisemitismus‘ und ‚Antizionismus‘ krampfhaft einen Unterschied herbeizufabulieren“ , sondern um die Frage, was man mit den Begriffen genau meint – und ob man das, was man damit meint, der Linkspartei nachweislich als Gesinnung überstülpen kann.

    SPIEGELblog-Team

  17. mrt sagt:

    In dem Beitrag ist die Rede von „Teilen der Fraktion“. Dass dies zutrifft, bestreitet ja nicht einmal Gregor Gysi, der bemüht ist, die Scherben zusammenzukehren, die eben diese hinterlassen. Katja Kipping hat schon vor einiger Zeit in einem Positionspapier ihre Partei aufgefordert, den Antizionismus aufzugeben. Das wäre ja wohl ziemlich unötig, wenn sie nicht selbst wüsste, dass dieser recht weit verbreitet ist. (Die Reaktionen darauf waren übrigens in weiten Teilen der Partei… na ja, nenne wir`s mal… verhalten.) Und was sich Herr Lederer von seinen eigenen Genossen anhören musste, nur weil er sich zur Solidarität mit Israel bekannt hat, spricht ebenfalls Bände.

    Ich kenne übrigens auch Linke, aus der Antifa-Szene, die diese Partei gerade auch wegen ihres antisemitischen Potentials ablehnen.

  18. SPIEGELblog sagt:

    @mrt

    Wir möchten die ganze Diskussion nicht wieder von vorne beginnen. Wie gesagt, jetzt wedeln Sie mit dem Begriff Antizionismus herum, ohne ihn genau zu definieren. Meinen Sie nun Antizionismus im Sinne von antisemitisch bzw. antijüdisch oder im Sinne von kritisch gegenüber dem Kriegsgang der israelischen Regierung?

    Aufhänger des Artikels ist, um es zum wiederholten Male zu sagen, wohlgemerkt die Kritik der Linken an dem offenbar völkerrechtswidrigen Kriegsgang der israelischen Regierung. Und der SPIEGEL suggeriert dann letztlich, dass hier Antisemiten am Werk seien. Doch das ist nicht legitim.

    Im Übrigen: Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass Gysi tatsächlich, so wie der SPIEGEL behauptet, bemüht sei, „Scherben zusammenzukehren“. Das ist doch gerade einer der Kritikpunkte des Blog-Beitrags, nämlich dass Gysi, wie er gegenüber der jungen Welt offenbar bestätigt hat, „inhaltlich überhaupt nichts bedauert“.

    Vielleicht rufen Sie mal bei Herrn Gysi an und fragen ihn, ob er bemüht ist, Scherben zusammenzukehren oder nicht. Das wär mal was.

    SPIEGELblog-Team

  19. mrt sagt:

    Vielleicht mache ich das auch. Er hat ja eine wöchentliche Bügerstunde… Wenn er sich inhaltlich NICHT distanziert, dann wär es es ja umso schlimmer und würde meinen Eindruck nur bestätigen.

    Richtig ist, dass die Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung (gerechtfertigt oder nicht – ich denke nein) durchsetzt ist von antisemitischen Tiraden- und vermutlich zu einem Großteil durch Antisemitismus (also durch Judenhass, wenn Sie es denn definiert haben wollen) motiviert ist.

  20. Thomas sagt:

    @SPIEGELblog-Team:
    Ich möchte an dieser Stelle noch einmal anmerken, dass ich nicht „thomas meier“ bin. In ihrer Diskussion mit Herrn Meyer haben Sie ihm fälschlicherweise meine Aussagen zur Last gelegt.

    Generell ist mir ihre Argumentation sehr einseitig. So konnte ich hier von ihrer Seite noch nicht einen einzigen kritischen Kommentar zur palästinensischen Seite hören. Stattdessen ist immer nur vom völkerrechtswidrigen Vorgehen Israels die Rede. Dieses halte ich selbst für nicht gerechtfertigt – aber es gibt eben wie so oft zwei Seiten der Medaille. Und wenn Sie dem Spiegel vorwerfen, nur die eine zu präsentieren, so müssen Sie sich eingestehen, mit der Jungen Welt lediglich die andere Seite zu zeigen. Und warum der deutsche Zentralrat der Juden der Adressat des Linken-Schreibens war, konnten Sie mir auch nicht erklären. Ich habe mit dem vorhandenen Antizionismus innerhalb der Linkspartei zumindest eine Erklärung geliefert.

    @mrt: In nicht wenigen Fällen werden Links- und NPD-Wähler aus den gleichen sozialen Gruppierungen stammen. In vielerlei Hinsicht ähneln sich schließlich auch die Aussagen beider Parteien (beispielsweise zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr, Hartz-IV-Gesetzgebung und der Haltung gegenüber Amerika). Diese können beide Parteien nur deshalb tätigen, weil sie hoffentlich auch auf absehbare Zeit niemals in die Verlegenheit kommen werden, dies umsetzen zu müssen.
    Dies ist aber bei weitem nicht der einzige Kritikpunkt an dieser Partei. Beispielsweise ist bis heute der Verbleib der SED-Millionen (Stichwort: Putnik-Deal) ungeklärt. Hierbei handelt es sich um enteignetes Vermögen ostdeutscher Bürger, zu dessen Verbleib Gysi und Bisky bis heute schweigen. Oder die Beratung für ALGII-Empfänger, bei der die Linke zum Sozialbetrug geraten hatte. So ließen sich unzählige Kritikpunkte aufzählen, warum eine Ablehnung der Linken gerechtfertigt ist. Aber statt dies anzuprangern wird hier eben die „Junge Welt“ zitiert.

  21. SPIEGELblog sagt:

    @Thomas

    Unser Eindruck ist, dass Sie dieses Forum über das Nachrichtenmagazin SPIEGEL mit einem Forum, das sich mit politischen Themen auseinandersetzt, verwechseln. Wenn Ihnen im SPIEGEL ein Artikel auffällt, der die Israelis bzw. die Regierung Israels oder auch die CDU, um nur zwei Beispiele zu nennen, auf so faktenarme Weise wie etwa die Linke diffamiert, so lassen Sie es uns bitte wissen.

    Danke

    SPIEGELblog-Team

  22. Caesar sagt:

    Zurzeit werden im Spiegelforum zahlreiche Foristen gesperrt. Wer also sachlich kritisch informiert oder schreibt, wird einfach gesperrt.

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