„Die fabelhaften Guttenbergs“? Wie der SPIEGEL sich endgültig zum Yellow-Press-Magazin macht

  18. Oktober 2010, von T. Engelbrecht

„Guttenberg als möglicher Nachfolger von Kanzlerin Merkel? U-u-uäähhhh, bitte nicht!“
NDR-Sendung EXTRA 3, „abgehakt“

Der SPIEGEL agiert wie ein „unterwürfiges Sturmgeschütz“
Die FAZ über die Guttenberg-Berichterstattung des SPIEGEL

Wer noch mindestens einen Funken kritischen Geist in sich trägt, musste sich beim Anblick des aktuellen SPIEGEL-Titels „Die fabelhaften Guttenbergs – Paarlauf ins Kanzleramt“ die Augen reiben (siehe Screenshot). Wer als Printmedium so sehr die Distanz zu einem Politiker aufgibt wie der SPIEGEL mit dieser Cover-Story, kann dazu nur noch sagen: Yellow-Press-Niveau – und für ein Nachrichtenmagazin, das sich selbst immer noch gerne „Sturmgeschütz der Demokratie“ nennt, doch ein ziemlich tiefer Fall.

Dabei könnte man zunächst denken, die Zeilen auf dem Cover seien irgendwie ironisch oder doppeldeutig gemeint. Doch wenn man sich den Artikel dazu im Heft selber anschaut, so erweist sich dieser Gedanke als falsch. Gleich zu Beginn heißt es da, „Der Bürgerkönig“ werde als „Adliger zur großen Hoffnung der Deutschen“. Doch dies ist Humbug. Es gibt sie nämlich noch, die Menschen in diesem Lande, die immer noch wissen, dass nur die eigene Parteizentrale einen Politiker derart hochjubeln darf – nicht aber ein journalistisches Medium. Und für die ist Guttenberg nicht „die große Hoffnung“ – im Gegenteil.

Zumal Guttenberg nicht weniger ist als Verteidigungsminister. Und man muss nicht einmal zu denjenigen gehören, die den Afghanistan-Krieg als üblen Angriffskrieg verurteilen, um Guttenberg kritisch zu begegnen. Erinnern wir uns nur: „Guttenberg konnte immer noch nicht überzeugend erklären, warum er das Bombardement von Kunduz neu bewertet und den Generalinspekteur entlassen hat. Nun steht er im Verdacht, nicht aufrichtig zu sein.“ Genau so schrieb es der SPIEGEL Ende 2009. Doch dies scheint längst vergessen in den Köpfen der Yellow-Press-Journalisten des SPIEGEL.

Absurd auch der Satz, der ebenfalls den Vorspann des SPIEGEL-Artikels schmückt: „Nun bewegt auch noch Guttenbergs Gattin die Herzen.“ Auweia. Klingt ebenfalls wie aus der BUNTEN abgeschrieben.

Die aktuelle SPIEGEL-Titelgeschichte ist übrigens bei weitem nicht die erste, in der das Magazin in einer Weise über Guttenberg berichtet, dass man denken könnte, hier seien CSU-Parteimitglieder als Schreiber am Werk gewesen. Als was hat der SPIEGEL Guttenberg nicht alles schon allen Ernstes bezeichnet: als „Lichtgestalt“, als „Shootingstar“ und „Darling des Volkes“ oder gar als „Superhelden à la Batman“. SPIEGELblog hat bereits mehrfach darüber berichtet – und wahrscheinlich müssen wir noch öfter darüber berichten…

 

12 Kommentare zu “„Die fabelhaften Guttenbergs“? Wie der SPIEGEL sich endgültig zum Yellow-Press-Magazin macht”

  1. housetier sagt:

    Ich finde, so darf man über die Bild am Montag nicht reden. So ein Boulevardblättchen ist doch kein Nachrichtenmagazin!

  2. ex-leser sagt:

    Furchtbar, dieser SPIEGEL-Kitsch. Daß diese Redakteure sich nicht entblöden… Dieses ehemalige Nachrichtenmagazin läßt nichts aus, um die Auflage zu halten; allerdings sympathisieren die Spiegel-Leute eben auch mit diesen konservativ-reaktionären Flach-Politikern wie Guttenberg etcetera. Die globale Verlagsstrategie hinter allem ist, so sehe ich es: Politiker mit potentieller Durchgreif-Mentalität zu unterstützen und ggfs. in Ministersessel zu helfen – auf Bilderberg-Linie eben, im Sinne der Großkonzerne und ihrer Statthalter in Berlin und Brüssel.

  3. U.N. sagt:

    Was ich mich v.a. frage ist, welcher Intention so eine Titelstory folgt. Ist es rein wirtschaftlich, weil Auflagen-steigernd? Ist es angemessene Berichterstattung, weil Gutenberg momentan insgesamt so in den Himmel gelobt wird? Steht möglicherweise ein Plan dahinter, Gutenberg ins Kanzleramt zu schreiben?

    Ich halte letzteres nicht mehr für unmöglich… also das es tatsächlich Kräfte im Hintergrund gibt, die soviel Einfluss auf Medien haben, dass sie für bestimmte Personen und Themen gezielt Werbung „schalten“ lassen können. Es würde mich jedenfalls nicht wundern wenn Gutenberg auf irgendeiner Kanzler-Liste steht. Platz 2 auf der Liste ist dann wahrscheinlich Roland Koch. 😉

  4. Spiegel goes BILD « Gedankenübertragung sagt:

    […] recht hat sich der Spiegelblog über das aktuelle Cover und die Berichterstattung der letzten Zeit aufgeregt. Das SpOn schon […]

  5. B. Dreyer sagt:

    > Ich halte letzteres nicht mehr für unmöglich…
    > Es würde mich jedenfalls nicht wundern wenn Gutenberg auf irgendeiner
    > Kanzler-Liste steht.

    Und morgen greifen uns dann die Reichsflugscheiben mit Chemtrails und Kornkreisen an? Dass es noch immer vereinzelte Verwirrte gibt, die den Rechtsradikalen Bolschewiken diesen Schwachsinn abkaufen, trübt unser Glück des gerade vorherrschenden Mega-Aufschwungs.
    Also Aluhelm auf, Internet an!

    Das ist übrigens behandelbar.

  6. U.N. sagt:

    >Und morgen greifen uns dann die Reichsflugscheiben mit Chemtrails und >Kornkreisen an? Dass es noch immer vereinzelte Verwirrte gibt, die den >Rechtsradikalen Bolschewiken diesen Schwachsinn abkaufen, trübt unser Glück des >gerade vorherrschenden Mega-Aufschwungs.
    >Also Aluhelm auf, Internet an!
    >Das ist übrigens behandelbar.

    Das dümmste meines Beitrags sehe ich darin, Guttenberg konsequent mit nur einem „t“ zu schreiben. Ansonsten…….

    1. Können wir es mal mit Logik versuchen?
    2. Ist es Deiner Ansicht nach unmöglich, dass es auch andere Kräfte als rein demokratische gibt, die bei der Frage einer Kanzlerkandidatur eine Rolle spielen?
    3. Falls Du sagst: „Nein!“ … Wie kannst Du da sicher sein?
    4. Falls Du sagst: „Möglich“, welche könnten das sein?
    5. Ist Dir bekannt, das Guttenberg jemand ist, der schon seit langem in elitären Kreisen verkehrt und dort jede Menge mächtiger Freunde hat?
    6. Ist Dir bekannt, dass es keinen Bereich menschlicher Gemeinschaften gibt, in dem nicht Beziehungen die vorherrschende Rolle spielen?
    7. Ist Dir bekannt, dass das was ich andeute in der Vergangenheit nicht selten geschah? (Wie kam Bush zu seiner ersten Präsidentschaft?)
    8. Hältst Du die Behauptung, die Presse handle immer wieder auch im Sinne mächtiger Lobbys, für eine dumme Verschwörungstheorie?
    9. Was hat das Ganze überhaupt mit „rechtsradikalen Bolschewiken“ zu tun?
    10. Was genau ist behandelbar? Wie ist es behandelbar?
    11. Wetten, Du antwortest nicht argumentativ?

  7. Manipulieren manche Medienformate die Meinungen der B sagt:

    […] wenn man sich den Artikel dazu im Heft selber anschaut, so erweist sich dieser Gedanke als falsch. spiegelblog.net:

  8. MPolo sagt:

    Was soll denn ein Nachrichtenmagazin machen, wenn Nachrichten irrelevant werden? Der Spiegel passt sich der Realität an. Es geht nicht darum, ob die Wehrpflichtreform jetzt gut oder schlecht ist oder wie weit sie gehen soll. Wichtig ist: Guttenberg sieht gut dabei aus. Der Spiegel schreibt über das, was entscheidend ist, was den zukünftigen Kanzler angeht. Stimmungen machen Stimmen, nicht politische Taten. Da kann weder ich noch der Spiegel was dafür, dass die Nation zunehmend verdummt.

    P.S.: Es stehen noch 2 Menschen im Weg, Merkel und Seehofer, … aber nicht mehr lang. Und dann hat keine Partei einen besseren, nicht mal einen gleichwertigen Kanzlerkandidaten. Leider.

  9. hinterwald sagt:

    wer den spiegel noch liest, dem ist doch einfach nicht mehr zu helfen – oder er tut es aus masochismus und um einen blog damit zu füllen, daß man deren unerträglichen sch**** auch noch wiederkäut.

    es gibt ein nettes tool für den firefox, das nennt sich blocksite. auf platz 1 meiner liste steht seit der vor-veröffentlichung der sarrazyn-schmonzette der spiegel und da wird er auch bleiben. jeder lic für die sind zwei zuviel.

    ansonsten ist deiner ritik am letzten titel wahrscheinlich nur zuzustimmen, aber das alles gilt schon seit mehr als 6 jahren, seit er versuchte, diese unsägliche ostzonentusse hochzujazzen. jetzt haben wir den salat. und jetzt aich noch den gutti? g*ttchen, der kerl mag ac/dc, kann also nicht ganz sooo schlecht sein wie mutti, die nicht mal ne beatles-scheibe hat.

    aber im grunde ist das die selbe nummer seit fjs: erst hochjazzen und nachher runterbügeln. so läuft das schon seit jahrzehnten.

    mein rat: blocksite.

  10. Experten entzaubern M sagt:

    […] h

  11. holl sagt:

    ich wollte gerade (6.3.11) die titelstory der fabelhaften guttis von spiegel 42/10 im archiv lesen, damit ich die kommentare einordnen kann, allerdings ist diese titelgeschichte von seite 28 bis 37 nicht mehr im archiv. was ist denn da los?

  12. medien | Guttenberg [7] – Schön gefärbt und hoch gestapelt | oberstübchen sagt:

    […] ‘Lichtgestalt’, ‘Shooting Star’ oder ‘Superhelden à la Batman’ gepriesenen ‘Darling des Volkes’ sonnend, scheinen die Autoren der Story keinem seriösen […]

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