Hanebüchener Vergleich: SPIEGEL Online setzt Guantánamo mit Alcatraz gleich – und offenbart damit erneut ein Rechts(un)verständnis, das an das der Bush-Regierung erinnert

  09. Juni 2009, von T. Engelbrecht

(Mit Dank an Arnim R.)

Wenn es um die Suche nach der Sensation geht, scheint sich der SPIEGEL für nichts zu schade. Das Drama daran: Die Fakten bleiben dabei immer wieder auf der Strecke. Selbst vor einer Gleichsetzung des Gefangenenlagers in der Guantánamo-Bucht am Südende Kubas mit dem ehemaligen US-Hochsicherheitstrakt auf der Insel Alcatraz vor San Francisco schreckt man nicht zurück (siehe SPIEGEL-Online-Dossier „Alcatraz der Moderne“ und auch Screenshot). Damit offenbart SPIEGEL Online in Sachen Guantánamo erneut ein Rechtsverständnis bzw. RechtsUNverständnis, das an das der Bush-Regierung erinnert (SPIEGELblog berichtete).

Guantánamo-Häftlinge können nicht einmal als Verdächtige angesehen werden – Alcatraz hingegen beherbergte reihenweise rechtskräftig verurteilte Schwerstverbrecher
Das Abstruse und Fahrlässige an der Gleichsetzung von Guantánamo mit Alcatraz ist, dass SPIEGEL Online dadurch suggeriert, auch im Guantánamo-Gefängnis säßen rechtskräftig verurteilte Schwerstkriminelle ein. Doch das ist absoluter Blödsinn.

Tatsächlich können die Menschen, die in Guantánamo einsitzen, nicht einmal guten Gewissens als Verdächtige bezeichnet werden, da sie ja allesamt nicht dort gelandet sind, nachdem ihnen ein ordentlicher bzw. rechtsstaatlicher Prozess gemacht worden war. Gravierender noch: Die meisten sind dorthin verschleppt worden, nachdem sie denunziert wurden, wie es in Europa zu den ekelhaftesten Zeiten der Hexenverfolgung gang und gäbe war. Und so hat auch eine an der Rechtsfakultät der Seton Hall University erarbeitete Studie ermittelt, dass die meisten Häftlinge in Guantánamo schlicht unschuldig sind – wie etwa auch die ehemalige Bill-Clinton-Beraterin Naomi Wolf in ihrem Buch “Wie zerstört man eine Demokratie” schreibt.

Ganz anders in Alcatraz, das am 1. Januar 1934 von einem militärischen Fort zu einem Bundesgefängnis umfunktioniert worden war. Die ersten Gefangenen, 53 Häftlinge aus dem Staatsgefängnis in Atlanta, trafen 1934 ein. Alcatraz fungierte bis 1963 als Hochsicherheitsgefängnis, in dem durch ordentliche Gerichtsverfahren(!) verurteilte Gefangene untergebracht wurden, die in anderen Gefängnissen als unverbesserlich und schwierig eingestuft wurden. Unter ihnen befanden sich so bekannte Gangster wie Al Capone (1934–1939), Robert Franklin Stroud (1942–1959), Machine Gun Kelly (1934–1951) und Alvin „Creepy“ Karpis (1936–1962).

Vergleich von Guantánamo mit Stalins Gulag oder dem „Luziferturm“ wäre passend gewesen
Naomi Wolf zieht in ihrem Buch „Wie zerstört man eine Demokratie“, was die Behandlung der Gefangnen angeht, eine Parallele zu den Gefangenen in Stalins Gulags. Auch werden, wie gesagt, bei den solchen Zuständen Erinnerungen wach an Zeiten in Europa, in denen Menschen durch willkürliche Denunziationen zu Hexen abgestempelt wurden. Damals diente etwa der „Luziferturm“ in Horb als Gefängnis und Folterstätte für die armen denunzierten Frauen.

Der US-Schriftsteller Arthur Miller in einem Begleitwort zu seinem Werk „Hexenjagd“: “Die Hexenverfolgung war eine perverse Manifestation der Angst, die sich aller Klassen bemächtigte, als sich die Waage nach der Seite größerer individueller Freiheit zu senken begann. Sieht man über die offenbare Schändlichkeit des Einzelnen hinaus, so kann man sie alle nur bedauern, so wie man uns eines Tages bedauern wird.”

 

8 Kommentare zu “Hanebüchener Vergleich: SPIEGEL Online setzt Guantánamo mit Alcatraz gleich – und offenbart damit erneut ein Rechts(un)verständnis, das an das der Bush-Regierung erinnert”

  1. otto sagt:

    Der Titel des Dossiers ist sicherlich absoluter Schwachsinn, aber der Rest Eurer Ausführungen leider auch. Von einer Gleichsetzung von Alcatraz und Guantanamo kann (ausser in der Überschrift) keine rede sein.
    Spiegel: „Guantanamo ist das umstrittenste Gefangenenlager der Welt und für viele der Inbegriff amerikanischer Willkür.“ Wo bleiben denn hier „die Fakten […] auf der Strecke“.
    Ich habe alle zum Dossier gehörenden Artikel per Volltextsuche nach „Alcatraz“ durchsucht. Die einzige gefundene Stelle sagt aus, dass Alcatraz als Gefangenenlager nicht in Frage kam, da es auf US-Territorium liegt.
    Wie gesagt: Die Überschrift ist Quatsch. Das war’s dann aber auch. Es gibt keine weitere Stelle in zahlreichen Artikeln, wo Alcatraz und Guantanamo gleichgesetzt werden.

  2. Walter sagt:

    Dies ist die grundlegende Frage: Warum machen wir bei diesem Mist überhaupt mit?

    Warum die Bundeswehr in Afghanistan nichts zu suchen hat
    Kritik der Argumentation der Bundesregierung von Christoph R. Hörstel

    1. „Wir schicken Truppen nach Afghanistan, um die Entwicklungshilfe zu sichern.“

    1.1. Die Entwicklungshilfe für Afghanistan macht etwa 1/10 bis 1/14 der Sicherheitsaufwendungen der „Geberländer“ aus, im deutschen Verantwortungsbereich immer noch etwa 1/5 bis 1/7. Damit jedoch ist die Entwicklungshilfe eher das Feigenblatt eines Militäreinsatzes.
    1.2. Diese Entwicklungshilfe erfolgt nicht strategisch, zum Beispiel für eine nachhaltige, die nationale afghanische Eigenständigkeit fördernde Politik, sondern eher wahllos, unterkoordiniert und nicht an den Interessen des Landes ausgerichtet.
    1.3. Etwa 40% der „Entwicklungshilfe“ fließt auf verschiedenen Kanälen an die „Geberländer“ zurück.

    2. „Wir wollen in Afghanistan eine demokratische Entwicklung fördern.“

    2.1. „Man komme mir nicht mit Demokratie“, beschwert sich EU-Wahlbeobachter Prof. Scholl-Latour auf S. 16 seines jüngsten Buches, „Russland im Zangengriff“ und beschreibt die Unzulänglichkeiten des afghanischen Systems. Präsident Karzai wird weltweit, auch von hochrangigen Politikern der Natoländer, als machtlose Marionette beschrieben, deren Ablösung dabei keineswegs tabu bleibt.
    2.2. Provinzgouverneure werden in Afghanistan nicht gewählt, sondern von eben diesem machtlosen Präsidenten ernannt. Dies geschieht, obwohl jeder Anfänger weiß, dass Afghanistan in seiner Geschichte niemals eine starke Zentralregierung besaß, sondern die regionalen Mächte aus der Hauptstadt bestenfalls erfolgreich moderiert wurden.
    2.3. Die Korruption in Afghanistan wird auch in Ihren Medien gelegentlich benannt. Sie ist weiträumig, allgemein, ergreift das gesamte Kabinett und reicht bis zum Bruder des Präsidenten Hamid Karzai, Wali, der sogar aus US-Quellen als Drogenwarlord bezeichnet wird. Dies alles geschieht unter den Augen der Geberländer. Warum wird nicht untersucht, weshalb wir nicht genügend dagegen unternehmen?

    3. „Wir müssen die Rückkehr der Taliban an die Macht verhindern.“

    Unser Militäreinsatz hat als stärkstes Instrument vorrangig dazu geführt, dass die Taliban erstarkt sind – und weiterhin erstarken. Auch britisches Spitzenpersonal erkennt inzwischen den von den Taliban seit langen erklärten Zusammenhang zwischen steigenden Truppenzahlen und steigender Unsicherheit an. Die heimliche Unterstützung aus Pakistan für die Taliban tut ein Übriges, s. Punkt 5. Und weil Armee, Polizei und Rechtssystem Afghanistans rettungslos in die Korruption abgleiten, gewinnen die Taliban als Richter, Polizisten und Kämpfer immer mehr Zulauf, (vgl. diverse Veröffentlichungen Prof. Barnett Rubin, Univ. NY, USA, ex-Berater Kofi Annans). Und ohne Vollverschleierung bei den Frauen ist außerhalb Kabuls nichts möglich: Die unglaubwürdige Betonung dieser Frage ist vielen inzwischen verdächtig: Man bemerkt die Absicht und ist verstimmt.

    4. „Das afghanische Volk braucht uns – und will nicht, dass wir es im Stich lassen.“

    4.1. Es gibt eine notwendige Differenzierung zwischen Armut und Bedürftigkeit der Afghanen und dem Sinn dieses Militäreinsatzes, den sogar Offizielle unseres britischen Verbündeten stark in Zweifel ziehen. Wir sollen mehr helfen – und endlich mit einheitlicher Strategie entlang den afghanischen Bedürfnissen – und wir müssen das militärische Element, das so viel Unheil gebracht hat, endlich
    zurückfahren, auch Karzai hat deutlich erklärt, dass er mehr deutsche Soldaten nicht wünscht.
    4.2. Das afghanische Volk braucht nicht unser Bomben auf Zivilisten, unsere Uranwaffen (bei Ihnen glatt vollständig verschwiegen, trotz offenen Eingeständnisses auf der US-Luftwaffen-Website „Air Force News“), nicht unsere Folter (ai-berichte) – sondern echte, faire Hilfe, s.o., Punkt 1.
    4.3. Die deutsche Entwicklungshilfe-Vereinigung VENRO fordert klar viel mehr Hilfe und viel weniger Militär – und vor allem keine Vermischung nach dem gescheiterten CIMIC-Modell.
    4.4. Es ist mir unverständlich, wie unser Außenamt dem Vorsitzenden der afghanischen „Friedensjirgah“, Herrn Mohammad Zaman Mozamil und seinen Begleitern, die Einreise auf Einladung der deutschen Friedensbewegung verweigern konnte – und die Medien berichten nicht genügend oder gar nicht. Die Friedensjirgah wird von der Nato auch politisch ausgegrenzt und nicht als Gesprächspartner anerkannt, obwohl Karzai sie unterstützt.
    4.5. Es bestätigt sich auch hier wieder meine alte Erfahrung: Die Afghanen würde miteinander Frieden schließen und halten können, wenn die Nato sie ließe. Die traurige Tatsache: Politisch haben wir Afghanistan schon lange im Stich gelassen – es wird Zeit, dass wir die Truppen abziehen und die Entwicklungshelfer arbeiten lassen.

    5. „Wir müssen uns vor Terror hier bei uns schützen, indem wir ihn in Afghanistan bekämpfen.“

    5.1. Die USA betreiben nachweislich keinen „Antiterrorkrieg“, sondern stützen auch Al-Qaeda, wie sich herausstellt. Dazu nutzt die CIA die Jahrzehnte alten Verbindungen pakistanischer Dienste wie des Militärgeheimdienstes ISI (Inter Services Intelligence) in diese Kreise.
    5.2. Der ISI stellt, wie Ahmed Rashid („Taliban“) in seinem neusten Werk „Descent into Chaos“ (NY 2008) feststellt: Logistik, Nachschub, Training und Informationen, bis hin zu handfestem Feuerschutz, über den US-Truppen immer wieder berichten, wenn sie Grenzscharmützel beschreiben.
    5.3. Der Schriftsteller Jürgen Elsässer beschreibt in seinem neuesten Buch „Terrorziel Europa. Das gefährliche Doppelspiel der Geheimdienste“ die tiefe Verwicklung und Verstrickung europäischer Geheimdienste in das angebliche „Terror“-Geschehen hier bei uns. Ich selbst habe gleichlautende Aussagen aus erster Hand der bayerischen Polizei.

    6. „Wir erfüllen in Afghanistan unsere Bündnisverpflichtungen“

    Die USA sind in Afghanistan, abgesehen von strikt kontraproduktiver Politik, in drei Verbrechenstypen verwickelt: Verwendung von Uranwaffen, Mord an Zivilisten mit Bomben, Raketen, Artillerie und leichteren Waffen sowie Folter. Das alles ist erwiesen. Hier Bündnisverpflichtungen als Begründung für politisches Mittun vorzutragen, hieße der Komplizenschaft das Wort zu reden. Komplizentum ist jedoch das Gegenteil von Freundschaft. „Nibelungentreue“ ist eine Spezialität Deutschlands. Sie hilft hier weder Afghanistan noch den Amerikanern.

    Dazu möchte ich noch folgendes ergänzen:

    1. Die Taliban haben noch nie einen Terrorangriff irgendwo auf der Welt durchgeführt, nicht gegen Amerika und schon gar nicht gegen Deutschland. Deshalb ist die Ausrede, „Wir müssen uns vor Terror hier bei uns schützen, indem wir ihn in Afghanistan bekämpfen“ eine glatte Lüge. Die Taliban wehren sich nur gegen die Invasoren, zuerst gegen die sowjetischen Eroberer und jetzt gegen die westlichen NATO-Truppen. Dieser Abwehrkampf ist völlig verständlich und berechtigt, denn jedes Volk würde sich gegen fremde Besatzer wehren und hat das Recht dazu.

    2. Auch der Hauptgrund den die Amerikaner für die Invasion und Krieg in Afghanistan angeben, die Taliban hätten Osam Bin Laden mit seiner Al-Kaida beherbergt, der angeblich die Anschläge vom 11. September 2001 geleitet und Amerika damit angegriffen hat, stimmt nicht und ist auch gelogen, denn die Amerikaner haben Bin Laden bis heute deswegen weder angeklagt, noch suchen sie ihn wegen 9/11. Warum? Weil sie zugeben müssen, dass sie keinen einzigen Beweise gegen ihn haben. Wenn sie keine Beweise für seine Führungsrolle und Tat haben, wie können sie dann einen Krieg damit begründen?

    3. Wie kann man gegen ein Land einen Krieg führen, nur weil sie Fremde beherbergten, die angeblich einen Anschlag verübt haben? Dann hätten die Amerikaner auch Deutschland bombardieren müssen, denn der angebliche Hauptattentäter Mohammed Atta studierte von 1993 bis 1999 an der Universität Hamburg und wohnte in der Marienstrasse in Hamburg-Harburg. Ausserdem waren 13 der 19 angeblichen Attentäter saudische Staatsbürger, keiner war ein Afghane. Wieso hat man dann nicht Saudi Arabien angegriffen, wenn sie von dort stammen. Umgekehrt, warum bombardiert man Afghanistan, wenn keiner von dort her kommt?

    4. Die Taliban haben ausdrücklich den Amerikanern bereits am 12. September 2001 mitgeteilt, wenn sie Beweise für die Täterschaft von Bin Laden betreffen 9/11 haben und sie vorlegen können, dann sind sie bereit in einem Rechtshilfeverfahren Bin Laden auszuliefern. Dazu ist es nie gekommen, weil Amerika die Beweise nie erbracht hat und weil weniger als einen Monat nach 9/11, am 7. Oktober 2001, bereits die Bombardierung des Landes begann. Der Krieg war somit von langer Hand geplant und das Militär stand für den Angriff bereit, 9/11 hatte damit gar nichts zu tun, sondern wurde nur als Ausrede verwendet.

    5. Die Amerikaner führen jetzt seit acht Jahren Krieg in Afghanistan, viel länger als jeweils der I. Weltkrieg, der II. Weltkrieg und der Koreakrieg. Was haben sie in dieser Zeit erreicht? Nichts, ausser Tod und Zerstörung. Ihre Absicht ist es nicht das Land zu befrieden und Demokratie den Afghanen zu bringen, das ist lächerlich, sondern einen endlosen Krieg zu führen, damit die Waffenindustrie brummt und sie Zentralasien permanent destabilisieren und damit kontrollieren können. Die Bundeswehr und die anderen NATO-Partner sind nur die „nützlichen Idioten“, um den amerikanischen Imperialismus zu ermöglichen.

    6. Da Amerika NICHT von der Taliban-Regierung Afghanistans am 11. September 2001 angegriffen wurde, gibt es auch keinen NATO-Bündnisfall, gibt es keine Verpflichtung seitens der Bundesrepublik Deutschland in einen Angriffskrieg einzutreten, den der Bündnispartner USA von sich aus angefangen hat. Deshalb ist die Behauptung „Wir erfüllen in Afghanistan unsere Bündnisverpflichtungen“ genau so eine Lüge wie der ganze Krieg. Es liegt gar kein Angriff auf die Vereinigten Staaten vor, der nach Artikel 5 des NATO-Vertrages einen Beistand rechtfertigt. Der Krieg dort ist völkerechtswidrig und illegal und eine Teilnahme der deutschen Bundeswehr auch.

    Deshalb, die Bundeswehr hat in Afghanistan überhaupt nichts zu suchen!

  3. Captain Sensible sagt:

    @ otto

    Ich weiß nicht, inwieweit Du Dich mit Journalimus auskennst, aber sehr bewandert scheinst Du da nicht zu sein. Eine Überschrift hat eine ungeheure Bedeutung. Deshalb schnalzt und knallt der Spiegel – genau wie die Bild z.B. – ja auch immer so in Überschriften (und leider schießt er oft an den Fakten vorbei). Denn genau mit den Headlines fängt man die Leser ab – und umso sensibler bzw. korrekter sollte man mit ihnen umgehen. Überschriften haben also eine ungeheue Bedeutung für den Inhalt des Textes – oder hier für eine Dossier. Insofern kann gerade auch eine Überschrift für sich genommen Gegenstand von Kritik sein. Dass der Begriff Alcatraz dann später nicht mehr auftaucht (oder nur einmal), ist doch völlig unerheblich.

    Der Vergleich von Guantanamo mit Alcatraz ist schlicht und einfach ein Griff ins Klo und daher peinlich. Von daher hat SPIEGELblog hier völlig recht. Du würdest spätestens dann anders reden, wenn Du selber ein Guantánamo-Häftling wärst. Lies Dich mal ein, wie die Leute in mittelalterlicher Verleumdungsmanier verschleppt wurden, dann kommt vielleicht auch Dir das kalte Grausen…

  4. otto sagt:

    @Captain Sensible: Natürlich kommt mir das kalte Grauen, wenn ich an Guantanamo denke, aber das alles verschweigt der Spiegel ja gar nicht. Die Fakten bleiben eben nicht auf der Strecke. Man muss sich nicht mal die Mühe machen und einen der Artikel lesen, sondern der erste vollständige Satz des einleitenden Abschnitts reicht.
    Ja: Die Überschrift – voll daneben. Der Spiegel verwendet den weltweit bekannten Namen Alcatraz, um Aufmerksamkeit zu erregen, aber anzunehmen der Leser hat sofort die Assoziation (Alcatraz=Gefängnis für rechtmäßig verurteilte Verbrecher=Guantanamo=Insassen auch Verbrecher) und daraus dem Spiegel „ein Rechts(un)verständnis, das an das der Bush-Regierung erinnert“ zu unterstellen, ist wohl ebenso „übergeigt“ wie die Überschrift selber.
    Fairerweise bzw. vollständigerweise hätte man durchaus erwähnen können, daß der Spiegel in den Artikeln Guantanamo kritisiert und eben NICHT als rechtmäßig ansieht, sich also NICHT das Unrechtsverständnis der Bush Regierung zu eigen macht.
    Wenn man dem Spiegel Schlampigkeit vorwirft, muss man selber schon bessere Qualität abliefern und die Sache vollständig darstellen.

  5. Captain Sensible sagt:

    @ otto

    Sie müssen beim Spiegel arbeiten oder ihm sehr verbunden sein, sonst würden Sie nicht derart für das Blatt Partei ergreifen. Ihre Argumentation verfängt immer noch nicht. Wie gesagt, Überschriften haben eine Bedeutung für sich. In der Tat werden wohl von den allermeisten Artikeln kaum mehr als die Überschriften gelesen, gerade auch im Online-Bereich. Die Gleichung Alcatraz = Guantanamo ist sehr plakativ und bleibt bei den Menschen haften. Diese Gleichung ist aber nicht nur totale Blödsinn, sondern höchst fahrlässig. Immerhin geht es hier um nicht weniger als das wichtigste Thema unserer Zeit: Wie geht die größte Macht auf der Erde mit den elementarsten Menschenrechten um. Wie unsensibel der Spiegel mit dem Thema umgeht, hat SPIEGELblog ja auch schon mal thematisiert, siehe http://www.spiegelblog.net/spiegel-online-offenbart-in-sachen-guantanamo-ein-rechtsverstandnis-das-an-das-der-bush-regierung-erinnert.html.

    Vor diesem Hintergrund kann man eine solche Überschrift nicht als Lapalie abtun.

    Im Übrigen geht es hier nicht primär darum, wie sehr der Spiegel Guantanamo kritisiert, sondern in erster Linie darum, dass der Spiegel immer wieder in Artikeln durchsickern lässt, in Guantánamo säßen tatsächlich Schwerstverbrecher. Genau dasselbe versuchen die Neokons unentwegt, und von daher wandert der Spiegel hier auf deren Pfaden.

    Dass in Deutschland jemand wie Schäuble überhaupt öffentlich gegen die Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen pöbeln darf, ohne dass er moralisch geköpft wird, ist doch gerade auch regierungstreuen Medien wie dem Spiegel zu verdanken.

    Was meinen Sie denn, warum den Spiegel z.B. auch das Thema Wahrheistkommission über die Bush-Regierung nicht die Bohne interessiert (siehe http://www.spiegelblog.net/wahrheits-kommission-uber-die-bush-regierung-interessiert-den-spiegel-nicht.html)? Man wagt sich eben an der Brandstwiete 19 in Hamburg nur so weit gegen die Machtcliquen vor, wie unbedingt nötig! Und zugleich spielt man ihnen zu, u.a. mit so fatal-falschen Überschriften wie „Guantanamo ist das Alcatraz der Moderne“…

    Wahscheinlich fänden sie es auch nicht kritikwürdig, wenn der Spiegel andere Unrechts-Knäste der Weltgeschichte mit Alcatraz gleichsezten würde. OK, demnach wären also auch alle als Hexen gebrandmarkte Menschen genau wie Leute wie Sacharov oder gar Ossietzky, der im KZ saß und umkam, mit Al Capone gleichzusetzen. Alles willkürlich zusammenkippen und einfach draufkloppen… während die wahren Verbrecher dieser Welt in Saus und Braus leben und davonkommen…

  6. egal sagt:

    ich finde den vergleich aus einem anderen grund absolut unpassend: alcatraz ist berühmt für die hohe sicherheit, guantanamo für folter.

  7. Karl J. sagt:

    ich möchte mich sehr für diesesn tollen Blog bedanken. Der endlich mehr Licht in das Mysterium Spiegel bringt. Weiter so!!

  8. Marc sagt:

    Warum ist Guantanamo denn umstritten? Weil es die (linken) Medien – unter anderem der Spiegel – von Anfang an verleumdet haben. In Wahrheit ist ein solches Lager (leider) nach wie vor eine Notwenigkeit und seine (u.a. vom Spiegel propagierte) Schließung ein schwerwiegender Fehler. DAS würde ich gerne in diesem Blog lesen.

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