Journalist P. Saineth bestätigt: vom SPIEGEL erteilter „Freispruch“ für Gen-Baumwolle als Ursache für Selbstmorde ist haltlos

  13. Februar 2009, von T. Engelbrecht

Ende Dezember 2008 berichtete SPIEGELblog, dass der „Freispruch“, den der SPIEGEL der Gen-Baumwolle im Zusammenhang mit den vielen Selbstmorden indischer Farmer erteilt hat (siehe Ausriss), „faktisch nicht haltbar“ ist. Dass ein solcher „Freispruch“ haltlos ist, hat nun auch der bekannte indische Journalist Palagummi Sainath, der für The Hindu schreibt und 2007 den Ramon Magsaysay Award erhalten hat, in dem Beitrag „Neo-Liberal Terrorism in India: The Largest Wave of Suicides in History“ dargelegt.

Gentech-Business stützt den Kontext, der für die Freitode verantworlich zeichnet
Dass Gen-Baumwoll-Business und Selbstmorde in Zusammenhang stehen, ist im Grunde auch leicht zu erkennen. Dafür muss man nur einen genaueren Blick in die IFPRI-Studie werfen, auf die sich der SPIEGEL beruft. Dabei zeigt sich, dass die die Autoren der IFPRI-Studie mit den Kritikern der Gen-Pflanzen wie Greenpeace, GMWatch, Vandana Shiva, dem Centre for Sustainable Agriculture oder der Deccan Development Society darin übereinstimmen, dass es letztlich das gesamte Umfeld, in dem auch die Gen-Baumwolle angebaut wird, ist, das die Bauern in die Schuldenfalle und damit in den Selbstmord treibt. Dieses Umfeld ist charakterisiert durch das Fehlen eines Sicherheitsnetzes (Versicherungen, Subventionen), mangelhafte Kreditmöglichkeiten, hohe Inputkosten für Saatgut, Dünger oder Pestizide, eine hohe Schuldenlast, unzureichende Ausbildung, aggressives Marketing der Agro-Konzerne, unstete Wetterbedingungen, Mangel an Bewässerungssystemen und Korruption.

Und weil das Gen-Baumwoll-Business diesen Kontext stützt oder sogar begünstigt, steht die Gentech-Baumwolle sehr wohl in ursächlichem Zusammenhang mit den Selbstmorden der indischen Farmer – was sich auch darin ausdrückt, dass die Selbstmordrate seit Einführung der Gen-Baumwolle im Jahr 2002 in Indien unverändert hoch liegt (bei wohlgemerkt stetig abnehmender Zahl an indischen Kleinbauern).

Sainath: Gen-Baumwolle ist nicht der einzige, aber ein weiterer zentraler Treiber für die Selbstmorde
Sainath bestätigt das exakt. Seine zentralen Aussagen über den Zusammenhang von Agro- bzw. Gen-Baumwoll-Business und Selbstmorden sind:

1. Wesentlicher Treiber für die Selbstmorde sind die Schulden der Kleinbauern. Die Kleinbauern geraten in diese Schuldenfalle aufgrund der unheilvollen Zustände (fehlendes Sicherheitsnetz, hohe Preise für Saatgut und Dünger etc.). Sainath hat immer wieder darauf hingewiesen, dass der Einfluss von Gentech-Konzernen wie Monsanto in diesem Zusammenhang verheerend ist, weil das Agro-Business die Preise hoch hält bzw. nach oben treibt und damit auf die Schuldenlast der Farmer drückt. Dies gilt besonders für Zentren des Baumwollanbaus wie Maharashtra, wo Regenfeldbau die Norm ist.

2. Gen-Baumwolle ist bei weitem nicht der einzige Faktor, der Bauern in den Freitod treibt, aber sie ist ein weiterer zentraler Treiber für die größte Selbstmordwelle in der Geschichte Indiens.

3. Seit Einführung der Gen-Baumwolle in Indien im Jahr 2002 ist es zu deutlich mehr Selbstmorden gekommen als in den Jahren 1997 bis 2001, in denen es noch keine Gen-Baumwolle gab.

 

Ein Kommentar zu “Journalist P. Saineth bestätigt: vom SPIEGEL erteilter „Freispruch“ für Gen-Baumwolle als Ursache für Selbstmorde ist haltlos”

  1. Benedikt sagt:

    Sehr gut. Zum Thema übrigens auch empfehlenswert ist der Arte-Film „Monsanto-mit Giften und Genen“ zu sehen bei Google-Video. Hier gehen die Autoren im hinteren Teil des Filmes u.a. genauer auf das Thema Selbstmord ein.

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