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Klima und IPCC: Der SPIEGEL nimmt es bei seiner Kritik an den etablierten Klimaforschern mit den Fakten offenbar nicht so genau

Ohne Frage: Das Klima ist ein äußerst komplexes Phänomen – und genau so verhält es sich bei der Klimaforschung. Vorhersagen in Bezug auf das Klima sind daher [1]sicher nur schwer zu treffen. Fest steht auch, dass beim Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC; Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderung – im Deutschen oft als Weltklimarat  bezeichnet) einiges im Argen liegt. Und nicht zuletzt ist es bedenklich, dass die Umweltschutzdebatte von der Klimathematik dominiert wird, sodass andere zentral wichtige Themen wie die Zerstörung der Regenwälder oder die Ausbreitung der Gentechnik in der Landwirtschaft viel zu sehr in den Hintergrund rücken (zumal das Klima nicht isoliert zu betrachten ist von der Abholzung der Regenwälder etc.).

Eine Kritik an der etablierten Klimaforschung ist also angebracht, nur sollte diese penibel bei den Fakten bleiben – nicht zuletzt, weil die Kritik an der Klimaforschung auch von mächtigen Interessengruppen bzw. Konzerne wie ExxonMobil manipuliert wird, wie etwa die Süddeutsche kürzlich noch mal aufzeigte [2]. Doch mit den Fakten hat es der SPIEGEL in seinem Beitrag „Die Wolkenschieber“, der in der aktuellen Printausgabe auf S. 140 beginnt und gerade auch online als Aufmacherbeitrag erschienen ist (siehe auch Screenshot), offenbar nicht so genau genommen.

SPIEGEL blendet z.B. Lobbyverquickungen aus
So hat z.B. der Klimaforscher Stefan Rahmstorf auf WISSENSlogs eine detaillierte Kritik zu dem SPIEGEL-Beitrag verfasst: „Klimaforscher-Bashing beim SPIEGEL [3]. SPIEGELblog hat daraufhin die Autoren des SPIEGEL-Artikels angeschrieben und um eine Stellungnahme zu Rahmstorfs Kommentar gebeten. Leider kam bis dato keine Antwort vom Nachrichtenmagazin.

Die wichtigsten Kritikpunkte von Rahmstorf sind:

# Dem bekannten US-Forscher Michael Mann macht der SPIEGEL den rufschädigenden Vorwurf, er habe bei einer Fachpublikation 1999 „gemogelt“. Das ist ein Vorwurf seitens eines der Ressourcenindustrie nahestehenden Klimaskeptikers, Steve McIntyre, dessen Lobby-Verquickungen z.B. auf deepclimate.org dargestellt sind [4]. Dieser Vorwurf wurde etwa 2006 von der National Academy untersucht und für falsch und unbegründet befunden. Der SPIEGEL präsentiert McIntyre als Lichtgestalt.

# Der SPIEGEL behauptet, im Mittelalter sei es doch wärmer gewesen als jetzt – ohne jedoch konkrete Gründe zu nennen. „Viel spricht dafür“, schreibt der SPIEGEL – aber was tatsächlich dafür spricht, wird nicht ausgeführt. Auch widerspricht diese Behauptung sämtlichen wissenschaftlichen Studien.

# Zum IPCC-Bericht wird vom Nachrichtenmagazin behauptet, dieser habe eine Zunahme der Zahl der Tropenstürme vorhergesagt, was sich nun als falsch erweise. Tatsächlich hat der IPCC-Bericht eine Abnahme der Anzahl von Tropenstürmen vorhergesagt, was sich jetzt weiter erhärtet hat (ebenso wie die vorhergesagte Zunahme in der Sturmstärke).

# Außerdem werden eine Reihe weiterer angeblicher Ungereimtheiten beim IPCC genannt, an denen nichts dran ist. Zum Beispiel sei die „angebliche Zunahme von Naturkatastrophen“ schlecht belegt, was aber gar nicht stimmt, denn bei dieser Diskussion geht es um eine völlig andere Frage: Kann man in den Statistiken über finanzielle Schäden durch Naturkatastrophen einen statistisch signifikanten Beitrag des Klimawandels nachweisen? Das ist deswegen schwer, weil erstens Naturkatastrophen selten sind und zum statistischen Nachweis von Änderungen eine große Zahl benötigt wird, und zweitens andere Faktoren (Wertezuwachs in gefährdeten Regionen) zu dem beobachteten starken Anstieg der Schadenszahlen dominant beitragen.

# Und nicht zuletzt macht der SPIEGEL dem britischen Klimaforscher Phil Jones Unterstellungen, die durchaus als polemisch zu bezeichnen sind. Bemerkenswert in diesem Zsh. ist auch, dass Jones gerade durch das britische Unterhaus von allen Vorwürfen seitens der „Klimaskeptiker“ freigesprochen wurde.

Vielleicht finden die Autoren des SPIEGEL-Beitrags ja noch die Muße, um auf Rahmstorfs Kritik einzugehen.