Mega-Drogenfund in der Karibik: Wie SPIEGEL TV um der Dramatisierung willen die Unwahrheit erzählt

  01. Oktober 2009, von T. Engelbrecht

(Mit Dank an Christian D.)

Gleich zu Beginn des Berichts „Kokain in der Karibik: Royal Navy schießt scharf“ von SPIEGEL TV, zu sehen auf SPIEGEL Online, heißt es:

„Nur mithilfe gezielter [Maschinengewehr-)Schüsse konnte die britische Fregatte HMS Iron Duke in der Karibik einen alten [mit Drogen beladenen] Fischkutter zum Stoppen zwingen.“ Zu sehen ist dabei folgendes: Aus dem Blickwinkel eines Helikopters der British Royal Navy (Kriegsmarine Großbritanniens) wird mit einem großkalibrigen Schnellfeuergewehr ein kleinerer Fischkutter (MV Cristal) beschossen, bei dem die einschlagenden Projektile Explosionen und Rauch erzeugen. Nach diesem kriegsähnlichen Feuerbeschuss, so SPIEGEL TV, hätten die Soldaten das Schiff  durchsucht und dabei hinter einer Betonwand 5,5 t Kokain gefunden.

Die Royal Navy, die BBC und Sky News erzählen die Story entscheidend anders als der SPIEGEL
Doch so reißerisch diese Darstellung der Ereignisse, so falsch ist sie. In Wahrheit nämlich sah es so aus: Der Fischkutter mit den Drogen wurde gestoppt und einen Tag lang durchsucht. Dabei fand man 5,5 t Kokain mit einem Marktwert von ca. 260 Mio. €. Nachdem die Maschine des Motorschiffes Cristal nicht wieder flott gemacht werden konnte, wurde das Schiff durch gezielten Beschuss von einem Helikopter aus versenkt.

Genau so steht es auch im offiziellen Bericht der Royal Navy „Drug Smugglers Hit By Royal Navy In Massive Cocaine Seizure“: „The narcotics and detainees were subsequently transferred to the HMS Iron Duke under the custody of the US Coast Guard Law Enforcement Detachment. The MV Cristal, in a poor state of repair and having suffered repeated equipment failure, lost all power and could not be restarted. She was destroyed by gunfire to prevent her being a hazard to nearby shipping.“

Und auch die britische BBC erzählt es entscheidend anders als der SPIEGEL in ihrem Videobeitrag „Navy seizes cocaine ‚worth £240m'“: „The final moments of the MV Cristal after her crew had been taken off and her drug’s cargo had been confiscated“ (Hervorhebung durch SPIEGELblog).

Man kann sich also nur wundern, dass der SPIEGEL die Boulevardisierung mit derart reißerischen Verdrehungen vorantreibt. Selbst das Flagschiff der britischen Yellow-Press, Sky News, ließ sich in seinem Bericht „Royal Navy In Record £240m Cocaine Bust“ nicht zu einer überdramatisierten bzw. Falschdarstellung der Ereignisse hinreißen…

 

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