Schwarze und Nikotinsucht: der SPIEGEL mit rassistischer Entgleisung

  27. Juli 2009, von T. Engelbrecht

(Mit Dank an Peter Dohlen)

Wir haben schön öfter darauf hingewiesen: Wenn es um so Dinge wie Mobilfunk oder Gentechnik geht, hinter denen mächtige Industrien und u.U. auch Anzeigenschalter stehen, dann hält sich der SPIEGEL mit Kritik gerne zurück bzw. kanzelt die Bedenken von Menschen, die auf mögliche Gefahren dieser Technologien hinweisen, damit ab, die Gefahren seien ja noch nicht endgültig bewiesen (siehe z.B. SPIEGELblog-Bericht „Der SPIEGEL: Schoßhund im Elfenbeinturm?“). Auf der anderen Seite ist sich das Nachrichtenmagazin immer wieder nicht zu schade, jede noch so haltlose Spekulation von Wissenschaftlern, die sich mit abstrusesten Dingen beschäftigen, kritiklos an die Leserschaft weiterzugeben. Ein aktuelles Beispiel: Die Meldung „Macht dunkle Haut süchtig?“ aus der Printausgabe 24/2009 (Seite 120, siehe Screenshot).

Darin heißt es, US-Forscher würden „vermuten, dass es einen Zusammenhang zwischen Hautpigmentierung und Nikotinsucht gibt. Bei einer Studie mit 150 Teilnehmern fanden Wissenschaftler von der Pennsylvania State University heraus, dass Probanden mit höheren Konzentrationen des Farbstoffs Melanin in der Haut im Schnitt mehr Zigaretten konsumierten, stärker abhängig waren und auf die beim Rauchen entstehenden krebserregenden Stoffe empfindlicher reagierten als Vergleichspersonen mit hellerer Hautfarbe.“

Der SPIEGEL blendet soziokulturelle Faktoren im Zsh. mit Nikotinsucht einfach aus
Das Problem dabei: Diese Aussage ist nichts anderes als eine reine Vermutung. Wieso also wird daraus eine Meldung gemacht – nicht zuletzt, wenn man bedenkt, dass man als sensibel denkender Mensch ganz besonders zurückhaltend sein sollte, wenn es darum geht, Schwarze in irgendeiner Weise zu stigmatisieren? Zudem fragt man sich voller Verwunderung, wieso in dem SPIEGEL-Beitrag soziokulturelle Faktoren vollkommen ausgebelendet bzw. gar nicht erwähnt werden. Der Blog „braune mob e.V. media-watch – schwarze deutsche in medien und öffentlichkeit“ hat die Kritik an der SPIEGEL-Meldung treffend zusammengefasst:

„Klar: Ob und in welcher Frequenz jemand raucht oder nicht, liegt nicht daran, wieviel Stress die Person hat, ob seine oder ihre Eltern geraucht haben oder ob man rauchfrei öffentlich repräsentiert wird (man nennt das “soziokulturelle” Faktoren, wenn man das Wort buchstabieren kann). Sicher hat es auch nichts damit zu tun, wen die Gesundheitsindustrie in ihrer Werbung offensiv anspricht. Denn es ist ja auch ganz egal, welche Gruppen dazu ermutigt werden, gesund zu leben. Noch egaler ist nur, ob man selbst so einer Gruppe angehört oder nicht und Journalismus damit verwechselt, alles abzutippen, was man kurios findet. Den Historischen Kontext solcher pseudowissenschaftlicher Ausfälle sowie kleinere gesellschaftliche Aufgaben der Berufszunft darf man dabei ruhig mal links liegen lassen.

Schwarze Menschen sind ja auch eine Rasse, eine amorphe homogene Gruppe, und ihr dominierendstes biologisches Merkmal ist die Hautfarbe. Ganz anders übrigens als bei Weißen. Daher kann man ruhig mal eben das Gehirn ausschalten und einen offensichtlich Verwirrten unkommentiert zitieren, der findet, dass wenn eine Sache Schwarze Menschen betrifft, dies sicher ursächlich auf ihre Pigmentierung zurückzuführen ist. Soziale Benachteiligung, Druck durch strukturellen Rassismus, verwehrte Chancen durch institutionellen Rassismus, Stress, soziokulturelle Gegebenheiten… können ruhig ausgeblendet werden, wenn man der Typ dafür ist. Es sind ja alles auch nur ganz ganz kleine Faktoren.

Nun sollte aber auch dringend einmal der Zusammenhang zwischen weißen Menschen und Zerrungen beim Nordic Walking sowie bei Segway-Unfällen veröffentlicht werden: Melaninmangel ist ein deutlicher Indikator für Koordinationsschwierigkeiten. Mutierte Gene wie z.B. blaue Augen deuten darauf hin, dass auch ansonsten in der internen Chemie einige Besonderheiten bestehen. Ein Eindruck, den der SPIEGEL mit solchen Artikeln zu bestärken vermag.“

 

Ein Kommentar zu “Schwarze und Nikotinsucht: der SPIEGEL mit rassistischer Entgleisung”

  1. Die flinken Kenianer entlarvt von den cleveren Deutschen | Kopfkompass sagt:

    […] dass man übersieht, wie unerträglich lächerlich es ist, wissenschaftlich belegen zu wollen, dass Schwarze stärker zur Nikotinsucht tendieren, oder – und das lohnt sich nicht zu belegen, weil es beinahe in jeder Ausgabe passiert – dass […]

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