Mobilfunk und Krebs: Oberstes Gericht in Italien bestätigt Zsh. von Handystrahlung und Hirntumor – und der SPIEGEL schaut mal wieder weg

  29. Oktober 2012, von T. Engelbrecht

Allein in Berlin beschäftigt die Telekom 100 Lobbyisten, um Abgeordnete, Ministerien und die Regie­rung auf Linie zu halten.
Wirtschaftwoche„Wie die Telekom die Politik im Griff hat“, 23. Mai 2012

„Und man muss wissen: Diesel­ben Lobbyisten in den Ministerien, die uns jahrzehnte­lang über die Gefahren der Atomkraft getäuscht haben, leiten heute den Strahlenschutz im Bereich elektromag­nescher Felder, also im Mobilfunk.“
Diagnose Funk, Stellungnahme zum Bericht der Bundesregierung, 4. Dez. 2011

„Das Urteil des höchsten Gerichts in Brescia unterstreicht die Diskrepanzen zwischen dem geringen Risiko [von Handystrahlung], das gemäß industriefinanzierten Studien besteht, und den stärkeren Risiken, die in unabhängigen Studien wie die der schwedischen Gruppe unter Leitung des Epidemiologen Lennart Hardell festgestellt werden.“
Internationale Kommission für elektromagnetische Sicherheit (ICEMS), Kommentar zum Urteil des obersten Gerichts in Italien, 29. Okt. 2012

Diagnose Funk berichtet, was der SPIEGEL in seiner mobilfunkindustriefreundlichen Berichterstattung ausblendet: über ein Urteil des obersten Gerichts in Italien, das einen Zsh. zwischen Handystrahlung und einem Gehirntumor als bewiesen ansieht

Wenn es um das Thema Handystrahlung und Krebs geht, so könnte die Berichterstattung, wie sie der SPIEGEL an den Tag legt, kaum unseriöser sein. Da beruft man sich mit Vorliebe auf einen industrienahen Forscher, erhebt haltlose Vorwürfe, blendet die Ergebnisse von unabhängigen Studien aus, geriert sich wie eine PR-Abteilung der Mobilfunkindustrie usw. (SPIEGELblog berichtete mehrfach). Diese Art der Berichterstattung ist im Grunde ein Skandal, denn gerade Medien wie der SPIEGEL haben ja eigtl. die Aufgabe, Industrien wie der Mobilfunkbranche penibel auf die Finger zu schauen und vehement Belege dafür einzufordern, dass Handystrahlung nachweislich(!) auch auf lange Sicht unschädlich ist für den Menschen. Solche Belege gibt es aber nun mal nicht – doch den SPIEGEL interessiert das gar nicht.

Da verwundert es kaum noch, dass der SPIEGEL selbst höchstrichterliche Urteile ausblendet, die der Handystrahlung ein regelrecht vernichtendes Urteil ausstellen. So hat das höchste Gericht in Italien, das „Corte di Cassazione“ (3. Instanz), am 1. Oktober 2012 das Urteil des Berufungsgerichts von Brescia bestätigt, wonach die italienische Berufsgenossenschaft (INAIL) den Kläger Herrn Marcolini – einen Arbeiter, der nach jahrelanger Handynutzung an einem Hirntumor litt – entschädigen muss. Und so sah es auch das oberste Gericht Italiens als bewiesen an, dass der Gehirntumor des Klägers auf seine Handynutzung zurückzuführen ist.

Auch die massive Lobbyarbeit und die Diffamierungen der Mobilfunkindustrie sind für den SPIEGEL kein Thema – statt dessen berichtet man z.B. lieber über die „PR-Offensive von Range Rover“
„Mit diesem Urteil sind auch die Versuche der Industrie gescheitert, mit Gefälligkeitsgutachten diesen Zusammenhang zu verschleiern und industrieunabhängige Forschungsergebnisse zu diffamieren“, so die mobilfunkkritische Organisation Diagnose Funk. „Bereits nach der Eingruppierung der nichtionisierenden Strahlung als ‚möglicherweise Krebs erregend“‚ durch die WHO im Mai 2011 zeigte sich die Europäische Umweltagentur besorgt über die weltweite Kampagne der Mobilfunkbetreiber mit dem Ziel, diese Eingruppierung durch Diffamierungen rückgängig zu machen. Doch die italienischen Richter haben sich nicht von Lobbyisten unter Druck setzen lassen und Unabhängigkeit bewahrt. Dieses Urteil bekräftigt die Beschlüsse des Europarlaments, des Europarates, die Appelle und Frühwarnungen der Europäischen Umweltagentur.“

Doch selbst derartig massive Lobbyarbeit der Mobilfunkindustrie, die im Grunde (der Versuch der) Korruption ist, interessiert den SPIEGEL nicht. Stattdessen ist man in seiner aktuellen Print-Ausgabe in der Rubrik „Wissenschaft“ lieber damit beschäftigt, seine Leser über so spannende Dinge „aufzuklären“ wie die „PR-Offensive von Range Rover“.

Interessanter Link zum Thema:

# Das Positionspapier der Internationalen Kommission für elektromagnetische Sicherheit (ICEMS) zu dem Urteil des obersten Gerichts in Italien (der ICEMS ist ein Zusammenschluss weltweit führender industrieunabhängiger Wissenschaftler und Lehrstuhlinhaber mit Sitz in Venedig)

 

Ein Kommentar zu “Mobilfunk und Krebs: Oberstes Gericht in Italien bestätigt Zsh. von Handystrahlung und Hirntumor – und der SPIEGEL schaut mal wieder weg”

  1. Mikrowellenstrahlung sagt:

    Verharmlosung und Entwarnung zu gesundheitlichen Risiken von Mobilfunk bzw. Mikrowellenstrahlung hat Tradition beim SPIEGEL, wie dieser Artikel aus dem Jahr 1985 verdeutlicht.

    „Platz für Narren
    Sind Mikrowellen gesundheitsschädlich? Eine westdeutsche Forschergruppe überprüfte die Behauptung.“

    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13513808.html

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