SPIEGEL Online macht mit Trauer um die getötete Iranerin Neda Agha-Soltan auf – lässt aber die Verwicklungen von Nokia Siemens Networks erneut unerwähnt

  23. Juni 2009, von T. Engelbrecht

„Propagandaschlacht um die Heldin des neuen Iran“ titelt SPIEGEL Online aktuell (siehe Screenshot). Darin geht es um die getötete Iranerin Neda Agha-Soltan, die zum Symbol der Brutalität geworden ist, mit dem das iranische Regime gegen das eigene Volk vorgeht. Ein mit einer Handykamera aufgenommener Film soll die letzten Augenblicke der 26-jährigen zeigen: Wie sie, anscheinend von einer Kugel in die Brust getroffen, zu Boden sinkt (siehe Video).

Eamonn Fitzgerald von Spotlight: „Next time you take a cool drink from that big Siemens refrigerator, think about Neda.“
Beschuldigt wird also das brutale Mullah-Regime im Iran. Sollten die Anschuldigungen stimmen, so wäre diese Ermordung schlicht verabscheuenswürdig. Wer aber hat mit den Teufeln im Iran Geschäfte gemacht und Ihnen sogar Technologien geliefert, damit sie ihr eigenes Volk möglichst effizient ausspionieren und die Kommunnikation der Demonstranten stören können? Ja, es waren westliche Konzerne, namentlich Nokia und Siemens – ein Umstand, den SPIEGEL Online aber erneut unter den Tisch fallen lässt (siehe SPIEGELblog-Bericht.

Eamonn Fitzgerald hingegen konstatiert heute auf der Website des Magazins Spotlight treffend: „The next time you make a call on that nice Nokia phone of yours, as you take a cool drink from that big Siemens refrigerator, think about Neda. Her name means ‚voice‘ in Farsi. Except she doesn’t have one any more.“

AP: „Iran is big business for Europe“
Die Verwicklungen von global agiernden Großkonzernen und deren Politikermarionetten auf aller Welt wäre im Übrigen locker eine eigene SPIEGEL-Titelstory wert (doch da traut sich das journalistisch erschlaffte Blatt einfach nicht heran). So schreibt Matt Moore von Associated Press heute:

„Iran is big business for Europe – with some €14.1 billion worth of goods sent to the country in 2008-, whose companies sell it everything from rail equipment to turbines and even cell phone technology that has been used to block communications between protesters seeking to overturn disputed election results. But while European governments have expressed outrage over Tehran’s bloody crackdown on the demonstrations, lucrative business interests will make them think twice about taking tough action like imposing sanctions.”

 

5 Kommentare zu “SPIEGEL Online macht mit Trauer um die getötete Iranerin Neda Agha-Soltan auf – lässt aber die Verwicklungen von Nokia Siemens Networks erneut unerwähnt”

  1. Johphil sagt:

    „Rageh Omaar inside Iran“

    Interessante BBC Reportage über den Alltag in Teheran

    http://video.google.com/videoplay?docid=9161934809152225169

  2. andi sagt:

    Interessanter Hinweis von Alles-SchallUndRauch zum aktuellen Spiegel-Cover (auch wenn man nicht allen Argumenten des Beitrags folgt):

    http://alles-schallundrauch.blogspot.com/2009/06/der-schmiergel-ist-genau-das.html

    Da ist wirklich eine sehr sehr sehr unprofessionelle Mischung auf dem aktuellen Cover: Tendenziös, unpräzise, geradezu unpolitisch (wohl eher populistisch zu nennen), unverantwortlich und uninformiert (damit meine ich die Mischung sunnitischer und schiitischer Einflussphären .. ein Graus, dass gar auf dem Cover gleich zu erkennen).

  3. C.S. sagt:

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,631862,00.html

  4. SPIEGELblog sagt:

    @ C.S.

    Danke für den Hinweis, hatten wir aber gestern schon gesehen, siehe das „PS“ zu unserem Beitrag „Rebellion im Iran: Wie der SPIEGEL die Rolle von Nokia Siemens Networks bei der Installation des Bespitzelungssystems der Mullahs verschweigt“ unter http://www.spiegelblog.net/rebellion-im-iran-wie-der-spiegel-eine-mogliche-rolle-von-nokia-siemens-networks-bei-der-installation-des-bespitzelungssystems-der-mullahs-verschweigt.html.

    Das Problem ist also nicht nur, dass der SPIEGEL das Thema Nokia Siemens Networks nicht nur erst nach unserem ersten Blog-Beitrag zum Thema „Rebellion in Iran“ online gestellt hat, sondern das Thema auch gleich wieder zur Seite geschoben hat. Sprich, der SPIEGEL schenkt dem Thema „Wie klüngeln Großkonzerne wie Nokia und Siemens mit den ‚Teufeln‘ im Iran?“ im Grunde keine Aufmerksamkeit – und erst recht nicht im Zsh. mit der Ermordung der Iranerin Neda Agha-Soltan. Auch in der aktuellen Top-News auf SPIEGEL Online – „Geistliche in Iran: Eine Regierung, die sich auf Lügen stützt“ taucht Nokia Siemens Systems nicht auf (und genau so wenig in den unter der Top-News platzierten Artikel-Links!).

    Ganz anders, wie in obigen zweiten Blog-Beitrag zu Iran von uns erwähnt, z.B. die Zeitschrift Spotlight, die da völlig zu Recht schreibt:

    „The next time you make a call on that nice Nokia phone of yours, as you take a cool drink from that big Siemens refrigerator, think about Neda. Her name means ‘voice’ in Farsi. Except she doesn’t have one any more.“

    Wer also von den Unruhen im Iran redet und die Rolle der Großkonzerne permanent ausblendet, erzählt nur die halbe Wahrheit.

  5. langsam langts sagt:

    So tragisch auch der Tod der im Iran getöteten Frau ist, der Vorfall wird nur benutzt und passt einfach gerade ins Konzept und wird deshalb ausgeschlachtet. Wenn es sich um den Tod anderer Menschen handelt, die auch auf Demonstrationen getötet werden, kräht danach kein Hahn. Wenn z.B. die Israeli einen demonstrierenden Palästinenser töten, gibt es keinen Aufschrei in der Welt. Niemand ruft hier zur Ordnung, schon gar nicht aus Deutschland.

    Hier der Tod von Bassem Abu Rameh. Von einem Israelischen Grenzsoldaten mit einer Gasgranate erschossen. Im Gegensatz zu Neda ist hier der Mörder sogar bekannt! Stand bei uns in keiner Zeitung! Kein Politiker hat daran Anstoß genommen.

    http://www.youtube.com/watch?eurl=http%3A%2F%2Falles-schallundrauch.blogspot.com%2F&feature=player_embedded&v=XlbzuZ_50mU

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