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Stuttgart 21: SPIEGEL macht sich einseitig zum Sprachrohr der Befürworter des Milliardenprojekts

Die Protagonisten des milliardenteuren Bahnhofsprojekts Stuttgart 21 geraten immer mehr in Bedrängnis und Erklärungsnot. [1]Und der SPIEGEL hat nichts besseres zu tun, als den Befürwortern in ihrer prekären Lage beizuspringen und auf seinem Onlineportal den völlig einseitigen Hauptaufmacher „Proteste gegen Milliardenprojekt: Stuttgarts OB Schuster wirft Bahnhofskritikern Panikmache vor“ [1] zu bringen (siehe auch Screenshot). Da haben wir es wieder, was Oliver Gehrs in seinem Buch “Der SPIEGEL-Komplex” auf S. 12 so treffend beschreibt: dass sich der SPIEGEL v.a. seit der Beginn der Ära Aust besonders gerne auf die Seite der „Topmanager aus Wirtschaft und Politik“ schlägt.

SPON listet ellenlang schwere Anwürfe gegen die Kritiker sowie die Pro-Argumente der Befürworter auf, ohne dies auch nur im Geringsten kritisch einzusortieren
Mit kritischem Journalismus hat dies nichts zu tun. Dabei liest sich das erste Zweidrittel des SPON-Artikel wie eine Pressemitteilung aus der CDU-Partizentrale. Da wird nicht nur ein Anwurf gegen die Kritiker von Stuttgart 21 nach dem anderen aufgezählt („Die Gegner schüren Ängste“, „Die Demonstranten sind ‚wohlstandsverwöhnt'“ etc.); auch dürfen Befürworter wie Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und Bundesverkehrsminister Ramsauer lang und breit ihre Argumente ins Feld führen. Und dies alles, ohne dass SPON dies auch nur im Geringsten wirksam kritisch einsortiert.

Zwar werden am Ende des Beitrags auch noch mal die Befürworter ins Spiel gebracht. Doch hat dies nicht wirklich eine Wirkung. Alleine die Zwischenüberschrift – „Neue Massenproteste sind geplant“ -, mit der der Abschnitt über die Gegner eingeleitet wird, ist absolut neutral gehalten und steht damit im krassen Widerspruch zu Überschrift, Vorspann und den ersten Absätzen des Artikels, die allesamt deftig daherkommen und klar zugunsten der Befürworter ausfallen.

Und wer liest gerade Online-Artikel schon wirklich zu Ende? Oft genug werden nur Überschrift, Vorspann und Beginn des Artikels gescannt…

Bravo SPIEGEL Online! Gut, dass es dich gibt. So brauchen wir uns vor Machtmissbrauch in diesem Lande nicht zu fürchten…

Wie kritischer Journalimus aussehen kann, zeigen andere Medien:

# Frontal21-Bericht „Milliardengrab Stuttgart 21“ [2]

# Artikel auf taz.de „Gutachten zu Stuttgart 21: Das Milliardengrab der Bahn“ [3]

Dass auch aus Stuttgart 21 sehr wohl ein richtiges Milliardengrab werden könnte, sofern es denn komplett durchgezogen wird, kann man sich übrigens leicht ausmalen. Dafür braucht man sich nur andere Großprojekte wie z.B. die Elbphilharmonie in Hamburg [4] anzuschauen. Auch bei diesen ist am Ende alles viel, viel teurer geworden als ursprünglich vorausgesagt. Und wer muss am Ende alleine dafür „bluten“? Der Steuerzahler! Und wer profitiert? Nicht etwa der Steuerzahler oder die Gesellschaft im Ganzen, indem Arm und Reich dadurch wieder ein Stück zusammenrücken, sondern die beauftragten Großkonzerne…