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Titelstory „Bild – Die Brandstifter“: SPIEGEL zitiert nur das Lob der taz in seinem „Rückspiegel“ – die Kritik hingegen spart man komplett aus

(Mit Dank an Dominik J.)

Der SPIEGEL-Titel „BILD – Die Brandstifter“ wurde zum Teil scharf kritisiert (siehe SPIEGELblog-Beitrag SPIEGEL-Cover “BILD – Die Brandstifter” erntet harsche Kritik – und einen Plagiatsvorwurf“ [1]). [2]Wie wohltuend würde es da wirken, wenn ausgerechnet die taz lobende Worte über die Titel-Story verlieren würde. Und in der Tat hat sich die taz dazu geäußert, und zwar in dem Artikel „Der SPIEGEL sieht BILD wieder kritisch: Boulevard des Bösen“ [2] (siehe Screenshot). Eine Passage daraus hat der SPIEGEL auch sogleich in seiner aktuellen Print-Ausgabe zitiert, und zwar auf der letzten Seite in der Rubrik „Rückspiegel“. Da heißt es u.a.:

taz-Kritik verdeutlicht: Auch der SPIEGEL kann ein Brandstifter sein
„Vorbei die Zeiten, als sich zwischen den Hamburgern vom SPIEGEL und den neu-Berlinern von BILD unter ihrem langjährigen Chefredakteur Stefan Aust so manche Blattlinien kreuzten. Gemeinsam verkämpfte man sich erfolglos gegen die Rechtschreibreform, propagierte den Politikverdruss der breiten Masse und schrieb Angela Merkel hoch. Unter seinen neuen Chefredakteuren Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron wird der SPIEGEL wieder spürbar linker. Welcome back.“

Allerdings hat der SPIEGEL nur die lobende Passage aus dem taz-Artikel abgedruckt, den Abschnitt mit der vehementen Kritik der taz wird hingegen komplett ausgespart. Zum Beispiel schreibt die taz gleich im Anschluss an das „Welcome back“:

„Natürlich fällt nach so langer Abstinenz das eine oder andere noch schwer: BILD den Sarrazin-Durchmarsch vorzuhalten, den der SPIEGEL auf seine Weise anfangs mindestens ebenso verlogen inszenierte, als er erst einen unkommentierten Vorabdruck brachte, um in den Folgewochen ‚Haltet den Dieb!‘ zu rufen – geschenkt.“

Und genau diese Beispiele zeigen, dass eben auch der SPIEGEL ein Brandstifter sein kann – und nicht nur die BILD

Die vom SPIEGEL zitierte lobende Passage aus dem taz-Artikel ist inhaltlich nicht einmal nachvollziehbar
Erschwerend kommt hinzu, dass die lobende Passage aus dem taz-Artikel zum Teil nicht einmal wirklich nachvollziehbar ist – etwa wenn es heißt, in der Aust-Ära hätten SPIEGEL und BILD „Angela Merkel noch gemeinsam hochgeschrieben“, unter Mascolo und Blumencron sei dies also nicht mehr so gewesen. Doch diese Sätze von taz-Redakteur Steffen Grimberg sind Augenwischerei, denn auch seidem Mascolo und Blumencron das Zepter beim SPIEGEL in der Hand (seit Anfang 2008), wurde Merkel vom selbsternannten „Sturmgeschütz der Demokratie“ hochgeschrieben. Noch Ende 2009 berichtete SPIEGELblog, wie der SPIEGEL Deutschland zum “guten, alten Merkelland, das so schonend ist für die Nerven seiner Bewohner” [3], verklärt (oder siehe auch den SPIEGELblog-Beitrag „Der SPIEGEL: Hofberichterstattung für Angela Merkel, die Zweite“ [4], ebenfalls von Ende 2009).

Das „Welcome back“, das die taz ihren Lesern so griffig anbietet und das der SPIEGEL werbewirksam aufgreift, scheint also nach wie vor verfrüht.