Tod von Steve Jobs: SPIEGEL preist Apple-Gründer als „Weltverbesserer“ – lässt aber die Toten in Apples China-Fabriken unerwähnt

  06. Oktober 2011, von T. Engelbrecht
Frontal21-Beitrag "Ausgebeutet für das iPhone", ZDF 4. Okt. 2011
Frontal21-Beitrag „Ausgebeutet für das iPhone“, ZDF am 4. Okt. 2011

Der Tod eines Menschen ist grundsätzlich tragisch, vor allem für die Angehörigen. Auch das Ableben von Apple-Gründer Steve Jobs mag für viele Menschen ein trauriges Ereignis sein. Und es ist durchaus legitim als Medium darüber zu berichten, immerhin hat Jobs mit seinem Unternehmen aus rein wirtschaftlicher Sicht Großes geschaffen.

Doch wie kann SPIEGEL Online in der Headline seines aktuellen Hauptaufmachers (10.30 h) Steve Jobs so einfach als „Weltverbesserer“ in die Höhe heben*, wo doch z.B. in den Apples Zulieferfabriken in China die Mitarbeiter zum Teil unter unmenschlichen Bedingungen schuften müssen? Wie etwa Frontal 21 am Dienstag berichtet (siehe auch Screenshot), schuften sich Arbeiter dabei sogar zu Tode.

Wieso lässt SPIEGEL Online diese Toten unerwähnt? Und kann man ernsthaft behaupten, dass ein Mensch ein „Weltverbesserer“ ist, wenn er seinen Erfolg auf der brutalen Ausbeutung anderer Menschen aufbaut?

* Nachdem wir unseren Blog-Beitrag verfasst hatten, hat SPIEGEL Online das Wort „Weltverbesserer“ gelöscht – übrig geblieben sind nur noch die Forums-Beiträge zu der Headline bzw. dem Artikel. In seinem neuen Aufmacher (12 h) lobpreist SPON „Steve Jobs‘ Wertesystem“ und huldigt den Apple-Gründer als „größten praktischen Philosophen des 21. Jahrhunderts“, womit das Nachrichtenportal allerdings in denselben religiös-verehrerischen Ton verfällt, der für die geschundenen Arbeiter in China ebenso wie der blanke Hohn klingt…

 

9 Kommentare zu “Tod von Steve Jobs: SPIEGEL preist Apple-Gründer als „Weltverbesserer“ – lässt aber die Toten in Apples China-Fabriken unerwähnt”

  1. severint sagt:

    Ich selbst bin auch eher Apple- und Steve-Jobs kritisch eingestellt. Es gehört aber zu den guten Gepflogenheiten, zunächst zu einem Toten keine schlechtes Wort zu verlieren und trauern zu lassen.

  2. Saurer Apfel sagt:

    @ severint

    Es geht ja nicht darum, dass Medien wie der Spiegel schlechte Worte über Steve Jobs verloren hat. Vielmehr ist die Kritik, dass hier jemand in den Himmel gehoben wird, der maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass andere Menschen (die Fabrikarbeiter in China) durch die Hölle gehen müssen.

  3. werner3 sagt:

    SPON-Forum

    Mein Beitrag #246 um 10:42 mit dem Titel „Steve Jobs – ein ungeheuerlicher Zyniker“ ging noch durch, oh Wunder.

    Als ich dann um 11:23

    „Die Apple-Rechnung für das iPhone 4

    …178$ Kosten der Teile
    …….7$ Löhne für die Monatage in China
    …560$ Verkaufspreis

    …375$ Gewinn für Apple

    Würde Apple zu 10fach höheren Löhnen produzieren, bliebe immer noch ein Brutto-Gewinn von 50%.“

    aufmachte, an der das ganze Ausmaß der Gier deutlich wird, war das nicht mehr veröffentlichungsfähig. Da half auch ein Nachsetzen um 12:17 nichts. Anschauliche Fakten, die das Ausmaß verdeutlichen, schnell aufnehmbar und wirkungsintensiv sind, mag man nicht. Dieser Kapitalismus ist nicht menschenfeindlich, jedenfalls nicht für SPON.

    Meine Antwort auf 12_Apostel #312 um 12:13

    „Schuldverschiebebahnhof

    1. Sie sollten nicht von Pietät im Zusammenhang mit dem Tod eines solchen Exemplars unserer Gattung sprechen, das ist völlig daneben.

    2. Diese unsäglichen Bedingungen in dieser Welt, wie sie sich tatsächlich verstärkt rund um den Globus seit 1990 entwicklen, haben nicht die einfachen Menschen zu verantworten, deren physische Existenz in China wie in Deutschland, wie in den USA und wie überall von der bedingungslosen Unterwerfung unter die gnadenlose Macht einer kleinen Gruppe auf Gedeih und Verderb abhängt.

    Uns Sklaven des Globalen Kapitalismus die Schuld zuzuschieben, ist infam. Die Schuld ist und bleibt dort, wo sie zu verorten ist: Bei den Kapitalisten und Managern des Kapitals und ihren Helfern in Politik und Medien – diesem Herrschaftssystem einer Weltoligarchie.

    Ich empfehle Ihnen in der 3sat Mediathek den Beitrag aus der Reihe Scobel „Wegwerfmenschen – moderne Sklaverei heute“

    Da wird sehr schön erklärt, daß das alles so gewollt ist und die Politiker nicht interessiert sind, daran etwas zu ändern. Wir alle werden in ein System gezwungen, das man dann entlastend Demokratie nennt. Diese System hat keinen Bestand, da bin ich mir ganz sicher. Es ist nur die spannende Frage, unter welchen Bedingungen es zusammenbricht.“

    hatte ebenfalls keine Chance auf Freischaltung.

  4. werner3 sagt:

    Wer wie ich den SPIEGEL und Spiegel Online regelmäßig liest und im SPON-Forum zu Politik allgemein und speziell Kapitalismus-Themen blogt und diese System scharf angeht – immer unter Wahrung der rechtlichen Grenzen der Meinungsfreiheit und nur mit öffentlich zugänglichen Fakten und Quellen hantierend – wird zwangsläufig zu der Feststellung kommen müssen,

    daß es sich weder beim SPIEGEL noch bei Spiegel Online um Medien handelt, deren Zweck eine objektive, neutrale und themenbreite Informationsvermittlung ist. Täglich kann man das feststellen, wenn man viele aktuelle Nachrichten aus der Vielfalt der Quellen empfängt und darauf achtet, worüber nicht berichtet wird. Darunter sind oft erstaunliche Vorgänge. Dieser Vergleich zur Beurteilung des Mediums ist oft wesentlich aufschlussreicher als die Analyse seiner Beiträge.

    Ein aktuelles Beispiel ist diese hochinteressante Meldung, die sich nicht bei Spiegel Online findet, trotzt der mehrfach aktuellen Bezüge > Libyen, Ghaddafi, vermeintliche Terroranschläge, Vertuschung, Lügen, Nato.

    Es geht um eine von der Nato am 27. Juni 1980 abgeschossenen Verkehrsmaschine DC 9 der italienischen Fluggesellschaft Itavia und um die Beseitigung dutzender Zeugen sowie die absichtliche Nichtrettung der Überlebenden zwecks Vertuschung der Absturzursache. Auch der CDU-Politiker Manfred Wörner, von 1982 bis 1988 Verteidigungsminister und von 1988 bis 1994 NATO-Generalsekretär wird als involviert genannt.

    Aus der Meldung:

    „Am 21. September berichtete die römische Repubblicca, ein Gericht in Palermo habe die italienische Regierung verurteilt, den Angehörigen der 81 Opfer des Absturzes der italienischen Verkehrsmaschine eine Entschädigung von 100 Millionen Euro zu zahlen. Die in einem Verband der Hinterbliebenen zusammengeschlossenen Verwandten hatten jahrzehntelang nicht nur um materielle Entschädigung gekämpft, sondern vor allem auch um die Entlarvung eines Verbrechens von CIA und NATO, das die italienischen Behörden, wie es im Urteil des Gerichts jetzt (wenn auch verharmlosend) heißt, durch »Unterlassungen« deckten und vertuschten.“

    Im Spiegel 14/1991 gab es dazu den Artikel »die Unschuld der NATO-Piloten«. Wäre hier nicht eine Aktualisierung geboten?

    Quelle: jungewelt.de/Schwerpunkt 04.10.2011: „Urteil zu NATO-Terror“

  5. ciodo sagt:

    „Wieso lässt SPIEGEL Online diese Toten unerwähnt?“

    Weil sich niemand für die „unsichtbaren“ Opfer der modernen Wirtschaftsweise interessiert. Tote Fabrikarbeiter gehören zum System wie der Profit am anderen Ende der Produktionskette. Das ist seit Jahrhunderten so und hat sich nie verändert – außer dass die Geschädigten jetzt irgendwo am Ende der Welt leben und ihre Lage auf lokale Probleme zurück geführt werden.

    In Wirklichkeit wäre es vor diesem Hintergrund schon eher bösartig, die angesprochenen Opfer zu erwähnen – denn in Zusammanhang mit anderen Konzernen tut das ja auch niemand.

  6. Hijo sagt:

    Heult doch!

  7. Joe sagt:

    “Wieso lässt SPIEGEL Online diese Toten unerwähnt?”

    Weil die Firma wohl auch zu deren Anzeigenkunden gehört.

    Es heißt, Jobs selber sei eigentlich nie der Raffzahn gewesen sondern mehr die Leute um ihn herum, auf die er auch angewiesen war. Er hatte ja schon mit 25 Jahren 100 Millionen auf dem Konto – hätte bequem aussteigen können.

    Über Jobs weiß ich nicht viel. Letztendlich trifft jeden Konsumenten aber auch eine Mitschuld. Man wird ja nicht gezwungen den überteuerten Kram zu kaufen. Für einen Tanz braucht es immer Zwei. Man kann auch gebraucht kaufen und eine Protestmail an die Firma schreiben. Wenn das Millionen machen würden hätte es einen Effekt.

    Passiert aber offenbar nicht.

  8. Werner Runkel sagt:

    Ich persönlich halte von dem Apple-Kram überhaupt nix – täglich sehe ich an meinen Arbeitskollegen den galloppierenden Verblödungsgrad, der sich aus der (ausschließlichen) Beschäftigung mit diesem Dreckskram herausbildet !
    Weltverbesserer ??? Im Sinne der NWO ( New World Order ) ganz sicher !!!
    Es schmerzt mich ohnehin schon sehr, wenn ich PC – mäßig auf Microsoft zurückgreife – mit Bill Gates, einem der widerwärtigsten Menschenfeinde, die ebenfalls die „Welt verbessern“ wollen ( Siehe z.b. Ziele der Gates – Stiftung )
    Ich denke einmal, diese „Herren“ werden sich in der Hölle im selben Topf begegnen – und das haben sie verdient !!!

  9. Sirius sagt:

    Ohne Frage hat Steve Jobs viel für die Menschen der westlichen Welt getan. Er hat mit seinen innovativen Ideen Millionen etwas „glücklicher“ gemacht…. ! Ihr habt aber recht, daß dieser unendlich grausame Profitwahn viele Opfer mit sich bringt. Das ist verachtenswert… – leider wäre es vor diesem Hintergrund schlimm, die angesprochenen Opfer zu erwähnen – das tut man einfach nicht.

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