- SPIEGELblog - http://www.spiegelblog.net -

Wahrheits-Kommission über die Bush-Regierung? Interessiert den SPIEGEL nicht – die „Muckis“ von Michelle Obama dagegen schon…

Der US-Senator Patrick Leahy hat gestern vor dem Justizausschuss des US-Kongresses die Einberufung einer „Wahrheits-Kommission“ [1] vorgeschlagen, die möglichen Machtmissbrauch der Bush-Administration untersuchen soll (siehe Screenshot). [1]Zu prüfen seien etwa die Vorwürfe über Folter und Misshandlung von Gefangenen im Zuge der Terrorismusbekämpfung. Letztlich geht es aber um die Hintergründe des ganzen „War on Terror“, den die Bush-Regierung auf Basis der Anschläge vom 11. September 2001 losgetreten hat. „Nichts hat dem weltweiten Ansehen der USA mehr geschadet, als dass diese Nation die Gesetze verbogen und die Grenzen des politisch Erlaubten überschritten hat, indem Folter und grausame Behandlungen genehmigt wurden“, begründet Leahy seinen Vorschlag. „Eine solche Untersuchungskommission würde nicht nur Licht in die dunkle Vergangenheit bringen, sondern uns auch befähigen, begangene Fehler nicht zu wiederholen.“

„Truth Commission“ von zentraler Bedeutung für die ganze Welt
Über dieses Plädoyer für eine Truth Commission berichten nicht nur US-Medien wie die Washington Post [2], sondern etwa auch die Frankfurter Rundschau [3]SPIEGEL Online bevorzugt es dagegen, über Themen wie die Oberarmmuskulatur von Michelle Obama [4] zu schreiben. Was völlig unverständlich ist, weil es hier um nicht weniger geht als um die Aufdeckung der Wahrheit über eine Politik, die das Leben der Menschen auf der ganzen Welt an vielen Stellen deutlich zum Negativen verändert hat. So hat der SPIEGEL selber bereits 2003 geschildert, dass die USA „von einem ‚Land of the free‘ zu einem Überwachungsstaat“ [5] mutiert sind, und auch in Deutschland lässt „die gute alte DDR“ – der Bush-Regierung und seinen Überwachungsgehilfen wie Wolfgang Schäuble sei Dank – mittlerweile grüßen [6].

Wie aber will man diese beängstigende Entwicklung stoppen oder gar zurückdrehen, wenn nicht durch eine schonunglose Wahrheitsfindung? Und wie soll eine solche Wahrheitsfindung stattfinden können, wenn nicht auch die Medien weltweit für entsprechenden öffentlichen Druck sorgen? Sind die Widerstände doch enorm, nicht nur von Seiten vieler Republikaner. Selbst der allseits so hochgelobte neue US-Präsident, der den Begriff „Transparenz“ werbewirksam eigentlich ganz groß auf seine Fahnen geschrieben hat [7], zeigt sich skeptisch gegenüber der „Truth Commission“. Doch warum? Hat etwa die Clinton-Administration, die im Obama-Team mit Außenministerin Hillary Clinton ja stark vertreten ist, auch etwas zu verbergen? Immerhin haben sich der ehemalige US-Präsident Bill Clinton und sein Vize Al Gore geweigert, in der von der Bush-Regierung eingesetzten 9/11-Kommission, die wohlgemerkt korrumpiert wurde und daher letztlich wertlos war, unter Eid auszusagen…

Wie wichtig eine schonungslose Aufklärung über die Politik der Bush-Regierung ist, darauf hat vor kurzem auch die Journalistin Melissa Rossi in der renommierten amerikanische Online-Zeitung Huffington Post aufmerksam gemacht. In einem offenen Brief appellierte Sie an den neuen US-Präsidenten: “Obama: Reopen the 9/11 Investigation“ – Forderungen nach Aufklärung, die dem SPIEGEL fremd sind (SPIEGELblog berichtete [8]).