Wie der SPIEGEL seinen Lesern das Märchen von den Kannibalen, die an der infektiösen Hirnerkrankung Kuru starben, auftischt

  20. November 2009, von T. Engelbrecht

„Die wissenschaftliche Welt scheint, was den Kannibalismus auf Papua-Neuguinea und dem Gerede von der dortigen angeblich ansteckenden Gehirnkrankheit Kuru angeht, einem Märchen aufgesessen.“
Roland Scholz, Professor für Biochemie und Zellbiologie aus München

Erneut Märchenstunde bei SPIEGEL Online. Da dürfen wir aktuell lesen, dass angeblich Kannibalen auf Papua-Neuguinea einst „die Hirne ihrer Toten aßen – und dann zu Tausenden an Kuru, einer tödlichen Hirnerkrankung, starben“ (siehe Screenshot). Angeblicher Grund für dieses Drama: Mit den Gehirnen der Toten hätten die Kannibalen, so wird behauptet, einen winzigen Erreger (ein Prion) mitgegessen, der Kuru früher oder später ausgelöst hätte.

SPIEGEL zweifelt Kannibalismus 1980 selber an
Doch solche Sätze sind nicht nur hanebüchen, wenn man bedenkt, was der SPIEGEL 1980 selber in seinem Artikel „Gräßliches Gebaren“ schrieb: „Kannibalismus, so behauptet ein US-Forscher, habe es als Brauchtum nie gegeben. In Wahrheit hätten die europäischen Eroberer diesen Vorwurf aufgebracht, um die Naturvölker desto leichter ausplündern zu können.“ In dem Beitrag geht das Nachrichtenmagazin auch explizit auf die behauptete Menschenfresserei in Papua-Neuguinea ein.

Doch auch ist die Behauptung, auf Papua-Neuguinea hätten menschenfressende Eingeborene mit Erregern (Prionen) verseuchte Gehirne gegessen und seien infolge dessen an der Gehirnerweichung Kuru erkrankt, hanebüchen, wenn man sich den Sachverhalt streng wissenschaftlich anschaut.

Den Grundstein für die Erreger-Theorie im Zsh. mit Kuru legte Carleton Gajdusek – doch dessen Geschichten, für die er den Nobelpreis erhielt, waren in Wahrheit frei erfunden
Beginnen wir hierfür ganz von vorne (siehe dazu Kapitel 2 und 5 in meinem Buch „Virus-Wahn“). So war es der Forscher Carleton Gajdusek, der dem Konzept der „slow viruses“ zum Durchbruch verhalf. Danach soll also ein Virus in der Lage sein, über Jahre in einer Zelle zu „schlafen“, um dann irgendwann seine krankmachende oder tödliche Wirkung zu entfalten. Gajdusek forschte in den 1970-er Jahren des 20. Jahrhunderts in Papua-Neuguinea an einer schwammartigen und mit Verblödung (Demenz) einhergehenden Veränderung des Gehirngewebes, die dort vorwiegend unter der weiblichen Bevölkerung verbreitet war. Die Krankheit, genannt Kuru, war nur in zwei Stämmen zu beobachten, die häufig untereinander heirateten – und die laut Gajdusek einen Totenkult pflegten, bei dem man das Gehirn von Verstorbenen aß (was sich später als Märchen entpuppte!).

1976 bekam Gajdusek dann für seine Theorie der langsamen Viren den Nobelpreis, was entscheidend dazu beitrug, dass die Vorstellung, diese schwammartige Veränderung des Gehirngewebes würde durch einen Erreger übertragen und erzeugt (und nicht etwa durch Industriegifte), weithin als Fakt akzeptiert wurde – und offenbar immer noch von Medien wie SPIEGEL Online kolportiert wird. Wenn man jedoch Gajduseks Versuche mit Affen, mit denen er die Übertragbarkeit bewiesen haben wollte, genauer anschaut, so muss man sich heute wundern, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft damals diese Arbeiten als Beleg für die Übertragbarkeit anerkannte. Weder die Verfütterung infizierten Hirnbreis noch die Injektion desselben irritierte die Versuchsschimpansen.

Gajduseks Versuche waren einfach nur bizarr und damit völlig realitätsfern
Dies brachte Gajdusek dazu, ein bizarres Experiment durchzuführen,… um endlich bei den Versuchstieren nervliche Symptome hervorzurufen. Dabei zermahlte er das Gehirn der Kuru-Patienten zu einem Brei, der voll war mit Proteinen und allen anderen erdenklichen Substanzen, und flößte diesen den lebenden Affen ein – und zwar durch ein Loch, das er den Tieren zuvor in die Schädel gebohrt hatte. Nur auf diese Experimente gründet sich die angebliche Übertragbarkeit dieser Erkrankungen! Doch lässt sich daraus schwerlich ein Beweis für Gajduseks kannibalistische Hypothese ableiten – nicht zuletzt, weil die Hypothese ja besagt, dass die Krankheit beim Menschen durch Verzehr(!) von infiziertem Gehirn entstehen könnte, und nicht etwa durch direktes operatives Einbringen ins Gehirn.

Erschwerend kommt hinzu, dass Gajdusek der einzige lebende Zeuge für Kannibalismus auf Papua Neuguinea war. Und Mitte der 1980er Jahre sollte sich herausstellen, dass Gajduseks Fotos, mit denen er den Kannibalismus dokumentieren wollte, tatsächlich Schweine- und kein Menschenfleisch zeigten. Ein Anthropologenteam, das dieser Sache nachgegangen war, fand zwar Geschichten von Kannibalismus, jedoch keine authentischen Fälle. Später musste Gajdusek eingestehen, dass weder er selbst noch andere die kannibalischen Riten, von denen er in seinem Nobelpreisvortrag 1976 berichtete und die er sogar mit Bildern dokumentierte, selbst gesehen hatten.

Daher kann man zu Gajduseks Nobelpreis nur sagen: Wenn seine Geschichten nicht wahr sind, so sind sie jedenfalls gut erfunden. Oder wie Roland Scholz, Professor für Biochemie und Zellbiologie aus München, es ausdrückt: „Die wissenschaftliche Welt scheint einem Märchen aufgesessen zu sein.“

Das Medizinestablishment und Medien wie der SPIEGEL, die oft genug an den Lippen des Medizinestablishments hängen, sehen dies merkwürdigerweise anders und nehmen Gajduseks Theorie von den langsamen Viren nach wie vor für bare Münze. Diese Verblendung bzw. dieser Unwille, genau hinzuschauen, war auch maßgebliche Voraussetzung dafür, dass BSE zu einer Infektionskrankheit erklärt werden konnte. Die entscheidenden Arbeiten hierfür lieferte dann der US-Arzt und Biochemiker Stanley Prusiner, dem es 1982 gelang, im Gehirn so genannte Plaques (Ablagerungen) zu identifizieren, die für die mit dem Gehirnabbau einhergehenden Nervenschädigungen so charakteristisch sind. In diesen Plaques lassen sich bestimmte Eiweiße finden, Prionen genannt, die vor allem auf Nervenzellen lagern, und zwar in krankhaft veränderter Struktur. Diese Prionen wurden im Nachhinein dann auch für Kuru auf Papua-Neuguinea verantwortlich gemacht.

1987 erlag Prusiner schließlich der Versuchung, seine bis dahin wenig beachteten Prionen als Verursacher einer Seuche ins Spiel zu bringen, was ihm einen enormen Bekanntheitsgrad einbrachte. Zehn Jahre später, also 1997, wurde er dafür dann mit dem Nobelpreis „geadelt“, wie etwa das Deutsche Ärzteblatt formulierte. Damit war das Thema Infektion zementiert, indem zum Auslöser schwammförmiger Gehirnerkrankungen das „Prusinersche Prion“ erklärt wurde. Doch die Versuche, auf denen diese Hypothese und damit auch der Nobelpreis fußt, weisen ebenfalls etliche Unzulänglichkeiten auf, von denen hier freilich nicht alle aufgeführt werden können. Der wichtigste Punkt: „Es existieren keine kontrollierten Fütterungsexperimente auf der Weide – Studien, die jeder mit gesundem Menschenverstand fordern würde und von denen jeder glaubt, die Erfinder der Tiermehl-Hypothese hätten sie längst gemacht“, kritisiert Roland Scholz.

Dass die Prionen infektiös sind und – über das Tiermehl – BSE auslösen, ist nach wie vor eine unbewiesene Behauptung
Das heißt, man hätte eine große Herde teilen müssen: in eine Hälfte, die Tiermehl bekommt, und eine Hälfte, die kein Tiermehl als Futter erhält. Da dies aber versäumt wurde, lautet das eindeutige Fazit: Bislang wurde nicht gezeigt, dass Rinder durch Verfütterung von Tiermehl an BSE erkranken. Dass ein infektiöses Protein im Tiermehl BSE auslöst, ist also nach wie vor eine unbewiesene Behauptung.

Erschwerend kommt hinzu, dass vor allem auch in Großbritannien, von wo die BSE-Erkrankung ja herkommen soll, allein epidemiologisch überhaupt keinen Zusammenhang besteht zwischen BSE bei Rindern und der beim Menschen auftretenden Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD), die ja durch den Verzehr von BSE-verseuchtem Rindfleisch verursacht sein soll. Wie etwa aus einer in Nature abgedruckten Studie klar hervorgeht, fanden sich nämlich die meisten an BSE erkrankten Rinder im Süden Englands, während die meisten CJD-Fälle im Norden Schottlands beobachtet wurden. Darüber hinaus hat Großbritannien in den letzten Jahrzehnten tonnenweise Tiermehl in den mittleren Osten, nach Südafrika und auch in die Vereinigten Staaten exportiert, aber nirgendwo ist BSE aufgetreten.

Auch wurden bei den Laborexperimenten Extrakte aus Gehirnen, die von gehirnkranken Tieren stammten, direkt in das Gehirn von Versuchstieren injiziert. Und als sich bei den Empfängern der Gehirnextrakte nach einem Jahr die nervenschädigenden Ablagerungen (Plaques) und Löcher im Gehirn nachweisen ließen, wurde dies als Beweis dafür genommen, ein Prion hätte eine Infektion ausgelöst, die wiederum die Plaquebildung zur Folge hatte.

Veränderungen in den Gehirnen sind offenbar nicht durch einen Erreger (Prion) verursacht
Doch die Veränderungen im Gehirn können auch andere Ursachen haben. Sie können sie etwa die Folge einer Immunreaktion sein, mit der sich der Körper gegen Fremdeiweiße (in diesem Fall die körperfremden Prion-Proteine) wehrt im Sinne einer experimentellen allergischen Enzephalitis, wie sie der britische Forscher Alan Ebringer beschrieben hat. Dies wurde und wird von den Forschern aber gar nicht in Betracht gezogen.

Auch lassen die Laborbedingungen, bei denen Gehirnmasse direkt von einem zum anderen Denkorgan transportiert wird, letztlich keine Rückschlüsse auf einen Infektionsweg in der Realität zu. Denn die Ansteckung soll ja über den Mund erfolgen. Und überhaupt sind Injektionen von Gehirnmasse in andere Gehirnmasse nun wahrlich nicht der Weg, auf dem sich außerhalb des Labors eine Infektion vollzieht.
Und nicht zuletzt gibt es andere Ursachen, die vor lauter Fokussierung auf einen infektiösen Erreger, völlig außer Acht gelassen worden sind und auch noch werden. So kann BSE auch Folge eines durch Inzucht bedingten Gen-Defektes sein.

Zudem gibt es den begründeten Verdacht, dass BSE eine Folge ist von chemischen Vergiftungen, vor allem von einer Vergiftung mit dem Organophosphat Phosmet, das als hochgiftiges und schwer nervenschädigendes Insektizid gegen die Dasselfliege eingesetzt wurde. Und dieses Phosmet wurde in relativ hoher Konzentration nur in Großbritannien, Nordirland und in der Schweiz eingesetzt – genau dort, wo 99 Prozent der BSE-Fälle auftraten.

 

3 Kommentare zu “Wie der SPIEGEL seinen Lesern das Märchen von den Kannibalen, die an der infektiösen Hirnerkrankung Kuru starben, auftischt”

  1. weider protein 80 plus sagt:

    lol, die glauben auch jeden scheiß^^

  2. Gewinnspiele kostenlos sagt:

    😀 upps ich bin drauf reingefallen 😀

  3. Islamkritik | Tante Jays Café sagt:

    […] gibt zumindest Zweifel, ob es Kannibalismus außerhalb streng ritualisierter Beerdigungsrituale überhaupt gegeben hat. […]

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