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Wulff-Rede zum Tag der Einheit: SPIEGEL legt dem Präsidenten falsche Worte in den Mund

(Mit Dank an Till B.)

Heute konnte man auf SPIEGEL Online im Hauptaufmacher zur Rede des Präsidenten Christian Wulff die Headline lesen: [1]„Ich bin auch der Präsident der Muslime“ [1] (siehe auch Screenshot). Es wird also direkter Bezug auf die Rede genommen und mit Anführungsstrichen der Bundespräsident zitiert. Allerdings sagt der Bundespräsident in dieser Rede gar nicht diesen Satz in dieser Weise: Sowohl in der Abschrift [2] als auch in Sendungen wie der ZDF Mediathek sagt er bezugehmend auf Briefe, die ihm von in Deutschland lebenden Muslimen geschickt wurden:

„Wenn mir deutsche Musliminnen und Muslime schreiben: ‚Sie sind unser Präsident‘ – dann antworte ich aus vollem Herzen: Ja, natürlich bin ich Ihr Präsident! Und zwar mit der Leidenschaft und Überzeugung, mit der ich der Präsident aller Menschen bin, die hier in Deutschland leben.“

Damit sagt er aber nicht (und schon gar nicht explizit), dass er der Präsident ALLER hier lebenden Muslime ist. Diese Interpretation konnte man im SPON-Forum auch schon mehrfach lesen.

Wäre es nur eine „normale“ Überschrift, so wäre sie vielleicht reißerisch. Da die Headline aber in Anführungsstriche gesetzt ist, suggeriert SPON, dass es sich hier um ein Zitat aus der Rede des Bundespräsidenten Wulff handelt. Mit anderen Worten: das Nachrichtenportal legt dem obersten deutschen Staatsmann einfach Worte in den Mund, was weder Respekt vor dem Amt vermuten lässt, noch mit der journalistischen Wahrheitpflicht und dem Aufklärunggedankens der Bürger in Einklang zu bringen ist.