ZEIT Magazin gibt sich wie ein Reklamemacher der Luxusuhren-Hersteller

  15. Mai 2009, von T. Engelbrecht

Eigentlich ist dies ja ein SPIEGELblog. Doch ein kleiner Abstecher zum ZEIT Magazin sei hier erlaubt. Immerhin verbindet DIE ZEIT und den SPIEGEL nicht nur, dass sie beide in Hamburg ansässig sind. Auch sind sie beide unsterblich in Helmut Schmidt verliebt – und sehen sich selbst als Garant für Qualitätsjournalismus. Wie weit es mit diesem Qualitätsjournalismus beim SPIEGEL her ist, dies haben wir im SPIEGELblog hinreichend dokumentiert. Und bei der ZEIT sieht es im Grunde genau so aus. Einen guten Eindruck davon, wie viel bzw. wenig journalistische Qualität in der Wochenzeitung steckt, bekommt man, wenn man in die aktuelle Ausgabe des ZEIT Magazins schaut. Dabei drängt sich einem der Eindruck auf, dass das Magazin eine Art Vorhut der Luxusuhren-Fabrikanten darstellt.

Schon Anfang April wurden Luxusuhen in einer langen Artikelstrecke regelrecht promotet
Oder wie ist es zu erklären, dass das ZEIT Magazin wohlgemerkt innerhalb kürzester Zeit ein zweites Mal eine Mega-Artikelstrecke über Luxusuhren bringt, in der die „guten Stücke“ ohne Ende hochgejubelt werden – und parallel dazu ganzseitige Anzeigen der Uhrenhersteller abdruckt? Ein Schelm, der da einen Einfluss der Anzeigenabteilung vermutet.

So findet sich auf der Rückseite der aktuellen Ausgabe des ZEIT Magazins eine ganzseitige Anzeige des Uhrenherstellers Patek, und auf der Seite davor eine ebenfalls ganzseitige Anzeige des Uhrenfabrikanten Breitling. Luxusuhren von beiden Marken werden dann auch im 13-seitigen Beitrag im Heft nicht wenigstens kritisch gewürdigt, sondern regerlrecht promotet. So ist der Beitrag durchweg mit Fotos und Texten sowie Preisangaben bestückt, wie sie in einer Werbestrecke nicht besser hätte aufbereitet werden können.

Doch damit nicht genug. Im Anschluss daran folgt über vier Seiten ein Artikel über den Schweizer Luxusuhrenverkäufer Jean-Claude Biver (siehe Screenshot). Geschrieben wurde das Stück von dem ZEIT-MAGAZIN-Redakteur Tillmann Prüfer. Dieser haut nicht nur für das Novo-Magazin, bei dessen Lektüre man sich schnell in die Zeit der totalen Fortschrittsgläubigkeit und Atomkrafteuphorie der 50er Jahre zurückversetzt fühlt, in die Tasten, sondern hat bereits Anfang April im ZEIT Magazin die Breitling-Uhr mit männlichen Gedankenspielen hochjubeln dürfen (SPIEGELblog berichtete).

Auf rund 20 von 56 redaktionellen Seiten jubelt das ZEIT Magazin Luxusuhren werbemäßig hoch
Und damit immer noch nicht genug. Auch im Impressum des aktuellen ZEIT Magazins ist eine Luxusuhr abgebildet, und zwar eine von Chopard – mit Preisangabe, versteht sich: 8.250 €. Und auch im Hauptartikel  „Meine schönste Erbanlage“ darf die Autorin Marlene Sørensen den Lesern ihre Hochgefühle mitteilen darüber, wie sehr sie ihr Erbstück – eine Armbanduhr – „an die glücklichste Zeit im Leben ihrer Mutter Nina erinnert“.

Na dann. Wen also die Anzeigen noch nicht davon überzeugt haben, dass das Leben ohne Luxusarmbanduhr nicht wirklich lebenswert ist, den haben sicher die tollen Artikel davon überzeugt.

Überschlagen wir zum Schluss auch noch mal kurz: Hätten die Uhrenhersteller die rund 20 Artikelseiten (von insgesamt 56 Magazinseiten), in denen Luxusuhren im Stile einer Werbung den Lesern als etwas, das man unbedingt haben muss – als „Must Haves“ – angedient werden, tatsächlich als Reklame gebucht, so hätten sie und 200.000 € hinblättern müssen. Denn eine eine Ganzseitige Anzeige im ZEIT Magazin kostet knapp 20.000 €. So aber haben sie es umsonst bekommen, den investigativen und kritisch Journalisten des ZEIT Magazins sei dank.

Danke, dass es eine solch intellektuelle Speerspitze im deutschen Journalismus gibt!

 

Ein Kommentar zu “ZEIT Magazin gibt sich wie ein Reklamemacher der Luxusuhren-Hersteller”

  1. Stefan sagt:

    In der Tat, das ist schon fast amateurhaft offensichtlich! Sehr genial sind auch die Erfahrungsberichte im „Zeit Magazin“ über diverse Nobel-Karossen, in welchen dann über Luxus-Koffer Probleme und Porsche fahren auch im Alter schwadroniert wird! Passt ja auch zu dem Klientel mit den Uhren oder zu Kupfer-Klumpen, sorry, Kunstwerken für tausende von Euros aus dem Zeit-Shop.
    Schade eigendlich, dadurch hat die Zeit für mich echt an Glaubwürdigkeit verloren! Ich habe mein Abo derweil gekündigt!

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