Archiv für August 2011

Gewalt in England: SPIEGEL macht einseitig und staatstragend gegen die Unruhestifter Stimmung

Mittwoch, 10. August 2011

„In Großbritannien eskaliert die Gewalt – Ursachen sind soziale Ausgrenzung und die Sparpolitik der Regierung.“
Matthias Kolb, sueddeutsche.de

„Viele der Schönen und Reichen, der Großbankiers und der Konzern-Mogule dieser Welt sitzen jetzt in Salzburg [bei den Festspielen]. Sie sind die Verursacher und Herrscher der kannibalischen Weltordnung. Wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit [sollten die Verantwortlichen vor ein Tribunal gestellt werden].“
Jean Ziegler, Soziologe und UN-Berater

SPIEGEL Online, 10.8.11; Quelle Foto/Screenshot: AP/PA + SPON

SPIEGEL Online, 10.8.11; Quelle Foto/Screenshot: AP/PA + SPON

Die Gewalt, die sich auf Englands Straßen breit macht, so einseitig in den Mittelpunkt der Berichterstattung zu stellen, wie es SPIEGEL Online tut, erinnert daran, wie Springer Ende der 60er, Anfang der 70er gegen die Studentenbewegung mobil machte. Es wirkt damit staatstragend.

Schaut man etwa auf die beiden aktuellen SPON-Aufmacher (Stand: 16.20 h), so lautet die erste Headline „Krawalle in England: Cameron droht Randalierern mit hartem Gegenschlag“. Und auch in der zweiten Überschrift wird noch mal kräftig gegen die Randalierer Stimmung gemacht: „Krawalle in Großbritannien: Web-Gemeinde jagt und verspottet die Plünderer“ (siehe auch Screenshot).

Von differenzierter Ursachenberichterstattung also keine Spur. Eine solche wäre aber dringend angebracht, wenn man den Anspruch hat, journalistisch sauber zu arbeiten.

Immerhin finden die Ausschreitungen in London statt und nicht etwa in Stockholm oder Oslo. Ist das Zufall? Oder hat es womöglich mit den Sozialstrukturen zu tun, die Arm und Reich auf dramatische Weise auseinandertreiben? Immerhin geht es in England so ungerecht zu wie kaum sonst in Europa.

Anders als SPON stellt etwa die SZ die soziale Frage ins Zentrum der Berichterstattung
Interessant in diesem Zsh. ist die Berichterstattung auf der Website der Süddeutschen Zeitung. Hier geht es gar in den ersten drei Hauptaufmachern um das Thema Gewalt in England. Doch anders als bei SPON stellt die SZ das Thema soziale Ungerechtigkeit ins Zentrum ihrer Artikel.

So wird im Vorspann des ersten Aufmachers gleich zu Beginn gefragt: „Wie kann Großbritannien verhindern, dass seine gespaltene Gesellschaft restlos auseinanderfliegt?“. Im zweiten Aufmacher „Schimpf gegen Schande“ heißt es am Anfang des Vorspanns: „In Großbritannien eskaliert die Gewalt – Ursachen sind soziale Ausgrenzung und die Sparpolitik der Regierung.“ Und der dritte Aufmacher trägt die Überschrift „Ungerechtigkeit in Großbritannien: Verloren, verzweifelt, wütend bis aufs Blut“.