Archiv für Mai 2009

Matthias Matussek: als „Eichendorffscher Taugenichts“ unverdrossen weiterschmarrn und aussprechen, was die Spatzen seit Jahrzehnten von allen ­Dächern gähnen

Sonntag, 31. Mai 2009

Matthias Matussek!

Schon blöd, wenn man die konjunkturritterliche Kapriole des eigenen Quatschblatts („Das Prinzip Gier. Warum der Kapitalismus nicht aus seinen eigenen Fehlern lernen kann“) nicht gehört hat und unverdrossen weiterschmarrt: „Nieder mit dem System? Eine Parole von gestern. Brillante Intellektuelle wie Peter Sloterdijk und Ralf Dahrendorf fördern stattdessen eine neue Ethik für den spätkapitalistischen Menschen, rufen in der Wirtschaftkrise nach Mäßigung, Gelassenheit und Übung. Es wird Zeit für neues Denken.“ Worauf wir mit dem Kollegen Gremliza antworten mögen: Denken täte uns genügen.

Ihre brillanten Intellektuellen auf der
Titanic

(aus: Titanic, Juni 2009, S. 7)

– – – – – –

Und wo wir gerade bei Matthias Matussek sind, hier noch ein Brief der Titanic-Redaktion an den selbsternannten „Eichendorffschen Taugenichts“ aus dem Heft von November 2008:

Matthias Matussek!

Ganz am Ende einer selbst für Ihre Verhältnisse erstaunlich langen Leitung ist Ihnen aufgefallen, daß der Nobelpreis für Literatur seit 1901 nahezu Jahr für Jahr mit schöner Regelmäßigkeit an künstlerisch impotente Schnarchlappen verliehen worden ist. Aufgrund dieser späten Erkenntnis haben Sie im Spiegel eine „Polemik“ veröffentlicht, die auf den guten Rat hinausläuft: „Man sollte den Preis nicht mehr ernst nehmen.“

Ja, da schau her! Wir wissen wirklich nicht, was wir an Ihnen ehrfürchtiger bewundern sollen – den Mut, eine Wahrheit auszusprechen, die seit Jahrzehnten die Spatzen von allen ­Dächern gähnen, oder Ihre verwegene Hoffnung, dem Hartz-IV-Empfänger-Schicksal noch einige Monate lang durch den schwunghaften Handel mit ollen Kamellen entgehen zu können.

Und nun lassen Sie’s mal bitte gut sein, Herr Matussek. Ihr Anblick schmerzt uns. Im Ernst:
Titanic

– – – – – –

Und da aller guten Dinge bekanntlich drei sind, hier ein weiterer Brief der Titanic and den „kolossalen Sympath“, der 2006 sein „herrlich unlesbares Deutschlandbuch“ präsentierte:

Und Sie, Matthias Matussek,

sind schon wirklich ein kolossaler Sympath. Nicht allein, weil sie mit Ihrem herrlich unlesbaren Deutschland-Buch Ihren angeblichen Patriotismus markt- und termingerecht zur Fußball-WM versilbern; auch nicht nur, weil sie im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung „die“ Deutschen als Erfinder des Penicillins ausgeben, das aber doch der Engländer Alexander Fleming erfunden hat. Ihr tatsächlich grundsympathisches Wesen zeigt sich, wenn Sie auf die Frage, wie die fabelhaft zahllosen Fehler in Ihr Buch gekommen sind, sich nicht einfach einen haltlosen Schlamper nennen, dem auch Penicillin nicht mehr hilft, sondern flugs behaupten, Ihr Buch habe „soviel Tempo, dass das Lektorat nicht mehr hinterhergekommen ist“.

Genau. Und wissen Sie, Matussek, was man mit solchen Rasern wie Ihnen macht? Eben: Man zieht sie aus dem Verkehr.

Mit der deutschen Autobahnpolizei grüßt
Titanic

LobbyControl: Auch SPIEGEL Online übernimmt kritiklos Image-PR der Deutschen Bahn; Konzern heuerte dafür konservativen Think Tank Berlinpolis an

Freitag, 29. Mai 2009

(Mit Dank an Helge D.)

Deutsche Bahn versorgte neben Capital und FTD auch SPIEGEL Online mit untergeschobener PR, sagt die Initiative LobbyControl. Die Medien hätten die Inhalte dabei vielfach übernommen, ohne über die Hintergründe und die Arbeit des Lobbyisten Berlinpolis aufzuklären. Dies berichten aktuell gleich zwei Mediendienste: turi2 (siehe Screenshot) und meedia.de

Auf turi2 heißt es: „Propaganda 2.0: Die Deutsche Bahn hat mit bezahlten Beiträgen in Radios und Internet-Foren versucht, ihr angeknackstes Image zu polieren. Der neue Bahn-Chef Rüdiger Grube zieht daraus die Konsequenz und feuert seinen Kommunikationschef Ralf Klein-Bölting. Der hatte 2007 rund 1,3 Mio Euro in ‚verdeckte Beeinflussung der Öffentlichkeit‘ gesteckt, um Stimmung für den Börsengang und gegen den Lokführerstreit zu machen. Ans Licht kam das neue Bahn-Skandälchen durch Recherchen von LobbyControl. Mitte Mai von der Transparenz-Initiative mit den Vorwürfen konfrontiert, zog Rüdiger Grube die Wirtschaftsprüfer von KPMG hinzu – und die bestätigen, dass es den PR-Auftrag an die Lobby-Agentur ‚European Public Policy Advisers‘ und dessen Sub-Unternehmer Berlinpolis tatsächlich gab.“

SPIEGEL Online als PR-Botschafter für eine Bahnprivatisierung
Und auf meedia.de lesen wir: „Demnach publizierte auch SPIEGEL Online Inhalte der verdeckt Lobby-Agentur Berlinpolis…. Ziel dessen Wirkens ist es nach Eigenangaben, ‚Einfluss auf Politik, Wirtschaft und Medien‘ zu nehmen. Im Beirat finden sich u.a. die früheren CDU-Spitzenkräfte Rita Süßmuth und Horst Teltschik… [Zum Beispiel] machte sich die Lobby-Organisaiton [Berlinpolis] erfolgreich die Macht der Demoskopie  zu nutze. ‚Berlinpolis veröffentlichte mehrere Meinungsumfragen zur Bahn und zur Bahnprivatisierung, die bahnfreundlich angelegt waren‘, schreibt LobbyControl. ‚Am 22. Mai 2007 veröffentlichte Berlinpolis eine von Forsa durchgeführte Umfrage, die gezielt nach den Vorteilen einer möglichen Bahnprivatisierung fragte – aber nicht nach möglichen Nachteilen. Die Umfrage schaffte es unter dem Titel ‚Deutsche hoffen auf besseren Service‘ auf SPIEGEL Online.‚ Ein Hinweis auf die einseitige Fragestellung fand sich nicht.“

SPIEGEL Onlie greift die Recherchen von LobbyControl, die wieder einmal zeigen, wie uninvestigativ und konzernhörig Medien wie der SPIEGEL sind, auch in einem kurzen Beitrag auf – von Selbstkritik ist darin allerdings kein Sterbenswörtchen zu lesen…

Wie der SPIEGEL Wirtschaftsminister von und zu Guttenberg in Werbemanier zum Superhelden à la Batman verklärt

Freitag, 29. Mai 2009

Der SPIEGEL legt sich seit Wochen auf billige Weise für Gel-Minister Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg ins Zeug. Bereits Ende April jubelte SPIEGEL-Dampfplauderer Reinhard Mohr zu Guttenberg zum Star hoch, nur weil der „Golden Boy“ AC/DC vom ADAC unterscheiden konnte (SPIEGELblog berichtete).

Dann setzt Thomas Tuma, immerhin Leiter des Wirtschaftsressorts beim SPIEGEL, zu Guttenberg mit Batman gleich und verklärt ihn zum „strahlenden Helden“, der „für uns die Welt retten“ werde. Man bemüht sich noch, in Tumas Beitrag Satirisches herauszulesen, doch vergeblich. Zumal das Foto, das den Beitrag säumt, von der Celebrity-Postille Gala , die es mit der Trennung von Werbung und Redaktion nach eigenem Bekunden nicht so genau nimmt, nicht besser hätte ausgesucht werden können. Und selbst wenn der Beitrag als Satire gedacht gewesen sein sollte, so schimmert sie so schwach hindurch, dass der Text immer noch wie eine Wahlwerbung aus der CSU-Zentrale daherkommt.

Multimedia-Beitrag auf SPIEGEL Online kommt Wahlwerbespot für zu Guttenberg gleich
Den dazugehörigen TV-Wahlwerbespot für zu Guttenberg liefert dann heute SPIEGEL-Autorin Janita Hämäläinen. Titel: „Retter vom Dienst: Der neue Superminister zu Guttenberg“ (siehe Screenshot). Auch dies hätten die PR-Strategen der CSU nicht besser hinkrigen können. In dem knapp zweiminütigen Politikerwerbespot… ähh SPIEGEL-Online-Multimedia-Beitrag darf selbst das gemeine Arbeitervolk den adligen zu Guttenberg als „sympathischen“ Typen beschreiben – als jemanden, „der weiß, was er tut“. „Gefällt mir gut, der Mann“, zieht ein Arbeiter das Fazit.

Kurz vor den Europawahlen ist eine derartig als Journalimus getarnte Politikerwerbung natürlich Wasser auf die Mühlen der christlichen Parteien. Wir befinden uns aber nicht auf den Internetseiten der CDU/CSU, sondern auf der Seite eines selbsternannten Nachrichtenmagazins.

Dass man als journalistisches Medium den Freiherrn von und zu Guttenberg so wie jeden anderen aus der Politikerkaste konsequent(!) kritisch begleiten sollte, auf den Gedanken kommt man beim SPIEGEL offenbar nicht. Also, liebe zu-Guttenberg-Fangemeinde vom SPIEGEL, vielleicht mal reinschauen in den Beitrag „Spezifisch rheinisch feuern: Die Entscheidung, zwei Jahre lang Kurzarbeitergeld zu bezahlen, hat weniger eine ökonomische als eine politische Funktion“ aus der Jungle World.

Oder einfach mal reinschauen, was www.abgeordnetenwatch.de zu unserem Freiherrn schreibt.

Nun, wie die Informationsgesellschaft inklusive SPIEGEL funktioniert, hat ja bereits die Titanic schauerlich anschaulich dargestellt (siehe zweiten Screenshot).

Wie SPIEGEL Online den Schmu mit den Arbeitslosenzahlen kolportiert

Donnerstag, 28. Mai 2009

„Vergleicht man die aktuellen Zahlen der ‚offiziell‘ Arbeitslosen (3.458.000) mit der Zahl der tatsächlichen Leistungsbezieher von Arbeitslosengeld I oder Arbeitslosengeld II (5.958.000), so wird deutlich: Die offizielle Statistik vermittelt ein völlig falsches Bild.“
Claudia Winterstein, FDP, in einer heutigen Presseerklärung

Der SPIEGEL geriert sich immer wieder als ein Blatt, das das Gefasel der Bundesregierung kritiklos weiterträgt. Für Angela Merkel wird regelrecht Hofberichterstattung betrieben (siehe SPIEGELblog-Bericht) und Wirtschaftsminister Guttenberg ist für den SPIEGEL ein Politstar (siehe SPIEGELblog-Bericht). Und selbst wenn es um die Arbeitslosenzahlen geht, gibt sich das Nachrichtenmagazin völlig unkritisch, um nicht zu sagen uninvestigativ. Da lesen wir heute auf SPIEGEL Online den Jubelartikel „Frühjahrsaufschwung: Arbeitslosenzahl sinkt deutlich“ (siehe Screenshot). Darin wird behauptet: „Aufschwung am Jobmarkt: Die Zahl der Erwerbslosen ist im Mai auf 3,5 Millionen gesunken, die Arbeitslosenquote ging auf 8,2 Prozent zurück.“

SPIEGEL Online verschweigt, dass die Zahl der Leistungsbezieher in Wahrheit bei fast 6 Millionen liegt
Tatsächlich jedoch liegt die Zahl der Leistungsbezieher bei fast 6(!) Millionen – also fast doppelt so hoch wie vo SPIEGEL Online unter Berufung auf die Angaben der Agentur für Arbeit angegeben. Nicht erfasst werden (von der Zahl von knapp 3,5 Millionen Arbeitslosen) nämlich zum Beispiel alle Personen, die an „Maßnahmen der Arbeitsförderung“ teilnehmen (Ein-Euro-Jobs, Weiterbildung, Trainingsmaßnahmen, Vermittlung durch Dritte oder Vorruhestand).

SPIEGEL Online schreibt zwar, dass die „deutliche Verbesserung zum Teil auf einer Statistikänderung beruht“, doch dass dadurch in Wahrheit fast 6 Millionen Menschen in diesem Land arbeitslos sind, das steht in dem Artikel nicht und geht aus ihm auch nicht annähernd hervor. Zumal die von SPIEGEL Online gewählte Artikelüberschrift „Frühjahrsaufschwung: Arbeitslosenzahl sinkt deutlich“ keinen Sinn macht, wenn das Nachrichtenportal es mit der Kritik an den verbogenen Statistiken wirklich ernst gemeint hätte.

Dass die von der Agentur für Arbeit genannten (und Medien wie dem SPIEGEL kolportierten) Arbeitslosenzahlen der reine Schmu sind, darauf macht auch die FDP-Bundestagsabgeordnete Claudia Winterstein in einer heutigen Presseerklärung aufmerksam. Winterstein hatte bereits 2008 gegenüber der FAZ kritisiert, dass die wahre Zahl der Arbeitslosen rund doppelt so hoch liegt wie offiziell verkündet. Winterstein: „Wer nur die [offiziell angegebene] statistische Arbeitslosigkeit betrachtet, schönt die Bilanz und betrügt sich selbst.“

Von der Stillen Reserve erwähnt SPIEGEL Online auch kein Sterbenswörtchen
Erschwerend kommt hinzu, dass zu diesen aktuell fast sechs Millionen Leistungsbeziehern noch die so genannte Stille Reseve (auch verdeckte Arbeistlosigkeit genannt) hinzukommt – also schätzungsweise deutlich mehr als eine Millionen Menschen, die unter bestimmten Bedingungen bereit wären, eine Arbeit aufzunehmen, sich aber bei der Arbeitsverwaltung nicht als arbeitslos melden. Die Agentur für Arbeit schrieb 2005 sogar selber, dass man „auch die ‚Stille Reserve‘ in die Betrachtung einbeziehen muss, um das gesamte Problem [der Arbeitslosigkeit] richtig abschätzen zu können“.

Auch darüber lesen wir bei SPIEGEL Online kein Sterbenswörtchen.

Das einzig Sinnvolle wäre also, den ganzen Zahlenschmarn der Agentur für Arbeit als das zu benennen, was er ist: pure Trickserei und Schönfärberei. Und anstatt – wie es der SPIEGEL tut – den Zahlenbetrug ernst zu nehmen, sollte konsequent nur noch das wahre Ausmaß der Arbeitslosigkeit veröffentlicht werden. So wie es zum Beispiel die „Petition für eine ehrliche Veröffentlichung der Arbeitslosenzahlen“ im Sinn hat.

Der Mord an Libanons Ex-Premier Rafik al-Hariri: Ein Paradebeispiel dafür, wie der SPIEGEL aus haltlosen Spekulationen Artikel bastelt

Montag, 25. Mai 2009

(Mit Dank an Johannes M.)

Den Massenmedien geht es heutzutage immer mehr um die pure Sensation – um der Steigerung der Einschaltquoten und der Auflagen willen. Das fatale daran: Die Fakten bleiben dabei allzu oft auf der Strecke. Dies gilt auch für den SPIEGEL, auch wenn sich das Nachrichtenmagazin selber mit Vorliebe ob seiner investigtiven Recherchen lobt. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist der Bericht des SPIEGEL über den Mord an Rafik al-Hariri, Ex-Premierminister des Libanon. Bereits Ende Oktober 2005 griff SPIEGEL-Autor Erich Follath das Thema in seinem Artikel „Bye, Bye, Hariri!“ auf (siehe Screenshot). Gleich zu Beginn des Vorspanns schreibt Follath:

„Der Untersuchungsbericht des Uno-Ermittlers Mehlis belastet Syrien schwer, in den Mord am Ex-Premier [Hariri] des Zedernstaats [Libanon] verwickelt zu sein.“

Jetzt ist davon keine Rede mehr. Am 23. Mai 2009 bringt SPIEGEL Online den Beitrag, der wohlgemerkt ebenfalls von Erich Follath verfasst wurde: „Breakthrough in Tribunal Investigation: New Evidence Points to Hezbollah in Hariri Murder“, in dem es heißt: „Intensive investigations in Lebanon are all pointing to Hezbollah and not Syria“ (Anm.: Im aktuellen SPIEGEL-Heft auf den Seiten 102 bis 106 findet sich der Artikel auch auf Deutsch).  Mit anderen Worten: Follaths Artikel von Ende Oktober 2005, in dem noch mit dem Finger auf Syrien gezeigt wurde, basierte auf nichts anderem als haltlosen Spekulationen. Und ohne ein Wort über seine Recherchepanne zu verlieren, zeigt Follath nun in seinem aktuellen Artikel mit dem Zeigefinger auf die Hisbollah. Das Problem: Auch hier kann Follath für seine steile These keinerlei harte Beweise präsentieren.

„So far none of Lebanon’s political parties is taking Der Spiegel’s story as credible“
Franklin Lamb von der Sabra Shatila Foundation in Beirut, der die beiden Artikel von SPIEGEL-Autor Follath analysiert hat, schreibt in seinem Artikel „‚Hezbollah Did It!‘ Der SPIEGEL Tries Again“ für Counterpunch.org: „No evidence is offered by Der SPIEGEL for any of its ‚revelations‘ such as Hezbollah members who supposedly trained in Iran, bought phones, ‚two men who report only to their superior‘ (who else would they report to?) etc.“

Und Lamb weiter: „So far none of Lebanon’s political parties is taking Der Spiegel’s story as credible. MP Walid Jumblatt, Druze leader of the Progressive Socialist Party currently allied with the pro-US March 14th majority, commenting on the Der SPIEGEL article,  warned in a Sunday speech… that the article is ‚the game of nations that could, God forbid, derail justice and use it for things that we don’t believe in’… Hezbollah Media Relations Office issued a statement on Sunday in which it dismissed allegations published by Der Spiegel and broadcast by Al-Arabiyya Channel saying that it is nothing less than ‚police fabrications‘.“

Grüne Gentechnik: Wie der SPIEGEL die Lügenmärchen von Monsanto & Co. verbreitet

Donnerstag, 21. Mai 2009

Es ist schon erschreckend: Anstatt die Lügen von Großindustrien wie des Agrobusiness von Monsanto & Co. konsequent zu entlarven, macht sich der SPIEGEL dessen Lügenmärchen einfach zu eigen und verbreitet sie kritiklos an seine Leser. So geschehen letztlich auch in dem aktuellen Beitrag auf SPIEGEL Online „Runder Tisch in Berlin: Grüne Gentechnik – stopp oder flopp?“ (siehe Screenshot). Darin geht es vor allem um die Frage, ob die grüne Gentechnik ein wirksames Mittel gegen Hunger und Armut sei.

„Pro-Gentechnik-Publizist“ und SPIEGEL-Autor Christian Schwägerl hält mit Interessenkonflikten behaftete Personen hoch
Um diese Frage zu beantworten, lässt SPIEGEL-Autor Christian Schwägerl fast nur diejenigen zu Wort, die dies mit Nachdruck bejahen. Zuerst darf „Joachim von Braun, Direktor des International Food Policy Research Institute (IFPRI) in Washington“ davor warnen, dass es fatal sei, in diesem Zsh. auf grüne Gentechnik zu verzichten. Und gleich darauf darf Stefan Marcinowski, Vorstandsmitglied von BASF, gentechnisch veränderte Pflanzen hochjubeln. Dass sowohl von Braun als auch Marcinowski alles andere als objektive Zeitgenossen sind, wenn es um grüne Gentechnik geht, stört Christian Schwägerl dabei überhaupt nicht. Dabei ist BASF massiv in das Geschäft mit gentechnisch veränderten Organismen verstrickt; und das IFPRI ist an die Weltbank angegliedert, die wiederum von der US-Regierung dominiert wird, die nach wie vor (also auch unter Obama) engste Verbindungen zu Monsanto pflegt.

Anstatt also irgendwelche Personen zu zitieren, die mit Interessenkonflikten behaftet sind, hätte SPIEGEL-Autor Schwägerl (der übrigens schon in seiner Zeit von 2001 bis 2007 bei der konservativen Frankfurter Allgemeinen Zeitung als „Pro-Gentechnik-Publizist“ aktiv war) besser seine journalistische Hausaufgabe gemacht und sich einmal gefragt: Welche faktischen Beweise liegen tatsächlich dafür vor, dass die grüne Gentechnik ein wirksames Mittel gegen Hunger und Armut sind? Und so hätte er schnell festgestellt, dass es derlei Beweise schlicht nicht gibt.

Der SPIEGEL verschweigt, dass Monsanto&Co. nicht einmal an Pflanzen forschen, mit denen man Armut und Hunger theoretisch bekämpfen könnte
Wie auch eine aktuelle Studie des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) offenbart, forschen Monsanto, BASF, Syngenta, Bayer, Dow und DuPont-Pioneer nämlich nicht einmal an Nutzpflanzen, die durch ihren hohen Ertrag den Welthunger bekämpfen, die Energieversorgung sichern und dem Klimawandel trotzen könnten.

Heike Moldenhauer vom BUND: „Wenn sich also 2010, 2015 oder 2020 Firmenvertreter hinstellen und behaupten, die Agro-Gentechnik sei die Lösung für die großen Probleme der Menschheit im 21. Jahrhundert – den Welthunger, den Klimawandel, die Energiefrage – und entsprechenden Pflanzen aber immer noch auf sich warten lassen, dann wird unsere Studie dazu betragen, sie auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.“

Die Heilsversprechen von Monsanto&Co. sind also nix anderes als Verdummungsgequatsche – und der SPIEGEL gibt dieses auch noch eins zu eins an seine Leser weiter.

Auch hätten Schwägerl und seine Kollegen aus dem SPIEGEL-Wissenschaftsressort nur mal einen Blick in die Geschichte werfen müssen. Dann hätten sie gesehen, dass schon die „grüne Revolution“, gescheitert ist. Sie wurde losgetreten in den 1960er Jahren mit dem Heilsversprechen, dass man mithilfe der industriellen Landwirtschaft (Monokulturen und massiver Gifteinsatz) Armut und Hunger den Garaus machen werden. Doch Pustekuchen. Nach wie vor sterben täglich(!) Zehntausende(!) Menschen an den Folgen von Hunger.

Wie heißt es doch so schön: Wer einmal lügt dem glaubt man nicht. Und im Zsh. mit der Gentechnik wurde nicht nur einmal, sondern unzählige Male gelogen.

Im Grunde ist es super simpel. Hunger ist kein technologisches, sondern primär ein Verteilungsproblem. Zudem birgt die grüne Gentechnik immense Risiken, die niemand nachweislich ausschließen kann. Daher sträuben sich die Gentech-Konzerne ja auch mit Händen und Füßen dagegen, für die aus dem Anbau von Genpflanzen entstehenden Umweltschäden zu haften. Und überhaupt ist die grüne Gentechnik schlicht so überflüssig wie ein Kropf. Ja, so einfach ist das alles – offenbar aber zu einfach für die technologiegläubigen „Buddys“ aus dem Wissenschaftsressort des SPIEGEL.

Der SPIEGEL präsentiert ein naives Bild von Monsanto – einem Konzern, der selbst keine „kriminellen“ Aktivitäten scheut, um seine Interessen durchzusetzen
Die Journalistin Marie-Monique Robin, die mit ihrem Dokumentarfilm „Monsanto – mit Gift und Genen“ bekannt wurde, sagte kürzlich in einem Interview mit dem Magazin Schrot&Korn:

„Leute, die ich interviewt habe, sagen, dass Monsanto kriminell sei, weil das Unternehmen nicht nur gefährliche Produkte herstellt und dabei immer wieder gegen Gesetze verstößt, sondern diese Gefahren aus wirtschaftlichen Interessen systematisch leugnet. Monsanto ist ein Hersteller von Polychlorierten Biphenylen, kurz PCBs, die sich heute in jedem Organismus auf der Erde nachweisen lassen. Sie gelten als stark krebserregend (mehr …)

Thema Cookies: Wie SPIEGEL Online im Gleichschritt mit den großen Web-Portalen die Internetnutzer hinters Licht führt

Mittwoch, 20. Mai 2009

Inwiefern SPIEGEL Online Falschinfomationen über Cookies verbreitet – und was man doch effektiv gegen Cookies machen kann

Cookies Vor kurzem erschien auf SPIEGEL Online ein Beitrag zum Thema Cookies mit der Headline „Wie die EU Internet-Nutzer nerven will“ (siehe Screenshot). Darin geht es um einen Plan der EU, der Cookie-Flut im Internet entgegenzuwirken. Vom Grundsatz her ein zentral Wichtiges Unterfangen. Umso schwerer wiegt es, dass der Artikel Falschinformationen liefert, bedeutende Informationen weglässt und auch tendenziös ist. SPIEGEL Online gehen die Pläne der EU einfach „auf den Keks“. Liegt das etwa daran, dass das Nachrichtenportal einem Interessenkonflikt unterliegt, weil es selber mit den Cookies operiert? Immerhin sind Portale wie SPIEGEL Online direkt und massiv ökonomisch abhängig von den Werbenetzwerken und ihrem primären Geschäft – Werbung – sowie dem sekundären Geschäft Datenhandel, bei dem Cookies eine nicht unwesentliche Rolle spielen.

Bei Cookies handelt es sich wohlgemerkt um eine Internet-Technologie, die dem Benutzer Tipparbeit erspart und – scheinbar ganz nebenbei – den Anbietern von großen Internet-Portalen tonnenweise wertvolle Daten über den Internetnutzer in die Festplatten spült. Denn die Cookies bleiben nicht bei mir zuhause, sondern werden bei JEDEM Besuch des Portals JEDESMAL ans Portal übertragen, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass ich persönlich erkannt werde, ständig steigt.

SPIEGEL Online verbreitet Falschinformationen
Die Folge dieser Datensammelwut ist, dass große Portale wie Google oder Twitter über tagesgenaue Informationen über die Stimmungs- und Konsumlage der meisten sozialen Gruppen in der ganzen Welt verfügen. Das sind unschätzbar wertvolle Informationen, die die Suchmaschinen und sonstigen Portale für viel Geld weiterverkaufen. Diese Daten sind viel besser als jede Volkszählung und viel genauer und aktueller als alles Wissen, das jede Regierung der Welt über ihr Volk besitzt.

Dagegen nimmt sich zum Beispiel die staatliche Vorratsdatenspeicherung, die weiß Gott nicht verteidigt werden soll, wie der jämmerliche Versuch kleiner Schuljungen aus. Die chinesische Regierung weiß schon, warum sie eine eigene Suchmaschine, „Baidu“, an den Start gebracht hat.

Dabei sind Cookies eigentlich überflüssig, und einige „Informationen“, die Frank Patalong in seinem Artikel für SPIEGEL Online verbreitet, sind schlichtweg falsch. Er schreibt:

1. Ohne Cookies geht SPIEGEL Online nicht.

2. Cookies sind technisch dringend notwendig.

3. Das Löschen der Cookies beim Schließen des Programmes gewährleistet den Datenschutz.

SPIEGEL-Online-Beitrag ist unvollständig und tendenziös
Richtig ist hingegen:

1. Mit dem Firefox Browser kann man alle Cookies abstellen und trotzdem SPIEGEL Online vollständig benutzen, solange man kein persönliches Login vornimmt. Ein Login ist aber i.d.R. mit einer expliziten Einverständniserklärung für die Preisgabe von Daten verbunden.

2. Alle Seiten können ihre Leistung ohne Cookies erbringen und statt dessen so genannte versteckte Felder benutzen. Solche verborgenen Feldinhalte unterliegen weit strengeren Sicherheitskriterien als Cookies, werden nicht auf meinem Rechner gespeichert und können somit auch nicht meine Identität preisgeben. Dazu ist nur ein Login und somit (s.o.) eine Einverständniserklärung nötig.

3. a) Eine ganze Klasse von Cookies, die so genannten „Local Shared Objects“ (LSOs), wird durch die von Herrn Patalong vorgeschlagene Browsereinstellung NICHT gelöscht, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Flash-Cookie. Dieses noch wenig bekannte Verfahren, mit dem das verbreitete Browser-Plugin „Flash“, mit dem v.a. Videos gezeigt werden, auch zur Datenkrake wird, hat dieselben Eigenschaften wie die herkömmlichen Cookies. Leider gibt es nur wenige Werkzeuge, mit denen man LSOs kontrollieren kann.

3. b) Selbst wenn man die tagsüber gesammelten Cookies abends beim Schließen des Browsers löscht, hat man dennoch zahllose Datenspuren hinterlassen. Das gilt um so mehr, wenn man in einem Browserfenster ständig bei „Google Mail“ o.ä. eingeloggt war, während man in anderen Fenstern andere Portale besuchte. Dann konnte Google oder ein anderes Portal die woandershin ausgesendeten Daten mit der (Google-)Identität zusammenführen.

Darüber hinaus informiert Herr Patalong nur unvollständig und tendenziös. Er erwähnt mehr allgemein den „Schindluder“, der mit den Daten getrieben wird. Worin der besteht und was man dagegen tun muss, bleibt aber letztlich offen.

SPIEGEL Online versorgt Dritte über Cookies mit Nutzerdaten
So erwähnt er nicht, dass Dritte durch Vermittlung von SPIEGEL Online ihrerseits Cookies auf meinem Rechner ablegen (so genannte „Third Party Cookies“). Ein Dritter, der von SPIEGEL Online mit Cookies versorgt wird, ist beispielsweise die Seite quality-channel.de, die über jeden meiner Seitenbesuche bei SPIEGEL Online informiert wird. Das habe ich vor wenigen Tagen selbst ausprobiert. Heute ist vielleicht ein anderes Werbenetzwerk „angeschlossen“. (mehr …)

Alexander Osang: Hofberichterstattung für Angela Merkel

Samstag, 16. Mai 2009

Es gibt drei Arten der Desinformation: Man kann falsch berichten, Dinge schönreden und über Geschehnisse nicht berichten. Alles drei findet im SPIEGEL immer wieder statt. So findet sich in der aktuellen Ausgabe des Magazins eine 10-seitige Hofberichterstattung für Angela Merkel. Schlagzeile: „Die deutsche Queen“ (siehe montierte Ausrisse, Artikel online nicht verfügbar).

Der SPIEGEL malt von Merkel das naive Bild von der netten Tante
Der Beitrag, geschrieben von Alexander Osang, liest sich wie eine Lobeshymne. So erfahren wir, dass die Kanzlerin „unprätentiös“, „aufmerksam“, geheimnisvoll“, „authentisch“, „wirklich interessiert“, „offen in ihrer Art“, „sehr sympathisch“, „intelligent“, „zuhörend“, „abwägend“, „vernünftig“ usw. sei. Ja, für Alexander Osang hat Merkel schlicht „eine königliche Haltung“. Gemalt wird hier das naive Bild von der netten Tante, die man einfach zum knuddeln gerne haben muss.

Zitiert werden natürlich nur die Machtcliquen, darunter auch so sympathische Zeitgenossen wie Josef Ackermann. Oder auch Klaus von Dohnanyi, der „empfiehlt, ein euphorisches Porträt [über Merkel] zu schreiben“. Dieser Politikerempfehlung ist der Journalist Osang dann auch gefolgt.

Merkels DDR-Vergangenheit oder auch ihre Untaten als Umweltministerin werden einfach ausgeblendet
Doch wie steht es um die Schattenseiten der Kanzlerin, etwa ihre DDR-Vergangenheit – eine Vergangenheit, die der SPIEGEL der Linken zum Beispiel alle drei Minuten aufs Brot schmiert? Immerhin war Merkel FDJ-Funktionärin für Agitation und Propaganda. Damit gehörte sie zur Kampfreserve der Partei. Und dass die CDU die DDR wirklich aufgearbeitet hat, kann man nun wirklich nicht sagen. Hat die Partei der guten Christen doch das böse Vermögen zweier SED-Blockparteien geschluckt, deckt aber ansonsten über ihre Vergangenheit den Mantel des Schweigens.

Doch für Alexander Osang ist dies nicht berichtenswert. Etwa deswegen, weil er selber, geboren in der DDR, einst Mitglied der SED war? Oder einfach nur, weil der SPIEGEL „aus Versehen“ konservativ geworden ist und daher strammt steht und eigentlich drindend gebotene Kritik an Angela Merkel scheut?

Wie zum Beispiel steht es um ihre Rolle als  Bundesumweltministerin zu der Zeit, als das Atommüllager Asse II, bei dem die Atommafia ihre Finger im Spiel hat(te), einst genehmigt wurde? Vor dem anstehenden Untersuchungsausschuss zu Asse muss möglicherweise auch die mittlerweile zur Bundeskanzlerin aufgestiegene Angela Merkel aussagen.

Auch das verschweigt Alexander Osang. Genau wie die Kritik an der Kanzlerin, dass sie (genau wie viele andere Politiker) nicht viel mehr ist als ein verlängerter Arm der Großkonzerne. Man denke hier nur daran, dass nach wie vor ein Großteil der staatlichen Subventionen nicht etwa an den Mittelstand, sondern an Großkonzerne fließen, die zugleich nicht einmal mehr wirklich Steuern zahlen. Aufschlussreich in diesem Zsh. ist etwa das Buch „Asoziale Marktwirtschaft – Insider aus Politik und Wirtschaft enthüllen, wie die Konzerne den Staat ausplündern“. Dies ist auch unter Angela Merkel so.

Oder denken wir daran, dass Ex-Siemens-Chef Heinrich von Pierer zum engsten Berater von Angela Merkel wurde. Und trotz der Korruptionsaffäre bei Siemens hielten die CDU und insbesondere Angela Merkel längerfristig an von Pierer als Leiter des Rates für Innovation und Wachstum fest.

Auch hat Angela Merkel die Megasubventionen für die Banken, die nichts anderes als Großkonzerne sind, abgenickt.

Aufschlussreich auch das Buch der US-Journalistin Melissa Rossi „What Every American Should Know about Who’s Really Running the World: The People, Corporations, and Organizations That Control Our Future“.

Wer da noch daran zweifelt, dass Angela Merkel und ihre Politikerkollegen im Griff der Großkonzerne sind, der sollte unbedingt zum Augenarzt gehen, um sich neue Gläser für seine Realitätsbrille verpassen zu lassen.

Merkel kommt wie die nette Tante daher, und Medien wie der SPIEGEL fördern dieses totale Zerrbild der Kanzlerin auch noch. In Wahrheit aber betreibt Merkel genau wie ihre Vorgänger Schröder und Kohl konsequent Industriepolitik für die Großkonzerne. Ergebnis: Die Konzernlenker, von denen viele schlicht korrupt sind, sind immer reicher geworden, das Gros der Bevölkerung hingegen bekommt einen immer kleineren Anteil am Wohlstandskuchen.

Die Welt braucht keine Hofberichterstatter, sondern investigativen Journalismus
All diese Details würden ja auch nur stören in einem SPIEGEL-Artikel, den die Bild der Frau oder auch die CDU-Parteizentrale nicht schöner hätte hinbekommen können.

Alexander Osang wurde übrigens mehrfach mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis ausgezeichnet. Mit diesem Medienpreis, der hierzulande hohes Ansehen genießt, werden die Reportagen – also schön geschriebene Geschichtchen – ausgezeichnet. Doch der SPIEGEL-Artikel beweist wieder einmal, dass der Journalismus primär keine Schönschreiber braucht, sondern investigatives Gedankengut, das bestrebt ist, die korrumpierten Machtcliquen zu kontrollieren.

ZEIT Magazin gibt sich wie ein Reklamemacher der Luxusuhren-Hersteller

Freitag, 15. Mai 2009

Eigentlich ist dies ja ein SPIEGELblog. Doch ein kleiner Abstecher zum ZEIT Magazin sei hier erlaubt. Immerhin verbindet DIE ZEIT und den SPIEGEL nicht nur, dass sie beide in Hamburg ansässig sind. Auch sind sie beide unsterblich in Helmut Schmidt verliebt – und sehen sich selbst als Garant für Qualitätsjournalismus. Wie weit es mit diesem Qualitätsjournalismus beim SPIEGEL her ist, dies haben wir im SPIEGELblog hinreichend dokumentiert. Und bei der ZEIT sieht es im Grunde genau so aus. Einen guten Eindruck davon, wie viel bzw. wenig journalistische Qualität in der Wochenzeitung steckt, bekommt man, wenn man in die aktuelle Ausgabe des ZEIT Magazins schaut. Dabei drängt sich einem der Eindruck auf, dass das Magazin eine Art Vorhut der Luxusuhren-Fabrikanten darstellt.

Schon Anfang April wurden Luxusuhen in einer langen Artikelstrecke regelrecht promotet
Oder wie ist es zu erklären, dass das ZEIT Magazin wohlgemerkt innerhalb kürzester Zeit ein zweites Mal eine Mega-Artikelstrecke über Luxusuhren bringt, in der die „guten Stücke“ ohne Ende hochgejubelt werden – und parallel dazu ganzseitige Anzeigen der Uhrenhersteller abdruckt? Ein Schelm, der da einen Einfluss der Anzeigenabteilung vermutet.

So findet sich auf der Rückseite der aktuellen Ausgabe des ZEIT Magazins eine ganzseitige Anzeige des Uhrenherstellers Patek, und auf der Seite davor eine ebenfalls ganzseitige Anzeige des Uhrenfabrikanten Breitling. Luxusuhren von beiden Marken werden dann auch im 13-seitigen Beitrag im Heft nicht wenigstens kritisch gewürdigt, sondern regerlrecht promotet. So ist der Beitrag durchweg mit Fotos und Texten sowie Preisangaben bestückt, wie sie in einer Werbestrecke nicht besser hätte aufbereitet werden können.

Doch damit nicht genug. Im Anschluss daran folgt über vier Seiten ein Artikel über den Schweizer Luxusuhrenverkäufer Jean-Claude Biver (siehe Screenshot). Geschrieben wurde das Stück von dem ZEIT-MAGAZIN-Redakteur Tillmann Prüfer. Dieser haut nicht nur für das Novo-Magazin, bei dessen Lektüre man sich schnell in die Zeit der totalen Fortschrittsgläubigkeit und Atomkrafteuphorie der 50er Jahre zurückversetzt fühlt, in die Tasten, sondern hat bereits Anfang April im ZEIT Magazin die Breitling-Uhr mit männlichen Gedankenspielen hochjubeln dürfen (SPIEGELblog berichtete).

Auf rund 20 von 56 redaktionellen Seiten jubelt das ZEIT Magazin Luxusuhren werbemäßig hoch
Und damit immer noch nicht genug. Auch im Impressum des aktuellen ZEIT Magazins ist eine Luxusuhr abgebildet, und zwar eine von Chopard – mit Preisangabe, versteht sich: 8.250 €. (mehr …)

Absurdistan lässt grüßen: Wie ein SPIEGEL-Redakteur unter seiner nicht artikulierten Abneigung gegen Kohl-Witze litt und so „aus Versehen“ konservativ wurde

Mittwoch, 13. Mai 2009

Helmut und Hannelore sitzen abends zu Hause, Helmut löst Kreuzworträtsel, Hannelore strickt. Helmut überlegt angestrengt: „Mmmmm… Jetz wird’s schwierisch… Kanzler der Wiedervereinigung mit vier Buchstabnnnn… Das bin ja isch!!! I – C – H… Basst net… Wieso basst des jetz net!? Des hat nur drei Buchstabnnnn…“ Hannelore: „Aber Helmut, DU bist gemeint!“ Helmut: „Du?!? D – U… Des basst auch net… Isch brauch ein‘ mehr, net ein weniger, Hannelore!“ Hannelore: „Aber Helmut, denk doch mal nach! Die meinen DICH!“ Helmut: „Disch?!? D – I – C – H… Mensch, Hannelore, des basst! Vier Buchstabnnnn… Also Hannelore, wenn isch DISCH net hätte…“ (siehe www.neppel.com).

Im letzten SPIEGELblog-Beitrag wurde bereits kurz erwähnt, dass beim SPIEGEL ein Redakteur gerade wortreich sein coming out als Konservativer gefeiert hat. Gemeint war damit der Essay von Jan Fleischauer. Das Stück war dem Magazin so wichtig, dass es in der Print-Ausgabe des SPIEGEL vom 4. Mai auf gleich drei Seiten abgedruckt wurde; und bei SPIEGEL Online erschien es am 10. Mai mit der Schlagzeile „Wie man aus Versehen konservativ wird“ zusammen mit so weltbewegenden Themen wie dem Bundesliga-Liveticker in die Top-News (siehe Screenshot). Doch der Essay ist gespickt mit so viel plakativem Gesäusel und Absurditäten, dass SPIEGELblog es noch mal extra „würdigen“ möchte.

Fleischhauers Unterteilung in „links“ und „rechts“ macht längst keinen Sinn mehr
Nicht nur macht die Unterteilung in links und rechts/konservativ, die Fleischhauer benutzt, um in seinem Essay seine zähen Thesen durchzukauen, längst keinen Sinn mehr (wenn sie denn überhaupt mal Sinn gemacht haben sollte). Dies sollte besonders für einen Journalisten (genau wie für einen Wissenschaftler) gelten, der vom Selbstverständnis her weder „links“ noch „rechts“ sein sollte, sondern einfach nur konsequent kritisch gegnüber den Machtcliquen, um Machtmissbrauch entgegenwirken zu können.

Fleischhauer hat sich mit wirklich kritischem Gedankengut offenbar gar nicht beschäftigt
Zudem gibt es gar keine klaren Definitionen der Begriffe „links“ und „rechts“, die oft genug nur als Kampfbegriffe missbraucht werden. Und die Definition, die Fleischhauer verwendet, könnte idiotischer kaum sein. So behauptet Fleischhauer, die so genannten Linken würden allesamt für Obama schwärmen und dem Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fröhnen. Was für ein Blödsinn. Und auch meint Fleischhauer, Linke würden „der Marktwirtschaft kritisch gegenüber [stehen], ohne genau sagen zu können, was die Alternative wäre“. Auch hier zeigt sich, wie intellektuell arm und oberflächlich das Gerede Fleischhauers daherkommt und wie wenig er sich mit „linken“ oder überhaupt Ideen zu Alternativen zur Marktwirtschaft beschäftigt haben kann.

So versammelte sich die Weltgemeinschaft 1992 auf der Umweltkonferenz in Rio de Janeiro und einigte sich dort auf die Umsetzung eines Miteinanders, das sukzessive Abschied nimmt von einem rein quantitativen Wachstumsmodell und hinsteuert auf ein Wirtschaftsmodell der nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development). Noch nie davon gehört, Mister Fleischhauer? Oder denken wir an das Konzept der ökosozialen Marktwirtschaft, das unter anderem von der Global Marshall Plan Initiative vertreten wird und grob formuliert eine gezähmte Form des Kapitalismus, den wir heute erleben, im Auge hat. Erklärt werden die dahinter stehenden Ideen etwa von dem Wirtschaftprofessor Franz Joseph Radermacher in dem Buch „Welt mit Zukunft“.

Ein Lob auf die kritische Zeit der Kohl-Witze
Richtig lustig wird es dann, als Fleischhauer erzählt, wie er lange versucht hätte, seine „konservativen Neigungen zu unterdrücken“. Dies hätte sich vor allem auch bei Kohl-Witzen gezeigt, über die er „plötzlich nicht mehr lachen konnte“. Daher hätte er sich einfach verstellt, um nicht aufzufallen, und „beim nächsten Kohl-Witz dafür besonders laut gelacht“. SPIEGELblog vergeht eher das Lachen bei dem Gedanken, wie „konservativ“ im Sinne von unkritisch der SPIEGEL geworden ist – und wie voll kritischer Energie der Zeitgeist noch zu den Zeiten der Kohl-Witze war.

Damit einem das Lachen nicht vergeht, nachdem man solche Essays gelesen hat, sind Kohl-Witze genau das Richtige. Hier zwei weitere Kostproben von Kohl-Witzen:

(1) Nach der Bundestagswahl 1998:
Bei Kohls in Oggersheim klingelt das Telefon. Hannelore hebt ab, meldet sich und hört:
„Guten Tag, ich würde gern den Bundeskanzler sprechen.“
„Da haben sie leider Pech, mein Mann ist nicht da und, äh, Bundeskanzler ist er auch nicht mehr!“ erwidert Sie. (mehr …)