Archiv für Juni 2009

Der SPIEGEL geriert sich als eine Art Marketingmaschine für Angela Merkel – und sorgt sich um die „Glaubwürdigkeit“ der Lügenbaronin

Sonntag, 28. Juni 2009

Atommüllager Asse - was wusste Angela Merkel? Für den SPIEGEL eine Frage mit Tabu-Charakter...

Es ist schon bemerkenswert, wie sich ein Medium wie der SPIEGEL, der sich selber „Sturmgeschütz der Demokratie“ nennt, dermaßen als regelrechte Marketingmaschine für Angela Merkel gerieren kann. Gleich zu Beginn des aktuellen Besuchs der Kanzlerin bei Barack Obama zum Beispiel kommt SPIEGEL Online sogleich mit der Schlagzeile: „Angela Merkal TRUMPFT als Europäerin auf“ (und nicht etwa „tritt“ sie als Europäerin auf). Das ist Promotion pur.

Und damit nicht genug. Gleich im ersten Satz des Vorspanns hebt SPIEGEL Online – ganz im Sinne der Marketingabteilung der CDU-Zentrale – hervor, Merkel sei „zum Auftakt ihres Antrittsbesuchs bei Barack Obama mit einem Transatlantik-Preis geehrt“ worden, weil sie sich ja ach so toll für die transatlantischen Beziehungen eingesetzt hätte. Als ob es nichts Wichtigeres zu berichten gebe…

Und sollen wir also etwa Merkel auch noch dafür dankbar sein, dass sie sich für Bushs Irak-Krieg so ins Zeug gelegt und damit die transatlantischen Beziehugen so gepflegt hat?

... Dass Merkel die Steuern angeblich partout nicht erhöhen will, macht SPIEGEL Online hingegen sogleich zum Aufmacher Nummer 1

Nun, von SPIEGEL Online erfahren wir darüber nichts, weil das Angela-Merkel-… äähhh Nachrichtenportal nicht einmal einen Hauch von Kritik an dieser Marketingveranstaltung walten lässt. Dabei hätte alleine der Blick in die Preisträgerliste genügt, um als Journalist stutzig zu werden, finden sich da doch so illustre Namen wie Ex-Kanzler Helmut Kohl, Henry Kissinger und Condoleezza Rice – die sich allesamt auf übelste Weise an der Menschheit vergangen haben (siehe z.B. den Beitrag „Henry Kissinger: the wanted man“).

Hofberichterstattung für Angela Merkel hat offenbar schon Tradition beim SPIEGEL (auch wenn sich jegliche Hofberichterstattung für ein Medium, das sich unabhängig nennen will, partout verbietet). Erinnern wir uns nur an den zehnseitigen Jubelbericht über „Die deutsche Queen“ von Alexander Osang (SPIEGELblog berichtete).

Der SPIEGEL will Angela Merkel aus dem Asse-Skandal offenbar heraushalten
Nicht weniger prekär ist unterdessen, dass der SPIEGEL beim hochbrisanten Thema Atommüllager Asse II die Kanzlerin komplett ausblendet. Zwar greift SPIEGEL Online das Thema auch ganz aktuell auf und erwähnt dabei die Vermutung, der ehemalige Forschungsminister Gerhard Stoltenberg (wie Merkel von der CDU) trage die Verantwortung für den Asse-Skandal. Doch in diesem Beitrag verliert der SPIEGEL kein Sterbenswörtchen über Angela Merkel. Und dies, obwohl es, wie etwa die ARD-Redaktion Kontraste vor kurzem berichtete, Dokumente zu geben scheint, die belegen, dass es in Bezug auf Asse sehr wohl massive Sicherheitsbedenken gab, die Merkel in ihrer damaligen Funktion als Bundesumweltministerin unter Helmut Kohl bekannt gewesen sein mussten (siehe Screenshot).

Im Übrigen berichtete der SPIEGEL auch nicht darüber, dass der niedersächsische Landtag Mitte Juni einen Untersuchungsausschuss zu Asse beschlossen hat. Vor diesen Ausschuss soll auch Angela Merkel geladen werden, wogegen sich CDU und FDP peinlicherweise vehement sträuben – Parteischarmützel, die mal wieder nach üblem Sumpf riechen…

SPIEGEL-Leser wissen also mal wieder nicht mehr.

SPIEGEL Online ist um Glaubwürdigkeit der Kanzlerin besorgt
Und die Merkel-Promotion geht immer weiter. So macht SPIEGEL Online am Montag Morgen (29. Juni) die Nachricht zum absoluten Top-Aufmacher, dass Angela Merkel für die nächste Legislaturperiode Steuersenkungen „garantieren“ würde (siehe zweiten Screenshot). Dies sei wichtig mitzuteilen, so SPIEGEL Online, weil Merkel ja sonst ihre „Glaubwürdigkeit“ verlieren würde. OK, SPIEGEL Online liegt die Glaubwürdigkeit der Kanzlerin sehr am Herzen, was mal wieder bezeichnend ist – und nicht zuletzt auch zeigt, dass die SPIEGEL-Politikjournalisten die Kanzlerin für glaubwürdig halten. SPIEGELblog hingegen findet diese Sichtweise geradezu naiv, denn die Realität zeigt immer wieder, dass man keinem  Spitzenpolitiker wirklich trauen kann, auch oder gerade wenn er bzw. sie Angela Merkal heißt. Dazu einige interessante Links:

# „Die dummen Lügen der Angela Merkel“

# „Bundeskanzlerin Merkel lügt im Bundestag“

# „Merkel lügt mitunter mit“

Im Übrigen lassen andere Nachrichtenportale den Kampf der Kanzlerin um ihre ach so große Glaubwürdigkeit kalt. Süddeutsche.de zum Beispiel bringt statt dessen als Top-Meldung „Merkel fehlt die große Idee“ – ein Beitrag, in dem das Wahlprogramm der CDU zerpflückt wird…

SPIEGEL promotet den Pharma- und Monsanto-Lobbyisten Bill Gates – und bezeichnet ihn zu Unrecht als „Philanthropen“

Freitag, 26. Juni 2009

„Vor allem die schwächeren Bereiche der Gesellschaft kommen [im SPIEGEL] kaum noch vor, dafür die Topmanager aus Wirtschaft und Politik um so mehr.“
Oliver Gehrs, „Der SPIEGEL-Komplex“, S. 12

Ja, es sind die Machtcliquen, denen die SPIEGEL-Buddys mit Vorliebe die Hände schütteln. Aktuelles Beispiel: Bill Gates. Wer in dieser Woche die Print-Ausgabe durchblättert, stößt auf Seite 78 völlig unverhofft auf ein Interview mit dem Microsoft-Gründer (siehe Ausriss, Interview ist online bis dato nicht verfügbar). Völlig unverhofft, weil es keinen erkennbar aktuellen Aufhänger für das Interview gibt. Und so drängt sich der Verdacht auf, dass Bill Gates einfach mal wieder Publicity für die Pharma- und Gentech-Aktivitäten seiner Stiftung brauchte und vom willigen SPIEGEL die Marketingplattform dafür geboten bekam.

Gates kann im SPIEGEL – unwidersprochen – eine schamlose Lüge loswerden
Nicht nur das Bild zum Interview hätte die Marketingabteilung der Gates-Stiftung nicht besser aussuchen können. Auch die Überschrift „Vieles läuft gut“ ist Promotion pur. Und dann umschmeichelt die Interviewerin Petra Bornhöft den Stifter Gates auch noch mit so hochlobenden Begriffen wie „Wohltäter in Afrika“ (siehe ersten Ausriss) und „Philanthrop“ (siehe zweiten Ausriss). Doch man muss entweder aus der Marketingabteilung der Gates-Stiftung kommen oder total naiv sein, um den reichsten Mann der Welt mit derart realitätsfernen Begriffen zu belegen.

Die Wahrheit ist nämlich, dass Bill Gates zwar so tut, als würde er für das Wohl der geschundenen Menschen in den ökonomisch armen Ländern unterwegs sein. Tatsächlich aber ist er nichts anderes als eine gigantische Marketingmaschine, die mit einem Smiley-Face knallhart die Interessen der Pharmaindustrie und dem Gentechmulti Monsanto vertritt.

So darf Gates in dem Interview  – unwidersprochen! – die schamlose Lüge verbreiten, unser „Planet ist nicht mehr in Arm und Reich geteilt. Staaten wie die Schwellenländer China, Brasilien oder Mexiko rücken auf…“ Dies ist eine schamlose Lüge, weil die Länder zwar aufrücken, doch kommt der materielle Reichtum, der sich dort gesamtwirtschaftlich betrachtet vermehrt hat, bei der breiten Masse der Bevölkerung überhaupt nicht entsprechend an.

Die Welt ist also in Wahrheit nach wie vor krass in Arm und Reich gespalten – wohl krasser als je zuvor.

Die Gates-Stiftung hat in Firmen investiert, die alle Standards sozialer Verantwortung brechen
Unwidersprochen kann Gates zudem seine Stiftung dafür loben, „die Entwicklung und den Kauf neuer Impfstoffe zu finanzieren“. Dies ist für ihn laut Interview gar der wichtigste Aspekt im Kampf gegen das Elend in Afrika. Doch es darf getrost bezweifelt werden, dass die Impfstoffe die Not der im Elend lebenden Afrikaner in irgendeiner Weise behebt.

Nicht nur bedürfen die armen Länder Afrikas und anderer Kontinente zuallererst demokratische Strukturen, unäbhängige Medien und eine gerechte Verteilung der Ressourcen. So wie es Amartya Sen, Harvard-Ökonom und Nobelpreisträger, formulierte: „Hungersnöte geschehen nicht in Ländern mit einer freien Presse. Denn Hungersnöte resultieren aus einem Problem der Verteilung von Nahrung, nicht aus einem absoluten Mangel an Nahrung.“ Auch wird bereits seit Jahrzehnten nach Impfstoffen geforscht und diese auch eingesetzt – und was hat es gebracht? Letztlich hat es nachweislich(!) nur die Profite der Pharmakonzerne, als deren Vorhut die Gates-Stiftung agiert, in gigantische Höhen getrieben (siehe auch SPIEGELblog-Bericht „Der SPIEGEL und das Thema Impfen: noch kein hinreichend neutraler Zugang“).

Dass die Gates-Stiftung außerdem ein Monsanto-Hansel ist, wird in dem Interview genau so wenig thematisiert wie der Skandal, den die Los Angeles Times vor zwei Jahren aufdeckte: dass nämlich die Gates-Stiftung Aktien an Firmen besitzt, die alle Standards sozialer Verantwortung brechen, weil sie die Umwelt zerstören, ihre Angestellten diskriminieren oder die Rechte der Arbeitnehmer verletzen. Zum Beispiel in Nigeria. Hier förderte die Gates-Stiftung für 167 Mio. € ein Impfprogramm gegen Kinderlähmung und Masern. Zugleich aber besitzt sie Anteile an einer Öl-Firma des italienischen Eni-Konzerns, der wie viele Firmen im Niger-Delta, überschüssiges Öl in einer riesigen Flamme abfackelt – und einen Regen von 250 giftigen Substanzen auf Mensch und Umwelt niedergehen lässt. Dadurch werden Kinder krank – und es besteht Grund zur Annahme, dass diese Kinder durch die Gifte in ihrem Immunsystem so geschwächt werden, dass sie genau die Krankheiten bekommen, gegen die sie dann (idiotischerweise) geimpft werden.

Weitere interessante Links, die das Gerede vom „Philanthropen Bill Gates“ als Märchen entlarven:

# „Afrika: Die [von der Gates-Stiftung getragene] AGRA-Initiative – Alte Ideen für eine neue grüne Revolution“, Evangelischer Entwicklungsdienst

# „The Profits of Philanthropy: Is Bill Gates Trying to Hijack Africa’s Food Supply?“, counterpunch.org

# „Bill & Melindas schmutzige Milliarden“, taz

# „Bill Gates & Big Pharma“, 100777.com – a site for truthseekers

# „Bill & Melinda Gates Fdt. – Truth Revealed“, Democracy Now! auf youtube

# „Bill Gates Spends $630 Million to Vaccinate Children Against Polio“, naturalnews.com

# Generell zum Thema Bill Gates und sein äußerst fragwürdiger Einsatz für AIDS-Medikamente, Polio-Impfungen etc.: „Virus-Wahn. Vogelgrippe (H5N1), SARS, BSE, Hepatitis C, AIDS, Polio – Wie die Medizin-Industrie ständig Seuchen erfindet und auf Kosten der Allgemeinheit Milliarden-Profite macht“, von Torsten Engelbrecht und Dr. med. Claus Köhnlein

# „‚Doomsday Seed Vault‘ in the Arctic: Bill Gates, Rockefeller and the GMO giants know something we don’t“, globalresearch.ca (auf Deutsch unter www.engdahl.oilgeopolitics.net)

SPIEGEL Online behält Sex-Affäre des US-Gouverneurs Mark Sanford stundenlang in seinen Top-News – und zeigt damit erneut sein boulevardeskes BILD-Gesicht

Donnerstag, 25. Juni 2009

Wohlgemerkt: Der SPIEGEL versteht sich selbst als Nachrichtenmagazin, als investigativ – ja als „Sturmgeschütz der Demokratie“. Doch in Wahrheit muss sich keine Machtclique dieser Welt vor dem SPIEGEL fürchten – was unter anderem daran liegt, dass man sich mit Vorliebe auf boulevardeske Themen stürzt. Aktuell hat zum Beispiel SPIEGEL Online die Meldung, dass sich der Gouverneur Mark Sanford aus dem US-Bundesstaat South Carolina zu einer außerehelichen Affäre bekannt hat, zur Top-News erkoren (siehe Screenshot). Und die Meldung hält sich seit etlichen Stunden als Top-Meldung. Jetzt wurde sogar nachgelegt und sprachlich nachgewürzt und ein zweiter Bericht in die Top-News über Sanford gehoben: „Sexskandal der US-Republikaner: ‚Mal was Exotisches tun'“ – was mal wieder nur zeigt, dass SPIEGEL Online arg auf den Pfaden von BILD.de wandelt.

Alec Baldwin in der Huffington Post: „Whatever personal problems that public officials deal with privately, leave them alone!“
Dass derlei Meldungen brutale Ablenkungsmanöver sind, die nichts mit Journalismus, der die Probleme dieser Welt wirklich ernst nimmt, zu tun haben, beschreibt auch der US-Schauspieler Alec Baldwin in seinem Kommentar für die Huffington Post: „Don’t Take the Bait!“ („Friss den [Boulevard-]Köder nicht!“).

„So South Carolina Governor Mark Sanford had an affair. Big deal“, merkt Baldwin ironisch an. „Now is a wonderful opportunity to show the country what Democrats/liberals/progressives/unaligned learned from the Clinton era. Whatever personal problems that public officials deal with privately, leave them alone. This could happen to anyone, in any state, regardless of party. Why make the voters of South Carolina suffer while Sanford is skewered? If he wants to resign, so be it. If not, let him deal with it in private.

The Clinton scandal was one of the most horrific political episodes I have ever witnessed… The rest of the world is about to kick this country right where it counts when it decides to go off the dollar as the reserve currency, and you want to spend five minutes over the fact that Sanford was cheating on his wife?

Don’t take the bait. Move on.“

Dabei gäbe es wirklich Wichtiges aus den bzw. über die USA zu erzählen, was man hätte groß thematisieren können – was SPIEGEL Online aber nicht tut:

# „US Drone Attack Kills 60 [People] in Pakistan“ berichtet z.B. DemocracyNow.org

# Süddeutsche.de bringt aktuell (13:45 Uhr) als Top-News: „Verseuchte Rindermägen und menschliches Corned Beef: Der Kinofilm ‚Food Inc.‘ erinnert an die Greuel der US-Nahrungsmittelindustrie. Neues aus der Nation der Fetten und Kranken.“ (Hierzu bringt SPIEGEL Online nur eine Mininotiz, in der auf Süddeutsche.de verwiesen wird)

# „How the U.S. Has Secretly Backed Pakistan’s Nuclear Program From Day One“, Counterpunch.org

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen…

Rebellion in Iran: Der SPIEGEL packt Osama bin Laden auf sein Cover – und betreibt nicht nur damit Geschichtsklitterung

Mittwoch, 24. Juni 2009

Betrachtet man das aktuelle Titelbild des SPIEGEL, das die Demonstrationen gegen die Diktatoren im Iran thematisch aufgreift (siehe Screenshot), so fällt bei genauer Betrachtung auf, dass oben rechts zwei Personen abgebildet sind, die gar nichts direkt mit Iran zu tun haben: Hassan Nasrallah, Generalsekretär der libanesischen Partei Hisbollah, und Osama bin Laden.

Nun könnte man meinen, dass der SPIEGEL in seiner Titelgeschichte ja nicht nur Iran, sondern den islamischen Fundamentalismus sozusagen in einem Abwaschgang durchspühlt. Doch wenn man sich anschaut, wie der SPIEGEL das Ganze durchexerziert, so wird offenbar, dass es dem Nachrichtenmagazin im Grunde nicht um eine vollständige und schonungslos an den Fakten orientierte Aufarbeitung der Thematik geht, sondern viel mehr um Stimmungsmache und Meinungsmanipulation im Sinne der herrschenden westlichen Machtcliquen.

Der SPIEGEL blendet die Rolle westlicher Großkonzerne und Politiker bei der Entstehung des islamischen Fundamentalismus aus
Der SPIEGEL blendet nämlich entscheidende Fakten aus und präsentiert Dinge als Tatsachen, die niemals bewiesen wurden. Kurzum, der SPIEGEL betreibt hier Geschichtsklitterung.

So verschweigt das selbsternannte „Sturmgeschütz der Demokratie“ nicht nur, dass westliche Großkonzerne ein Riesengeschäft mit den „Teufeln“ in Iran machen und diese somit in ihrer diktatorischen Unterdrückungswut entscheidend unterstützen (siehe SPIEGELblog-Beitrag). Auch bleiben die Verstrickungen des Westens mit den auf der Anklagebank stehenden islamischen Terrorakteuren unerwähnt.

So heißt es auf Seite 99 des SPIEGEL, Iran und al-Qaida hätten „einen gemeinsamen historischen Hintergrund: das Jahr 1979, als Ajatollah Chomeini aus dem Pariser Exil nach Teheran zurückkehrte und aus dem Pfauenthron-Staat einen Gottesstaat machte. Indes löste in Afghanistan die sowjetische Besatzung eine eminente Radikalisierung des Islam aus, als deren Produkt al-Qaida und dann die Taliban entstanden.“

Scholl-Latour: „Al-Qaida ist eine Schöpfung der Amerikaner gewesen“ – eine begründete These, die der SPIEGEL ebenfalls ignoriert
Doch welche Rolle spielten hierbei westliche Politmächte? Diese Frage wird vom SPIEGEL überhaupt nicht aufgegriffen. Dabei ist sie von zentraler Bedeutung. So konnte Chomeini seine Revolution von Paris aus ungestört vorbereiten. Und schließlich schrob Frankreichs Regierung den lange hofierten Diktator im Iran, den Schah, aufs Abstellgleis und baute dafür Chomeini als neuen Herrscher Persiens auf. Für seinen Rückflug bekam er sogar einen Jumbo-Jet, siehe z.B. www.nachrichten.at.

Auch belieferte etwa die US-Regierung unter Ronald Reagan Chomeinis Iran fleißig auf geheime und illegale Weise mit Waffen, was dann allerdings irgendwann aufflog (Iran-Contra-Affäre). All diese krummen Machenschaften zeigen unmissverständlich, dass sich die westlichen Regierungen für keine noch so schlimme Greueltat zu schade sind, wenn es um die Absicherung von Absatz- und Rohstoffimportmärkten geht.

Und ist al-Qaida wirklich, wie der SPIEGEL behauptet, ein Ergebnis der russischen Besatzung in Afghanistan? Wohl kaum. So konstatiert Peter Scholl-Latour bei Phoenix: „Al-Qaida ist eine Schöpfung der Amerikaner gewesen.“ Und Kurt Nimmo schreibt in seinem Beitrag „Bin Laden and the CIA: Is Bush Guilty for Mass Murder?“ auf Counterpunch.org: „It’s common knowledge that bin Laden was funded by the CIA to fight the Soviet occupation troops in Afghanistan. Andrew Evered Allen, a reclusive millionaire and CIA insider, admitted as much in court documents… Overthrowing governments and killing dissidents is what the CIA does.“ Während Rosa Brooks 2007 in der Los Angeles Times schreibt: „Thanks to U.S. policies, Al Qaeda has become the vast global threat the [Bush] administration imagined it to be in 2001.“

Der Westen baut den Terror also direkt auf oder fördert ihn indirekt durch seine Politik – was der SPIEGEL aber mal wieder unter den Teppich kehrt.

Der SPIEGEL bezeichnet bin Laden als „Drahtzieher“ von 9/11 – doch das ist reine Bush-Folklore
Davon abgesehen, deutet alles darauf hin, dass Osama bin Laden längst tot ist. Von daher könnte man sagen, der SPIEGEL hat ein Gespenst auf sein Cover gepackt.

Reiner Mythos ist außerdem der Satz, den man im SPIEGEL auf Seite 95 lesen kann: „Als Drahtzieher [der Anschläge vom 11. September 2001] gilt Osama bin Laden.“ Mythos deshalb, weil es überhaupt nicht bewiesen ist, das Osama bin Laden oder al-Qaidas etwas mit den Anschlägen zu tun haben. Es gab ja nicht einmal eine kriminalistische Untersuchung der Anschläge. Selbst das FBI sagte 2006: „[There is] no hard evidence connecting Bin Laden to 9/11.“ Genau so könnte man im Übrigen sagen, dass die Bush-Regierung selber die Anschläge initiiert und islmischen Fundmentlisten in die Schuhe geschoben hat.

Kurzum, die Sache ist noch völlig ungklärt. Nicht von ungefähr fordern daher auch zahlreiche absolut seriöse Persölichkeiten, dass das, was am 11. Septeber 2001 geschehen ist, durch eine wirklich unabhängige Kommission aufgeklärt werden muss – eine Forderung, die der ach so aufklärerische SPIEGEL nie gestellt hat (siehe SPIEGELblog-Bericht „Die Huffington Post fordert Aufklärung über 9/11 – der SPIEGEL hingegen vertraut ganz auf dubiose Regierungsberichte“).

SPIEGEL-Leser wissen also auch hier mal wieder nicht mehr…

Weitere interessante Links zum Thema:

# „The Power of Nightmares“, BBC-Dokumentation

# Alles Schall und Rauch über den aktuellen SPIEGEL-Titel

# If the Ayatollah Khomeini was an enemy of the United States ruling elite, why did he adopt the CIA’s security service?, Historical and Investigative Research, 23. Februar 2006

# „Al Qaeda made in USA by CIA Fabrication“, Pakistan Daily, 22. Juni 2008

# „Osama bin Laden für 9/11 frei gesprochen“, Berner Zeitung, 9. April 2009

SPIEGEL Online macht mit Trauer um die getötete Iranerin Neda Agha-Soltan auf – lässt aber die Verwicklungen von Nokia Siemens Networks erneut unerwähnt

Dienstag, 23. Juni 2009

„Propagandaschlacht um die Heldin des neuen Iran“ titelt SPIEGEL Online aktuell (siehe Screenshot). Darin geht es um die getötete Iranerin Neda Agha-Soltan, die zum Symbol der Brutalität geworden ist, mit dem das iranische Regime gegen das eigene Volk vorgeht. Ein mit einer Handykamera aufgenommener Film soll die letzten Augenblicke der 26-jährigen zeigen: Wie sie, anscheinend von einer Kugel in die Brust getroffen, zu Boden sinkt (siehe Video).

Eamonn Fitzgerald von Spotlight: „Next time you take a cool drink from that big Siemens refrigerator, think about Neda.“
Beschuldigt wird also das brutale Mullah-Regime im Iran. Sollten die Anschuldigungen stimmen, so wäre diese Ermordung schlicht verabscheuenswürdig. Wer aber hat mit den Teufeln im Iran Geschäfte gemacht und Ihnen sogar Technologien geliefert, damit sie ihr eigenes Volk möglichst effizient ausspionieren und die Kommunnikation der Demonstranten stören können? Ja, es waren westliche Konzerne, namentlich Nokia und Siemens – ein Umstand, den SPIEGEL Online aber erneut unter den Tisch fallen lässt (siehe SPIEGELblog-Bericht.

Eamonn Fitzgerald hingegen konstatiert heute auf der Website des Magazins Spotlight treffend: „The next time you make a call on that nice Nokia phone of yours, as you take a cool drink from that big Siemens refrigerator, think about Neda. Her name means ‚voice‘ in Farsi. Except she doesn’t have one any more.“

AP: „Iran is big business for Europe“
Die Verwicklungen von global agiernden Großkonzernen und deren Politikermarionetten auf aller Welt wäre im Übrigen locker eine eigene SPIEGEL-Titelstory wert (doch da traut sich das journalistisch erschlaffte Blatt einfach nicht heran). So schreibt Matt Moore von Associated Press heute:

„Iran is big business for Europe – with some €14.1 billion worth of goods sent to the country in 2008-, whose companies sell it everything from rail equipment to turbines and even cell phone technology that has been used to block communications between protesters seeking to overturn disputed election results. But while European governments have expressed outrage over Tehran’s bloody crackdown on the demonstrations, lucrative business interests will make them think twice about taking tough action like imposing sanctions.”

Rebellion im Iran: Wie der SPIEGEL die Rolle von Nokia Siemens Networks bei der Installation des Bespitzelungssystems der Mullahs verschweigt

Dienstag, 23. Juni 2009

(MIt Dank an Alex Dommnich)

„Iran is big business for Europe – with some €14.1 billion worth of goods sent to the country in 2008-, whose companies sell it everything from rail equipment to turbines and even cell phone technology that has been used to block communications between protesters seeking to overturn disputed election results.“
Matt Moore, Associated Press, 23. Juni 2009

But while European governments have expressed outrage over Tehran’s bloody crackdown on the demonstrations, lucrative business interests will make them think twice about taking tough action like imposing sanctions.

Nicht nur beim Thema Hugo Chávez, auch beim aktuellen Titel des SPIEGEL – „Rebellion [im Iran] gegen die Radikalen“ – sind die Rollen mal wieder klar verteilt: Auf der einen Seite die Superbösen Mullahs aus dem Gottesstaat und auf der anderen Seite Barack Obama, bei dem, so der SPIEGEL wörtlich, „kraftvoller Idealismus mit nüchternem Wirklichkeitssinn zusammenfließen“ (S. 99 der aktuellen Print-Ausgabe). Dass die Mullahs einen Schuss weg haben und abgelöst gehören, steht außer Frage. Doch so, wie der SPIEGEL zum wiederholten Male Obama als eine Art Heilsbringer präsentiert, ist schlicht wirklichkeitsfremd, besteht doch der begründete Verdacht, dass die Obama-Administration auf den brutalen Pfaden der Neokons um Bush und Cheney wandelt (siehe letzten SPIEGELblog-Bericht dazu oder auch den Beitrag „How the Financial Reform Plan Protects the Status Quo: Obama’s (Latest) Surrender to Wall Street“ auf Counterpunch.org).

Der SPIEGEL verliert über die Machenschaften der Konzerne kein Sterbenswörtchen
Die Nähe zu den Konzernen ist also auch bei Obama unverkennbar. Insofern fehlt bei der Berichterstattung des SPIEGEL ein entscheidender Aspekt: Wie „böse“, sprich staatstragend, sind die Großkonzerne, die im Iran aktiv sind? Offenbar ziemlich böse! So hat Iran, wie die Süddeutsche jetzt berichtet, wohl eines der weltweit besten Systeme zur Kontrolle der Kommunikation – und Nokia Siemens Networks soll dabei geholfen haben, es einzurichten (eine „News“, die die Washington Times im Übrigen bereits am 13. April brachte). Der SPIEGEL verliert aber über derlei pikante Details zu den Machenschaften von Konzernen kein Sterbenswörtchen.

Hat der SPIEGEL, der sich selber ja als ach so investigativ bezeichnet, mal wieder nur schlecht recherchiert? Oder wollte man nur mal wieder auf plumpe Art schwarz-weiß-malen und damit von bedeutenden Machtcliquen, die im Hintergrund agierenden, ablenken? Oder wollte das selbsternannte „Sturmgeschütz der Demokratie“ Siemens als Anzeigenkunden nicht auf die Füße treten? So ist Siemens nicht nur Anzeigenkunde bei SPIEGEL Online (siehe Screenshot), auch findet sich eine achtseitige(!) Anzeige im aktuellen SPIEGEL-Heft, und zwar kurz vor dem Start der Titelgeschichte „Rebellion [im Iran] gegen die Radikalen“.

Überall auf der Welt sind es die Großkonzerne, die mit Politikern jedweder Couleur zusammenarbeiten und Milliarden von Menschen das Leben schwer und oft genug auch zur Hölle machen. Jean Ziegler, von 2000 bis 2008 UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, hat die korrumpierenden Machtstrukturen, die von Großkonzernen beherrscht werden, als “Imperium der Schande” bezeichnet. Unter diesem Titel hat er auch ein bemerkenswertes Buch geschrieben

Ex-Kanzler und SPIEGEL-Essayist Gerhard Schröder kungelt auch mit dem Iran
Unser Ex-Bundeskanlzer Gerhard Schröder ist unterdessen auch ein exzellentes Beispiel dafür, wie eng Politik und Großkonzerne miteinander verwoben sind. Erst vor kurzem schickte der russische Energiekonzern Gazprom Schröder auf Iran-Mission – doch vom SPIEGEL, der Schröder sogar als Essayisten hofiert, erfuhr man darüber nichts (SPIEGELblog berichtete).

Wer also, wie der SPIEGEL, dieses Imperium der Schande in seiner Berichterstattung immer wieder ausblendet, kann seinen Lesern kein realitätsgetreues Abbild von den Geschehnissen auf diesem Planeten liefern. Genau dies benötigt aber die Welt so dringend, damit unsere Gesellschaften endlich viel gerechter, friedlicher und naturverträglicher werden können.

PS: Kurz nachdem SPIEGELblog diesen Bericht gepostet hat, sah sich SPIEGEL Online offenbar genötigt, den Deal von Nokia Siemens Networks doch aufzugreifen, und zwar in dem Bericht „Deutsche Hilfe für Ahmadinedschads Garden“. Allerdings ist der Beitrag von der SPIEGEL-Online-Homepage sogleich wieder verschwunden.

Zwar ist das Thema Iran um 15.31 Uhr noch die zweite Topnews auf der Homepage von SPIEGEL Online, Schlagzeile: „Europa verurteilt brutale Gewalt im Iran“ – und unter dieser Headline und dem dazugehörigen Teaser finden sich gleich fünf Links zu weiteren SPIEGEL-Online-Beiträgen über die aktuellen Geschehnisse im Iran. Doch der Beitrag über den Deal von Nokia Siemens Networks und den Mullahs ist nicht verlinkt… (siehe zweiten Screenshot).

Callcenter der SPIEGEL-Gruppe verkauft Fischölkapseln für den Springer-Konzern

Montag, 22. Juni 2009

Die Geschichte klingt kurios: Der SPIEGEL vertreibt ein Nahrungsergänzungsmittel – und zwar im Auftrag des Springer-Verlags. Damit geht der SPIEGEL einmal mehr eine wirtschaftliche Allianz ausgerechnet mit dem „Bild-Konzern“ ein. Und wer nicht aufpasst, hat die Fischölkapseln im Abo am Hals, für 60 € pro Quartal.

Maregold heißt das marine Wundermittel, das zu 80 Prozent Omega-3-Konzentrat enthalten soll – „Für eine bewusste Ernährung mit hochwertigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren“ aus Fischöl, so die Egenwerbung auf der Verpackung. Die erste Packung ist gratis. Ein Lockangebot.

Die Anzeige zu der Verkaufsaktion findet sich im heute erschienenen SPIEGEL-Heft auf Seite 114 (siehe Ausriss) und soll auch am kommenden Freitag im zur SPIEGEL-Gruppe gehörenden manager magazin abgedruckt werden. Wer dann die angegebene Telefonnummer 0800-5887995 wählt, landet aber nicht bei Maregold, sondern im Callcenter der Firma QS Quality Service. QS wiederum ist ein Tochterunternehmen der SPIEGEL-Gruppe und erledigt als outgesourctes Proficenter die Aboverwaltung für die Muttergesellschaft an der Hamburger Brandstwiete. Wer zum Beispiel seinen SPIEGEL kündigen möchte, meldet sich dort telefonisch.

Den Auftrag für die telefonische Bestellannahme der Fischölkapseln hat die QS von der Firma ZZ-Kurier Gesellschaft für Zeitungs- und Zeitschriftenvertrieb mbH bekommen, die zu 100 Prozent zum Springer-Verlag gehört und an dessen Adresse in Hamburg (Axel-Springer-Platz 1) residiert. „Maregold ist eine Marke der ZZ Kurier GmbH“ steht auch ausdrücklich noch mal kleingedruckt und vertikal geschrieben an der Seite der Anzeige.

Angebot so anrüchig wie ranzig riechendes Fischöl
Die unscheinbaren Kapseln können für unbedarfte Kunden kräftig zu buche schlagen: So kann man zunächst eine Probepackung, die für einen Monat gedacht ist, bestellen, für die man nur 3,95 € Versandkosten zahlt (sofern man sich auf Bankeinzug einlässt). Wer diese Gratispackung aber nicht rechtzeitig widerruft, erhält automatisch drei Monatspackungen für zusammen knapp 60 €. Die entsprechenden Details dazu stehen natürlich nur im Kleingedruckten. Ein Schelm, der sich dabei übers Ohr gehauen fühlt.

Der SPIEGEL-Verlag bleibt bei alldem namentlich fein aus dem Spiel. Für den Kunden ist die Verbindung zwischen dem selbsternannten „Sturmgeschütz der Demokratie“ und den Fischgel-Pillen nicht nachvollziehbar. Nur die Anschrift Brandstwiete 19, Hamburg, auf dem Bestellcoupon weist auf den gemeinsamen Firmensitz von SPIEGEL und QS hin. Illegal ist das freilich nicht – für den auf Seriösität bedachten SPIEGEL aber so anrüchig wie ranzig riechendes Fischöl.

Der SPIEGEL und Hugo Chávez: einseitiger Haudraufjournalismus

Sonntag, 21. Juni 2009

(Mit Dank an Johannes Mensing)

Das politische Weltbild des SPIEGEL ist im Grunde schwarz-weiß: Da sind auf der einen Seite die strahlenden Guten – allen voran Angela Merkel und Barack Obama – und auf der anderen Seite die Superbösen, darunter Hugo Chávez. Wer zum Beispiel die im politischen Diskurs völlig legitime Forderung aufstellt, Merkel und Obama sollten zurücktreten – so wie es Studenten der Bochumer Ruhr-Universität während des Bildungsstreiks getan haben – wird von SPIEGEL Online mal so eben als jemand bezeichnet, der einen Clown gefrühstückt haben muss. Dies offenbart erneut, dass der SPIEGEL, das selbsternannte „Sturmgeschütz der Demokratie“, längst kein wirkliches journalistisches Schießpulver mehr hat.

Offenbar wird dies auch im Umgang des SPIEGEL mit den offiziell antikapitalistisch auftretenden Regierungen in Bolivien, Venezuela oder Ecuador. Entweder wir so gut wie gar nicht über sie berichtet – und wenn sie dann mal Thema sind, werden sie heruntergebürstet, was das Zeug hält. Sicher, es gibt genügend Gründe, die Politik dieser Länder zu kritisieren, doch es ist die mit Faktenarmut gepaarte Einseitigkeit der Berichterstattung im SPIEGEL, die aufstößt. So heißt es in einem aktuellen Aufmacher bei SPIEGEL Online („Revolution auf Sparflamme: Venezuela will Ölpreis in die Höhe treiben“, siehe Screenshot), „das ideologische Korsett“ von Chávez‘ „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ hätte „Arbeitern und Verbrauchern bisher nichts gebracht.“ Doch das ist offenbar falsch – nicht zuletzt auch im Hinblick auf die oligarchischen Vorgängerregierungen in Venezuela, die völlig versagt haben und nichts anderes waren als korrupt.

Für SPIEGEL Online hat Hugo Chávez auf allen Ebenen versagt – doch das ist falsch
Zum Beispiel liest sich das Ganze bei einer Studie des Center for Economic and Policy Research (CEPR) aus Washington, das sich selber als „independent, nonpartisan think tank that was established to promote democratic debate on the most important economic and social issues that affect people’s lives“ beschreibt und das u.a. die Nobelpreisträger für Wirtschaftwissenschaften Robert Solow and Joseph Stiglitz zu seinen Beratern zählt, ganz anders – bei allen Problemen, die Venezuela umtreibt und die Chavez‘ Politik verursacht. In der im Februar veröffentlichten Studie des CEPR „The Chávez Administration at 10 Years: The Economy and Social Indicators“ heißt es u.a.:

# During the current economic expansion, the poverty rate [in Venezuela] has been cut by more than half, from 54 percent of households in the first half of 2003 to 26 percent at the end of 2008. Extreme poverty has fallen even more, by 72 percent. These poverty rates measure only cash income, and do not take into account increased access to health care or education.

# Over the entire decade, the percentage of households in poverty has been reduced by 39 percent, and extreme poverty by more than half.

Der SPIEGEL frönt einem albernen Feindbilddenken
Und während der SPIEGEL-Online-Artikel mit den Worten schließt, „helfen könnte der [venezolanischen] Regierung nur noch ein deutlich steigender Ölpreis“, schlussfolgern die Autoren der CEPR-Studie: „[Venezuela] is unlikely to run into balance of payments problems even if oil prices remain depressed for much longer than analysts and oil futures markets are anticipating.“

Die Sache ist mal wieder viel diffizilier, als der SPIEGEL uns weismachen will. Das alberne Feindbilddenken, das uns nicht nur die Politiker, sondern tragischerweise auch Medien wie der SPIEGEL einimpfen wollen, ist wohl die älteste Kriegstaktik der Menschheitsgeschichte, die leider immer wieder zieht und die Massen in Furcht versetzt und so von den wesentlichen Dingen ablenkt. Wohl keine Machtelite ist ohne Feindbilder ausgekommen. Bis zum Fall der Berliner Mauer waren es aus westlicher Sicht die bösen Russen. Da die nun nicht mehr da waren, brauchte man ein neues Feindbild, und da bastelte man sich Terroristen und erkor Leute wie Hugo Chávez zu „Teufeln“. Und genau wie die westlichen Machtcliquen „Teufel“ wie Chávez brauchen, um ihre Machspielchen zu spielen, braucht Hugo Chávez das Feindbild vom imperialistischen Gringo, um sich vor seinem Publikum als Gutmensch darstellen zu können.

Chávez, Ölgiganten, US-Politiker – letztlich alles eine Soße?
Und während uns die Politiker und auch die Medien dieses Kaspertheater vorführen, können die wahren korrupten Machthabenden unbeobachtet im Hintergrund ihre Schauerspielchen weitertreiben. Dazu gehören im Übrigen auch Ölfirmen aus den USA und anderen Ländern, die in Venezuela und damit auch mit angeblichen Klassenfeind Chávez zusammen ein megafettes Geschäft machen. Die US-Ölgiganten sind zudem seit Jahrzehnten eng mit der Politikerelite in den USA verbandelt, vor allem mit der Bush-Familie (aber auch mit Obama). Und diese Bush-Familie hat wiederum engste Verbindungen mit der Bin-Laden-Familie

Handelt es sich hier letztlich etwa um eine große fette Ölsuppe, die allen direkt Beteiligten einfach nur lecker schmeckt? Dies wäre mal eine Recherche wert, die dem SPIEGEL gut zu Gesicht stehen würde!

SPIEGEL-Umfrage unter jungen Deutschen: Suggestivfrage plus blumige Auswahl an Antworten – wie aus der PR-Abteilung der Obama-Administration

Freitag, 19. Juni 2009

(Mit Dank an Hans-Jörg Schulz)

Erst vor wenigen Wochen deckte die Organisation LobbyControl auf, dass auch SPIEGEL Online die PR der Deuschen Bahn kritiklos an seine Leser weitergetragen hatte (SPIEGELblog berichtete). Dabei ging es etwa um eine Umfrage, die gezielt nach den Vorteilen einer möglichen Bahnprivatisierung fragte – aber nicht nach möglichen Nachteilen. Die Umfrage schaffte es unter dem Titel „Deutsche hoffen auf besseren Service“ auf SPIEGEL Online, und ein Hinweis auf die einseitige Fragestellung fand nicht statt.

Nun hat der SPIEGEL in seiner aktuellen Titelgeschichte „SPIEGEL-Umfrage: Wir Krisenkinder – wie junge Deutsche ihre Zukunft sehen“ (siehe Screenshot) selber den befragten jungen Menschen eine solche vorgefertigte Meinung direkt in den Mund gelegt. So lautet Frage 23 (auf S. 61 der aktuellen Print-Ausgabe): „Wird Barack Obama die Welt zum Besseren verändern?“. Dabei ist nicht nur diese Frage suggestiv positiv, auch hat man bzw. frau nur zwei Antwortmöglichkeiten: „ein wenig“ und „stark, sehr stark“ (siehe zweiten Scrennshot). Dass man oder frau der Meinung sein könnte, die Welt könnte sich durch den US-Präsidenten eher zum Schlechten entwickeln oder einfach in dem prekären Zustand bleiben, wie sie ist, kam den Machern des Quiz (den Redakteuren Mathieu von Rohr und Christoph Titz) also entweder überhaupt nicht in den Sinn – oder wurde von ihnen bewusst weggelassen.

Obamania des SPIEGEL bei der Quiz-Erstellung ist für journalistisches Medium im Grunde unwürdig
Wie peinlich diese orwellsche Frage-Antwort-Technik ist, ist der Redaktion unterdessen offenbar selber aufgefallen. So erschien die suggestiv-positive Frage mit der blumigen Auswahl an Antworten zunächst auch genau so auf SPIEGEL Online (siehe dritten Screenshot). Doch mittlerweile wurde leicht nachgebessert. Jetzt hat man bei SPIEGEL Online auch die Möglichkeit, „eher gar nicht“ zu antworten auf die Frage, ob Barack Obama die Welt zum Besseren verändern werde.

Der SPIEGEL schwelgte bei der Erstellung seines Quiz also offenbar immer noch in der für Journalisten eigentlich unwürdigen Obamania (siehe auch SPIEGELblog-Bericht „100 Tage Obama: Wie SPIEGEL Online die PR des Smiley-Präsidenten einfach weiterträgt – und überfällige Kritik unter den Tisch fallen lässt“). Unwürdig deshalb, weil es reichlich Gründe gibt, davon auszugehen, dass auch Obama einer der unzähligen Politiker ist, die mehr oder minder Marionetten sind von im Hintergrund die Strippen ziehenden Machtcliquen (vor allem Konzernlenker). Und diesen Marionetten-Politikern sollten Journalisten besonders konsequent kritisch gegenübertreten.

Bemerkenswert in diesem Zsh. etwa das Buch „What Every American Shouls Know About Who’s really running the World“ der US-Journalistin Melissa Rossi – ein Buch, das SPIEGELblog den Obama- oder überhaupt Politiker-Fans unter den SPIEGEL-Redakteuren ausdrücklich ans Herz legen möchte.

Begründeter Verdacht: Barack Obama wandelt auf den Pfaden der Neokons – nur mit einem Smiley-Face
Wie kritisch gerade auch Obama zu sehen ist, beschrieb etwa Peter Phillips für Project Censored bereits im Februar dieses Jahres: „The Barack Obama administration is continuing the neo-conservative agenda of US military domination of the world – albeit with perhaps a kinder-gentler face.“

Auch stellt sich Obama seit Monaten gegen die überfällige Wahrheitskommission („Truth Commission“) zur Aufklärung der vielen möglichen Verbrechen der Bush-Regierung (SPIEGELblog berichtete, siehe auch Artikel des TIME Magazine „Obama Still Opposed to Truth Commission on Torture“). Ein klarer Ausweis dafür, wie eng Obama mit den korrupten Machtcliquen verwoben ist.

Ebenfalls brisant: „Barack Obamas Landwirtschaftsminister Tom Vilsack gilt als großer Freund der Gentechnik im Allgemeinen – und von Monsanto im Speziellen“, siehe www.regenwald.org.

Nicht weniger prekär: der Einfluss der Wallstreet-Bosse auf die Obama-Administration (der sogar noch größer sein soll als auf die Bush-Regierung), siehe SPIEGELblog-Bericht „Wovon soll die Schweinepest-Idiotie ablenken – zum Beispiel vom korrumpierenden Einfluss der Wall-Street-Bosse auf die US-Politik?“.

Auch Obamas Grundsatzrede zur islamischen Welt am 4. Juni in Kairo, die von SPIEGEL Online im Chor mit den meisten Mainstreammedien unkritisch hochgejubelt wurde, könnte man mit ein wenig skeptischem Journalistengeist sehr kritisch sehen – so wie es etwa Noam Chomsky, Professor für Linguistik am Massachusetts Institute of Technology (MIT), getan hat in seinem Artikel „The Grim Picture of Obama’s Middle East“ (übersetzte Version „Obama und der Nahe Osten – ein düsteres Bild“ findet sich auf www.hintergrund.de).

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen…

Afghanistan: Der SPIEGEL als verlängerter PR-Arm des US-Militärs

Freitag, 12. Juni 2009

Es ist kläglich mit anzusehen, wie der SPIEGEL für alle möglichen Machtcliquen zum verlängerten PR-Arm wird. Ob nun für den Gentech-Multi Monsanto, für die Mobilfunkindustrie oder die CDU/CSU – die Palette ist lang und reicht sogar bis zum US-Militär. Dies ist gut zu sehen am aktuellen Aufmacher von SPIEGEL Online: „Afghanistan: Taliban-Attacken zwingen US-Armee zu Gegenoffensive“ (siehe Screenshot). Dabei handelt es sich um einen völlig einseitigen Bericht, den die PR-Abteilungen des US-Militärs und der NATO nicht hätten schöner verfassen können. So wird ausschließlich(!) die Perspektive von Militärbefehlshabern dargestellt, wobei US-General David Petraeus gleich vier mal erwähnt wird bzw. zu Wort kommt. Dessen Auffassung ist klar: die Gewalt in Afghanistan MUSS mit militärischen Mitteln niedergeprügelt werden.

Eine kritische Einschätzung des militärischen Säbelrasselns durch SPIEGEL Online? Fehlanzeige!
Unterstützt wird General Petraeus hierbei – das erfahren wir auch von SPIEGEL Online – von einem Bericht der Isaf (der so genannten „Schutztruppe“ der NATO), die natürlich die Gewalt in Afghanistan auf einem neuen Höhepunkt sieht. Da muss also einfach militärisch draufgekloppt werden, so die PR-Botschaft, die von SPIEGEL Online bereitwillig weitergetragen wird. Und SPIEGEL Online unterstreicht diese Botschaft auch noch durch das Aufmacherfoto, das nicht nur einen US-Soldaten mit angelegter MP beim Einsatz in Afghanistan zeigt, sondern auch die Warnung von General Petraeus in der Bildunterschrift trägt: „Die Situation hat sich verschlechtert.“

Eine kritische Einschätzung dieses militärischen Säbelrasselns durch SPIEGEL Online? Fehlanzeige! (Und dies nicht nur hier, sondern etwa auch beim Thema Piraten vor Somalia, siehe SPIEGELblog-Bericht).

Die Wahrheit, die SPIEGEL Online verschweigt, ist: In Afghanistan geht es um knallharte Wirtschaftsinteressen, die durch das Militärgefasel verschleiert werden
Dabei gäbe es hinreichend Gründe für eine Hinterfragung der Militärdoktrin. Nicht nur heißt es am Ende des SPIEGEL-Online-Artikels selber, dass die Einsätze von afghanischen und NATO-Truppen in den ersten fünf Monaten 2009 parallel zur zunehmenden Gewalt gestiegen sind – was klar auf eine Gewaltspirale nach oben hinweist und die Absurdität des militärischen Denkens in Afghanistan aufzeigt. Auch geht es in Afghanistan um knallharte Wirtschaftsinteressen, wie etwa Corpwatch in seiner Analyse „Afghanistan Inc: Contractors in Afghanistan are making big money for bad work“ klar dargelegt hat.

„As we pay our tax bills, it seems an appropriate time to urge everyone to Rethink Afghanistan, a war that currently costs over $2 billion a month but hasn’t made us any safer“, schreibt etwa Robert Greenwald im April in der Huffington Post. Gedanken, die Alwin Schröder, Verfasser des militärischen PR-Stücks auf SPIEGEL Online, schlicht nicht in den Sinn zu kommen scheinen. Wenn man etwas gehässig sein wollte, könnte man hier fragen, ob dies auch damit zu tun hat, dass Schröder, bevor er stellvertretender Ressortleiter Politik von SPIEGEL Online wurde, sein Handwerk bei so „genialen“ Stationen wie SAT.1-Text, Hamburger Morgenpost und AOL gelernt hat…

Weitere interessante Beiträge zum Thema „Rethink Afghanistan“:

# „Why It’s Not Working in Afghanistan“, von Ann Jones für TomDispatch.com – A Regular Antidote to the Mainstream Media

# „Der Krieg in Afghanistan ist nicht zu gewinnen“, Interview des Magazins Hintergrund mit Peter Scholl-Latour (14. April 2009)

# „Dem Frieden eine Chance – Truppen raus aus Afghanistan!“, AG Friedensforschung der Universität Kassel

# „The March of Folly Continues: The Afghanistan Escalation“, von Norman Solomon auf Counterpunch

# „Covering War’s Victims: A Content Analysis of Iraq and Afghanistan War Photographs in the New York Times and the San Francisco Chronicle, von Project Censored