Neue Gesetze im Kampf gegen Steueroasen: Der SPIEGEL als „Büchsenspanner“ für den BDI

  04. August 2009, von T. Engelbrecht

„Sie erinnern sich sicherlich noch“, heißt es aktuell auf nachdenkseiten.de. „Gerade ein Jahr ist es her, dass die Steuerhinterziehungsaffäre des damaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post Schlagzeilen machte und als eine CD mit Kundendaten der Liechtensteiner LTG-Bank Ermittlungen gegen einige hundert sog. ‚Leistungsträgern‘ auslöste, die im Verdacht stehen, Steuern in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro hinterzogen zu haben. Damals war die Empörung groß und alle – auch der SPIEGEL– forderten, dass energischer gegen Steuerhinterzieher vorgegangen werden müsse. Das scheint alles schon wieder vergessen.

Die Unternehmensverbände, unterstützt von Medien wie dem SPIEGEL, betreiben das übliche Spiel: abwarten bis sich die Situation wieder beruhigt hat und dann jeden gesetzgeberischen Versuch, Steuerhinterziehung zu bekämpfen, massiv bekämpfen. Auch das Argument ist immer das gleiche: Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten des Standorts Deutschlands – Steuerhinterziehung als Standortvorteil also. Es ist ein Trauerspiel, dass sich der SPIEGEL wieder einmal als Büchsenspanner hergibt.“

So gibt SPIEGEL Online in seinem Beitrag „Deutsche Firmen drängen in die Schweiz“ (siehe Screenshot) den PR-Positionen der deutschen Wirtschaftsverbände, die gegen die neue Gesetze „Sturm laufen“, reichlich Raum – von Verständnis für die Steuerbehörden keine Spur mehr. In dem Artikel heißt es:

„Das deutsche Steuersystem wird bald um ein Gesetz reicher sein, denn der Deutsche Bundestag hat den Fiskus Anfang Juli bevollmächtigt, Steuerpflichtige, die Geschäftsbeziehungen zu nicht kooperierenden ‚Steueroasen‘ unterhalten und darüber nicht Auskunft geben, mit Sanktionen zu belegen. Das ‚Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung‘ verlangt von solchen Firmen und Privatpersonen umfangreiche Auskunfts- und Nachweispflichten. Wer nicht mit den Steuerbehörden kooperiert, muss unter anderem damit rechnen, dass der Steuerabzug von Aufwendungen aberkannt wird, die in solchen Ländern anfallen…

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) reagierte verärgert auf die Vorlage. Zwar sei es grundsätzlich begrüßenswert, die Steuerhinterziehung weiter zu erschweren, räumte der BDI in einer gemeinsamen Stellungnahme mit anderen Wirtschaftsverbänden ein. Doch das geplante Gesetz schieße ‚weit über das Ziel hinaus‘. Der Vorschlag könne zu gravierenden Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten des Standorts Deutschlands führen.“

SPIEGEL Online mischt thematisch auch noch alles durcheinander
Absurd mutet auch an, dass der SPIEGEL-Online-Artikel alles durcheinandermischt. Auf der einen Seite wird lang und breit der BDI zitiert, der knallhart die Interessen der Großkonzerne vertritt – und gleich im Anschluss kommt ein Mittelständler zu Wort, der die Probleme für die kleinen Firmen darlegt und sich dabei über das komplizierte deutsche Steuerrecht beschwert. Absurd deshalb, weil die Probleme, die die neuen Steuerregelungen bzw. überhaupt das deutsche Steuersystem kleinen Unternehmen bereiten, die Großkonzerne in der Regel nicht annähernd so stark betreffen. Wieso also wird hier ein Mittelständler bemüht, um das Gebrüll des BDI zu stützen? Zumal ja die mittelständischen Unternehmen massiv unter der Übermacht der Großkonzerne, die die Politik fest im Griff haben und zum Beispiel in der EU rund 97(!) Prozent der staatlichen Subventionen einstreichen, leiden.

Zudem ist es abstrus, in einem Beitrag über Gesetze zur Eindämmung der Steuerhinterziehung die Probleme des in der Tat überkomplizierten deutschen Steuerrrechts hineinzumischen. Dass die neuen Gesetze das deutsche Steuerrecht noch komplizierter machen, mag ja sein – doch das ist noch lange kein hinreichender Grund, in einem Artikel unter Berufung auf den BDI gegen diese neuen Gesetze zu wettern. Eine der wichtigsten Regeln im Journalismus ist: Fokus finden und beim Thema bleiben!

 

Ein Kommentar zu “Neue Gesetze im Kampf gegen Steueroasen: Der SPIEGEL als „Büchsenspanner“ für den BDI”

  1. superguppi sagt:

    »Eine in Schaffhausen ansässige Gesellschaft wurde gegründet, der alle europäischen Werke gehören.«
    Unilever

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