SPIEGEL-Feuilleton: Den ganzen Tag Milchschaum aus der Tasse kratzen

  28. März 2009, von T. Engelbrecht

SPIEGEL-Feuilleton!

Gemütlich bei Dir, nicht? Den ganzen Tag Verlagsprospekte blättern, den Milchschaum aus der Tasse kratzen und nonchchalant Top-Essays wie den der Neuberliner Suhrkamp-Chefhenne Berkéwicz abnicken [siehe Ausriss]. „Woher du kommst, oder ob du schon lange hier warst, interessiert Berlin nicht… Was Brecht mit ein paar Laptops in seiner Gruppe gemacht hätte, kann man nur erahnen… Wer nur an seinem Ort bleiben will, wird den Halt verlieren. Die Orte sind nicht mehr vorgegeben. Sie müssen erarbeitet werden. Das Zuhause, das wir uns schaffen, wird provisorisch, diasporisch sein“ – bis auf, SPIEGEL-Feuilleton, die Altbauwohnungen, die Deine Redakteure mit dem Durchwinken solch übergeschnappt-inferioren[1] Geblökes zusammenverdienen.

Durchaus diasporische Grüße: Titanic

(aus: Titanic 4/2008, Briefe an die Leser, S. 11)

Interessant auch der Beitrag dazu im Tagesspiegel am 21. März „Bewegung ist der neue Halt. Frankfurt ist Geschichte, Berlin wird hart erarbeitet: Wie der Suhrkamp Verlag seinen Umzug vorbereitet – und meint, dazu auch noch Visionen verbreiten zu müssent“. Darin heißt es:

„Die Mail, die der Suhrkamp Verlag Anfang der Woche an Berliner Medien schickte, hatte etwas unfreiwillig Komisches: ‚Sehnsucht Berlin‘ stand da in der Betreffzeile, als wolle der Verlag seiner Ungeduld ebenso Ausdruck verleihen wie seiner Freude darüber, nun endlich, zu Beginn des nächsten Jahres, von Frankfurt nach Berlin umziehen zu können. Der Inhalt der Mail verwies dann zwar doch nur auf eine Veranstaltung an diesem Sonntag im Babylon-Kino, bei der der slowenische Autor Aleš Šteger aus seinem Berlin-Buch ‚Preußenpark‘ lesen und im Anschluss ein Film mit dem Titel ‚Sehnsucht Berlin‘ gezeigt wird. Doch passt die Mail natürlich wunderbar in eine Woche, in der Suhrkamp-Verlegerin Ulla Berkéwicz in einem Essay für den SPIEGEL der Frage ‚Wohin zieht Berlin?‘ nachgeht und ‚die Chancen der Hauptstadt‘ bewertet – als sei ausgerechnet sie besonders kompetent als Berlin-Visionär…“

[1] inferior = minderwertig

 

3 Kommentare zu “SPIEGEL-Feuilleton: Den ganzen Tag Milchschaum aus der Tasse kratzen”

  1. Antoninus sagt:

    Wortnachrichten
    zum 21.05.:

    Diasporisch (Adj.)

    Diasporisch…? Richtig?? – Wer diesen Begriff für religiös geprägt und deshalb recht eingeschränkt wirkungs- und aussagevoll hielt, muss einige, veränderliche Diaspora-Zeit die Klappe halten – oder eine geschwätzigen Frau widersprechen, dir bisher nichts geleistet hat, was man hauptsächlich, hauptmäßig oder haupt- oder namenstädtisch oder namhaft nennen könnte.

    Ich sammle fürderhin mal für einige Zeit des Umbruchs solch diasporisches Adjektiv:

    „Wer nur an seinem Ort bleiben will, wird den Halt verlieren. Die Orte sind nicht mehr vorgegeben. Sie müssen erarbeitet werden. Das Zuhause, das wir uns schaffen, wird provisorisch, diasporisch sein.“
    So Frau Ulla Unseld–Berkéwicz im „Spiegel“-Beitrag, der „Essay“ genannt wird, übergangsweise:

    … click- und goutierbar:

    http://www.spiegelblog.ne

    *

    URL:

    http://uni-alt.zeit.de/user/kometa/beitrag/2009/04/29/neu-oder-altwortmeldungen

  2. Antoninus sagt:

    Ergänzung zum Sticwhort „diasporisch“ –

    URL – neu &einfacher clickbar:

    http://kommentare.zeit.de/user/kometa/beitrag/2009/05/23/diasporisch

  3. book of ra novostar sagt:

    In der Tat ein super Beitrag. Ich werde http://www.spiegelblog.net mehr besuchen 😉

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