Telepolis: Der SPIEGEL hält in seiner Titelstory „Wie Nichtwähler die Demokratie verspielen“ eine fiktive Hörspielfigur für real

  18. September 2013, von T. Engelbrecht

(Mit Dank an Ludo K. und Miranda H.)

Der SPIEGEL, 38/2013; Titelbild: der SPIEGEL

Wie Telepolis in seiner Story „Verschimmelte Kekse“ berichtet, zitiert Der SPIEGEL in seiner aktuellen Titelstory über Nichtwähler (siehe Screenshot links) die Nichtwähler-Aktivistin „Sonja Schmidt-Peters“, die sich verächtlich über politische Parteien äußert. Wählen sei „so etwas wie heilig“, wer sich verweigere, gelte als „schlechter Mensch“. Parteien seien wie „verschimmeltes Brot oder verschimmelte Kekse“. Der SPIEGEL bewertet Schmidt-Peters, die er neben den unvermeidlichen Parteienkritikern Arnulf Baring, David Precht und Gertrud Höhler zitiert, als „arrogant“.

Tatsächlich, so Telepolis, sei „Schmidt-Peters“ aber nicht einmal das. Die „Nichtwähler-Aktivistin“, vor deren Hybris Der SPIEGEL warne, sei in Wirklichkeit eine Inszenierung des Polit-Satirikers Hartmut Lühr, Mitinitiator des vom SPIEGEL ebenfalls im Artikel genannten Projekts „Wahlabsage“. „Pädagogin Sonja Schmidt-Peters“ sei die fiktive Protagonistin der von „moderne21“ veröffentlichten Politsatire „Staatsnah geht die Moderne stiften“, die zwei Wochen zuvor in der Tucholsky-Buchhandlung in Berlin-Mitte als Hörspiel Premiere hatte.

Lesen sie hier den ganzen Beitrag von Telepolis.

Der SPIEGEL macht sich erneut zum Handlanger des Polit-Establishments
Im Übrigen verklärt der SPIEGEL mit seinem aktuellen Cover-Bild, auf dem gegen Nicht-Wähler ätzt, erneut – wie bei seiner vorherigen Titelgeschichte über Angela Merkel (siehe SPIEGELblog-Beitrag) – die Realität und macht sich so im Grunde erneut zum Handlanger des Polit-Establishments. In Wahrheit machen nämlich nicht, wie der SPIEGEL behauptet, die Nichtwähler die Demokratie kaputt, sondern die Lenker der Großindustrien, die die Politiker zu Marionetten degradieren – was es wiederum den Gedanken durchaus berechtigt erscheinen lässt, Wählengehen bringt sowieso nichts. Dank Medien wie dem SPIEGEL ist das der breiten Masse aber noch nicht wirklich klar. Hackt der SPIEGEL doch lieber auf den Nichtwählern herum, anstatt eben seinem Millionenpublikum konsequent zu erzählen, wie durchkorrumpiert das deutsche Politsystem ist und wie wenig sich Merkel&Co um das Gemeinwohl kümmern und wie sehr um die Belange der Großkonzerne.

 

2 Kommentare zu “Telepolis: Der SPIEGEL hält in seiner Titelstory „Wie Nichtwähler die Demokratie verspielen“ eine fiktive Hörspielfigur für real”

  1. Hardy Klaschka sagt:

    Wer sich die Seite der vom Spiegel niedergemachten Initiative `Wahlabsage´ anschaut, erkennt irgendwann, dass es sich dabei um Satire (der eher gehobenen und daher wohl auch nicht so leicht zu erkennenden Art) handeln muss. Die Autoren des ziemlich platten Spiegel-Pamphlets gegen Nichtwähler hätten vielleicht ein bisschen weniger selbstherrlich agieren und lieber mehr recherchieren sollen. Chapeau für die Berliner Künstler – Nachsitzen für die Hamburger `Journalisten´ …

  2. R.Schmidt sagt:

    Ich habe den besagten Titelartikel soeben gelesen und bin entsetzt darüber daß der SPIEGEL sowas überhaupt abdruckt! – Und dann noch als Titel! Der Bericht ist absolut eingleisig, es mangelt den Autoren an jeglichem Verständnis für die Positionen und Argumentationen der von ihnen angegriffenen Nichtwähler. Als hätten sie sich gar nicht erst die Mühe gemacht darüber mal tiefer nachzudenken, – das hätte ja möglicherweise die eigene festgefahrene Postion und die hübsch vorher zurechtgelegten, vor Hochmut und Selbstgefälligkeit triefenden, Formulierungen in Frage stellen und den Artikel zu einer größeren, anstrengenderen Sache werden lassen können… Ich finde den Artikel beschämend für so ein alteingesessenes Magazin! Scheinbar geht auch da der Geist so langsam schwinden. Die SPIEGELtypische angriffslustige, oft intelligente und witzige Schreibart, die früher mal dazu diente, wirklich Dialoge und Diskussionen zu fördern, verkommt hier zum egomanen Selbstzweck dreier wenig geistreicher Schreiberlinge. Die dringend notwendige gesellschaftliche Diskussion wird abgewürgt.

Hinterlasse einen Kommentar