Wie der SPIEGEL den verheerenden Einfluss der USA auf die Geschicke Lateinamerikas schönredet

  10. Juli 2009, von T. Engelbrecht

(Mit Dank an Johannes M.)

In dem Beitrag „Die Stunde der Caudillos*“ (S. 92-94 in der aktuellen Printausgabe, siehe Ausriss) über den Militärputsch in Honduras und überhaupt die aktuellen Geschehnisse in Lateinamerika offenbart der SPIEGEL mal wieder seine Rolle als Propagandamedium für die US-Administration. Sicher, Populisten wie Venezuales Staatspräsident Chávez sind mit großem Argwohn zu betrachten – doch es ist einfach Desinformation pur, wenn der SPIEGEL gleich zu Beginn des Beitrags schreibt: „In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts… wurde Mittelamerika zum Schlachtfeld für die Stellvertreterkonflikte zwischen Moskau und Washington.“

Denn dieser Satz suggeriert, dass die Beteiligung oder Einmischung Moskaus in die inneren Angelegenheiten Lateinamerikas ebenso umfangreich waren wie die Washingtons, was aber fern jeder Realität liegt. Dabei kam es ohne Frage zu Waffenlieferungen aus Russland, doch machten diese nur einen Bruchteil der US-Lieferungen aus und waren außerdem eher der Tatsache zu verdanken, dass keine andere nicht-westliche Alternative zur Verfügung stand.

Mit ihren Kriegen gegen Lateinamerika sind die USA der wahre „Zündler“ in der Region – was der SPIEGEL einfach verschweigt
Auch schreibt der SPIEGEL ein paar Zeilen weiter: „Dass es wieder unruhig wird in Lateinamerika, hat mit Venezuelas Präsident Hugo Chavez zu tun, er ist der größte Zündler in der Region.“ Das ließt sich – bei allem Argwohn, der, wie gesagt, gegenüber Hugo Chávez angebracht ist – wie blanker Hohn angesichts Hunderttausender Toter und der Errichtung menschenverachtender Diktaturen in Lateinamerika, für die nicht Chavez, sondern die USA verantwortlich sind.

Man denke nur an US-Interventionen und das Stürzen legitimer Regierungen in Guatemala (1954), auf Kuba (1961), in der Dominikanische Republik (1965), in Chile (1973), auf Grenada (1983), in Nicaragua (1984-90), in Panama (1989), in Venezuela (2002) und auf Haiti (2004). Dies sind wohlgemerkt nur einige Beispiel, denn der Krieg – man muss es so drastisch formulieren – der USA gegen Lateinamerika reicht mindestens bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Damals gelang es den USA durch eine perfide Militärstrategie, Texas, New Mexico, Arizona, Utah, Nevada, Kalifornien und Teile von Colorado den Mexikanern zu entreißen (siehe zum Beispiel: Eric Foner: Give Me Liberty: An American History, Seagull Edition, New York: W.W. Norton and Company, 2006. S. 402–405; oder auch: Howard A. Zinn: A People’s History of the United States, Abridged teaching ed. New York: New Press, 2003. S. 113–124).

Laut SPIEGEL haben die USA 2002 beim Putsch gegen Chávez nur „wohlwollend zugesehen“ – tatsächlich aber hat die CIA mitgeputscht
Bemerkenswert in dieserm Zsh. ist auch, dass der SPIEGEL relativ am Ende seines Artikels schreibt, die USA hätten „wohlwollend zugesehen“, als Chávez vor sieben Jahren von reichen Geschäftsleuten und aufständischen Offizieren aus dem Amt geputscht worden sei. In Wahrheit jedoch hat die CIA diesen Putsch forciert – die USA waren also aktiv daran beteiligt und haben nicht nur „wohlwollend zugesehen“.

* Caudillo heißt übersetzt Heerführer oder Oberbefehlshaber.

 

5 Kommentare zu “Wie der SPIEGEL den verheerenden Einfluss der USA auf die Geschicke Lateinamerikas schönredet”

  1. John Doe sagt:

    Zitat:
    Auch schreibt der SPIEGEL ein paar Zeilen weiter: “Dass es wieder unruhig wird in Lateinamerika, hat mit Venezuelas Präsident Hugo Chavez zu tun, er ist der größte Zündler in der Region.”

    Vielleicht sollte man dem SPIEGEL mal die Aktivitäten der FDP-„nahen“ Friedrich-Naumann-Stiftung näherbringen, und was diese, durch bundesdeutsche Steuergelder (!!!) am Leben gehaltene „Stiftung“ in Lateinamerika an“stiftet“…..

    http://tinyurl.com/mduxp7

    Passend hierzu auch das unerträgliche Rechtfertigen des Putsches durch die FDP im deutschen Bundestag.

    http://tinyurl.com/nkwhvm

    Zunehmend verstehe ich die damalige Aussage Schröders, bezüglich des „lupenreinen Demokraten“ Putin…. DER muß es ja wissen!

  2. Lupenreiner Demokrat sagt:

    … apropos lupenreiner Demokrat. Gerhard Schröder, der seine Dutzfreund Putin mehrfach „lupenreiner Demokrat“ genannt hat (siehe http://www.rp-online.de/public/article/politik/ausland/428782/Putin-ein-lupenreiner-Demokrat.html oder auch http://www.focus.de/politik/ausland/putin_aid_120847.html) ist ja auch SPIEGEL-Kolumnist. Wie das, wo sich doch Putin unserem guten Chávez in seinen antidemokratischen Bemühungen in nichts nachsteht…

  3. Wikipedia sagt:

    „Franco wurde in Spanien als El Caudillo („Anführer“) bezeichnet.“

  4. JohnDoe sagt:

    @ Lupenreiner Demokrat

    Netter Versuch der Ablenkung vom thema……

    Dann schauen Sie sich doch bitte mal die sozialpolitische Bilanz des Hugo Chávez an. Und ebenso die diversen Versuche, diesen „US-Interessen-resistenten“, aber demokratisch vom venezuelanischen Volk wiederholt in Mehrheit gewählten (!), Staatschef zu „beseitigen“!
    Tun Sie sich selbst den Gefallen, und forschen Sie hier nicht in der „Bilderberg-Presse“ nach, sondern versuchen Sie sich unabhängig zu informieren. EINE „Mainstream-Gazette“ macht offensichtlich den Gleichschaltungsscheiß nicht so ganz mit:

    http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2006/may/13/venezuela

    Und, daß Putin sich die US-hörigen Oligarchen wie Michail Chodorkowski versucht vom Ausverkauf seines Staates fernzuhalten (GANZ im Gegensatz zu UNSEREN politischen Entscheidungsträgern – siehe auch: Jörg Asmussen = Finanzpolitischer Staatssekretär PLUS Goldman Sachs – Lobbyist),

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=3521

    dazu kann ihm nur anerkennend gratuliert werden!
    DAS, was hier derzeit und seit vielen Jahren läuft, kann man nur mit dem Begriff HOCHVERRAT apostrophieren! Fragen Sie doch mal, via „abgeordnetenwatch.de“, wo sich die bundesdeutschen Goldreserven befinden, mithin (roundabout) 3.700 to ……
    Im Jahre 2002 lief der CDU-Abgeordnete Martin Hohmann (richtig – DER mit dem „Tätervolk“!!!) mit dieser Frage gegen rot/grüne Wände. Stellen Sie doch mal die gleichlautende Frage an die nunmehrige schwarz/rote Regierungskoalition! Viel Erfolg!

    So – zurück zum Topic! Das Thema ist nicht Venezuela, sondern Honduras und somit der Einfluß der FDP-nahen „Friedrich-Naumann-Stiftung“!

  5. Maya sagt:

    sehr guter Artikel !!und schön daß ausser mir auch noch andere bereit sind , sich etwas genauer mit der Lateinamerikanischen Politik und insbesondere mit den abwegigen Vorwürfen gegen Chavez zu beschäftigen
    natürlich hat Chavez ene Menge mit der jetzigen Lage zu tun, durch ihn wurden ja auch die Alba-Staaten gegründet, damit die Länder des Südens endlich der Ausbeutung durch die Oligarichie entkommen.
    die USA steckt natürlich hinter fast allen Putschversuchen, das haben sie ja sogar schon zugegeben in Bezug auf Chile 73.
    man lese bitte Galeano .die offenen Adern
    oder bei mir
    http://ab-nach-venezuela.blog.de/2009/06/18/destabilisierung-drehbuch-venezuela-6331270/
    Maya

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